Vor dem Duell mit Belgien Mbappés Maskenprobleme und die Sorgen der "Grande Nation"
Vor dem EM-Achtelfinale gegen Belgien dreht sich bei Frankreich alles um zwei Themen: Superstar Kylian Mbappé hadert weiter mit seiner Spezialmaske - und in der Heimat wächst nach dürftigen Vorstellungen die Kritik an Nationaltrainer Didier Deschamps.
Mit fünf Punkten und mageren zwei Toren (ein Eigentor und ein Elfmeter) ist die "Équipe Tricolore" mehr schlecht als recht ins EM-Achtelfinale eingezogen. Die Defensive wurde in der Presse zwar als "blauer Bunker" gelobt, ließ sie in drei Partien doch nur zwei Großchancen zu (darunter ein Elfmeter).
Doch die Effizienz der hochkarätigen Offensive sowie Mbappés Maskenprobleme wegen seiner gebrochenen Nase bereiten dem Vize-Weltmeister vor dem Duell mit den belgischen Nachbarn am Montag (01.07.2024, 18.00 Uhr, Radioreportage und Liveticker) in Düsseldorf weiterhin Sorgen.
Mbappé über Maske: "Ich hasse es, es ist irritierend"
"Es ist furchtbar, mit einer Maske zu spielen. Ich wechsle sie immer, wenn da irgendetwas ist, was mich stört und nicht so richtig funktioniert", sagte Mbappé auf der Abschlusspressekonferenz der Franzosen am Sonntagabend.
"Es ist schwierig, mit der Maske zu spielen. Man sieht nicht so gut, man schwitzt darunter - dann muss man den Schweiß rauslassen. Am ersten Tag hatte ich das Gefühl, dass ich eine 3D-Brille aufhabe und dass ich es nicht selber bin, der da spielt", ergänzte er. Mbappé und die Maske - das wird keine Liebesbeziehung mehr bei der EM 2024.
"Ich hasse es, es ist wirklich sehr irritierend. Ich habe sie schon fünfmal ausgewechselt", erklärte er weiter. Im Spiel wolle er allerdings nicht Rücksicht nehmen oder beispielsweise vorsichtiger sein: "Wenn ich den Ball köpfen muss, werde ich es tun, weil meine Nase ja schon gebrochen ist." Mbappé hatte sich die Verletzung im ersten EM-Spiel der Franzosen gegen Österreich zugezogen.
Kritik an Trainer Didier Deschamps wächst
Mbappés Sorgen auf der einen Seite, wachsende Kritik an Nationalcoach Didier Deschamps auf der anderen - das sind die zwei großen Themen Frankreichs vor dem Belgien-Spiel. "Auswahl, Coaching, Führung: Ein umstrittenerer Didier Deschamps", schrieb jüngst die französische Sportzeitung "L'Équipe". Demnach seien Ersatzspieler mit wenig oder gar keinen Einsatzminuten unzufrieden. So spielten bislang fünf Profis - unter anderem Benjamin Pavard und Ibrahima Konaté - noch kein Mal bei dieser EM.
Rekordtorschütze Oliver Giroud kommt in drei Partien auf insgesamt 45 Minuten, die Joker wie Kingsley Coman (16 Minuten), Youssouf Fofana (elf) kamen nur zu kürzeren Einsatzzeiten. Zum Vergleich: In der DFB-Elf wartet von den Feldspielern lediglich Verteidiger Robin Koch noch auf sein Debüt.
Weiter auf der Suche nach der Hierarchie im Team
Deschamps sei weiter auf der Suche nach der neuen Hierarchie in der Mannschaft nach den Rücktritten von Spielern wie Torwart Hugo Lloris oder Abwehrchef Rafael Varane nach der Vizeweltmeisterschaft 2022. "Deschamps weiß das zweifellos besser als jeder andere: Nur durch Ergebnisse wird es ihm gelingen, das Vertrauen und die Begeisterung seiner Gruppe vollständig zurückzugewinnen", schrieb "L'Équipe".
Am Wochenende durfte Deschamps bei der Zeitungslektüre erstmal durchatmen, die Tour de France bestimmte die französischen Sportseiten. Sollte Frankreich als einer der EM-Topfavoriten aber ausscheiden, wird es wohl heftige Diskussionen geben.
Noch lächelt der 55-Jährige die Kritik weg: "Die Mannschaft ist präsent, solide und zeigt Teamgeist", erklärte er nach dem 1:1 gegen Polen und fügte hinzu: "Ich bin überhaupt nicht enttäuscht. Wir sind jetzt da, wo wir sein wollten, im Achtelfinale. Unsere Gruppe war definitiv schwierig. Jetzt beginnt praktisch ein neuer Wettbewerb."
100 Siege in 155 Länderspielen unter Deschamps
Seit Juli 2012 trainiert der ehemalige Welt- und Europameister-Kapitän die Auswahl der "Grande Nation". Er machte aus einem zerstrittenen Haufen von Einzelkönnern eine Gewinnermannschaft. In bislang 155 Länderspielen feierte er 100 Siege. Seit 2014 (0:1 gegen Deutschland im WM-Viertelfinale) hat Frankreich unter Deschamps bei EM und WM nicht ein einziges Spiel in der regulären Spielzeit verloren.
Der Gegentreffer im Finale der Heim-EM 2016 gegen Portugal fiel in der Verlängerung. 2018 bei der WM gewann Frankreich den Titel. Bei der darauffolgenden EM schied Frankreich gegen die Schweiz im Achtelfinale im Elfmeterschießen aus. Bei der WM 2022 hatte Frankreich im Elfmeterschießen im Finale das Nachsehen gegen Argentinien.
Bei der laufenden EM bekamen die Franzosen bislang einen Elfmeter zugesprochen, den verwandelte Kapitän Mbappé gegen die Polen. Nicht nur deshalb ruhen die Hoffnungen auf dem 25 Jahre alten Angreifer - trotz dessen Maskensorgen.
Deschamps: Mbappé wieder mit "viel Spielfreude"
Sein möglicher Gegenspieler bei den Belgiern, Timothy Castagne, weiß aus eigener Erfahrung um die Probleme, die ein socher Gesichtsschutz bereiten kann: "Man hat die ganze Zeit die Konturen der Maske im Blickfeld - vor allem beim peripheren Sehen. Das machte zwar nur ein oder zwei Prozent aus, aber es störte mich. Ich mochte das nicht, also habe ich sie abgenommen."
Deschamps sieht Mbappé dennoch gerüstet für das Achtelfinale: "Nach allem, was er durchgemacht hat, ist er wieder gut drauf", so Deschamps. Schon gegen Polen habe er "sehr viel Spielfreude gezeigt". Zeigt der Kapitän diese auch gegen Belgien und qualifizieren sich die Franzosen für das Viertelfinale, dürfte die Kritik an Nationaltrainer Deschamps auch erst einmal wieder leiser werden.