Debüt in Gruppe F "Keine Touristen" - der EM-Traum von Georgien
Levan Kobiashvili und Alexander Iashvili haben als Funktionäre Georgien erstmals zu einer Fußball-EM geführt. Mit der Qualifikation für das Turnier in Deutschland haben sie das erreicht, was ihnen in ihrer aktiven Zeit als Fußballprofis verwehrt geblieben war.
"Ich habe nach meiner Karriere immer einen schweren Rucksack mit mir herumgeschleppt. Das war mein großer Traum: Als Spieler für mein Land bei einem großen Turnier dabei zu sein", sagt Kobiashvili, der zwischen 1998 und 2014 insgesamt 351 Mal in der Bundesliga für den SC Freiburg, Schalke 04 und Hertha BSC aufgelaufen war.
Auch für Iashvili, der mit Kobiashvili und drei weiteren Georgiern gemeinsam in Freiburg spielte, ist die EM-Teilnahme etwas Besonderes: "Meine drei Kinder sind in Deutschland geboren. Deutschland hat mir viel gegeben, es ist eine zweite Heimat. Das erste Mal bei einer EM ausgerechnet in Deutschland dabei zu sein, bedeutet mir sehr viel."
Kobiashvili hob die Bedeutung über den Fußball hinaus hervor: "Ich habe noch nie in meinem Land so viele glückliche Leute gesehen. Die Leute haben seit mehr als 30 Jahren auf diesen Tag gewartet."
Sagnol als Baumeister
Als Präsident (Kobiashvili) und Vizepräsident (Iashvili) hat das seit Kindestagen befreundete Duo riesigen Anteil am historischen Erfolg. Die beiden haben den georgischen Fußball quasi von Grund auf saniert. Sie veränderten Strukturen, ließen Jugendakademien bauen - und sie holten einen Trainer, den sie schon aus alten Bundesliga-Zeiten kannten: Willy Sagnol.
Mit dem früheren Bayern-Star und Königsklassen-Gewinner schafften die Georgier den Weg zur EM quasi auf dem "zweiten Bildungsweg".
Playoff-Krimi gegen Griechenland
In der Qualifikationsgruppe wurden sie hinter Spanien, Schottland und Norwegen zwar nur Vierter, rückten aber als Sieger der Liga C4 der Nations League 2022/2023 in die Playoffs. Dort gelang im Finale der Sieg im Elfmeterschießen gegen Griechenland, den die Fans in Tiflis wie einen Europacupsieg feierten.
"Was am 26. März in Georgien los war, das vergisst niemand", sagt Iashvili. Sagnol ordnet den Erfolg für sich ebenfalls ganz oben ein: "Er steht auf derselben Ebene wie der Gewinn der Champions League mit dem FC Bayern."
Iashvili erwartet viele georgische Fans
"Das ganze Land steht hinter der Nationalmannschaft", sagt Iashvili, der sich auf große Unterstützung in den EM-Spielen freut: "Jeder, den ich kenne, versucht, nach Deutschland zu kommen und die Spiele zu sehen. Wir werden viele Georgier in Deutschland sein."
Auftakt für den EM-Neuling ist die Partie gegen die Türkei am Dienstag, (18.06.2024) um 18.00 Uhr in Dortmund (Radioreportage und Ticker), die weiteren Gruppengegner sind Tschechien (22. Juni) und Portugal (26. Juni).
"Kvaradona": Stürmer mit Star-Potenzial
In Gruppe F ist das Sagnol-Team klarer Außenseiter, hat aber gleichwohl einen internationalen Topstar in seinen Reihen: Khvicha Kvaratskhelia wurde im vergangenen Jahr mit der SSC Neapel italienischer Meister und in der Serie A zum "Spieler der Saison" gekürt.
25 Tore und 26 Assists in 88 Pflichtspielen kann der Stürmer bereits vorweisen und wird von den Napoli-Tifosi in Anlehnung an den großen Diego Maradona nur noch "Kvaradona" gerufen.
Der 23-Jährige, der mit Tempo, Explosivität, Dribblings und Spielintelligenz besticht, will sich bei der EM noch mehr ins Rampenlicht spielen. Ganz im Sinne von Verbands-Vize Iashvili: "Wir sind hier nicht als Touristen hingekommen, sondern um zu beweisen, dass wir es verdienen, hier zu sein. Ich glaube, wir haben viel Potenzial, um hier etwas zu bewegen und etwas zu erreichen."