WM der Frauen Dramatisches Aus für deutsche U20
Das tragische Scheitern der U20 im WM-Viertelfinale gegen die USA ist ein Rückschlag für den deutschen Frauenfußball, dennoch stiftet der Gesamtauftritt auch Hoffnung.
Rebecca Adamczyk schlug erst die Hände vors Gesicht, dann legte sich die junge Torhüterin vom SC Freiburg bäuchlings auf den Rasen im Estadio Olímpico Pascual Guerrero, um bitterlich zu weinen. Um sie herum kauerten ihre Feldspielerinnen in den grünen Trikots, die bis dahin bei der U20-WM der Frauen in Kolumbien eigentlich viel Glück gebracht hatten.
Doch letztlich hätten die deutschen Fußballerinnen bei der WM kaum tragischer und dramatischer scheitern können. Auch Trainerin Kathrin Peter kämpfte nach dem im Elfmeterschießen verlorenen Viertelfinale gegen die USA (1:3) mit den Tränen: "Das ist alles sehr bitter, die USA waren das glücklichere Team". Sie müsse nun ihre "tollen Mädels", die doch "richtig guten Fußball" gespielt hätten, irgendwie aufrichten - dabei wirkte sie selbst untröstlich.
Drama in der Nachspielzeit
Denn als Loreen Bender (Bayer Leverkusen) in der zweiten Minute der Nachspielzeit für Deutschlands Nachwuchs auf 2:0 gestellt hatte, schien der Halbfinaleinzug eingetütet. Ein Doppelschlag von Jordynn Dudley (90.+8) und Allyson Sentnor (90.+9) rettete die US-Amerikanerinnen völlig unerwartet in die Verlängerung.
Deren seit Generationen bestehende Siegermentalität scheint bereits in jungen Jahren tief verankert. Fast mit Ansage zielte Paulina Platner (SGS Essen) im Elfmeterschießen vorbei, schoss Vanessa Diehm (TSG Hoffenheim) ans Gebälk und scheiterte Alara Sehitler (Bayern München) an US-Keeperin Teagan Wy.
Sportdirektor Nia Künzer findet es "unglaublich schade"
Vorrundenerfolge gegen Venezuela und Nigeria oder der Kantersieg im Achtelfinale gegen Argentinien zählten nicht mehr viel - denn hängen blieb das vermeidbare Aus in der kolumbianischen Stadt Cali. "Es ist unglaublich schade, dass sich unsere U20-Frauen nicht für ihre guten Leistungen und ihre Leidenschaft belohnt haben", sagte Sportdirektorin Nia Künzer.
Der Einzug unter die besten Vier (neben den USA noch Nordkorea, Japan und Niederlande) wäre "ein weiterer wichtiger Entwicklungsschritt" gewesen, der dieser Generation nun verbaut wird. Einst hatten Dzsenifer Marozsan oder Alexandra Popp eben mit dem Gewinn einer U20-WM ihrer Karriere den entscheidenden Schub verliehen. Dreimal (2004, 2010 und 2014) steht Deutschland in der Siegerliste.
Warnsignale trotz Olympia-Bronze
Künzer findet, dass auch dieses Turnier gezeigt habe, "welches Potenzial in den Spielerinnen steckt". Die Weltmeisterin von 2003 hatte bereits nach dem Gewinn von Olympia-Bronze gemahnt, dass der Weg zurück in die Weltspitze steinig würde: "Es braucht weitere Entwicklungsschritte, um uns dauerhaft auf internationalem Topniveau zu etablieren."
Das blamable Aus von Eintracht Frankfurt in der Qualifikation für die Champions League muss als weitere Warnung dienen. Zudem haben mit Merle Frohms und Marina Hegering bereits zwei Leistungsträgerinnen ihren Rücktritt bei den DFB-Frauen erklärt - wenn die 33-jährige Kapitänin Popp noch vor dem Länderspiel-Klassiker gegen England in Wembley (25. Oktober) folgen sollte, wäre eine komplette Achse vom VfL Wolfsburg weggebrochen.
Christian Wück muss Nationalteam verjüngen
Möglichweise wird der neue Bundestrainer Christian Wück für die EM 2025 in der Schweiz eher zur Verjüngung gezwungen als gedacht. Der 51-Jährige hat bei der männlichen U17 mit dem Gewinn von EM und WM in 2023 gezeigt, wie gut er mit Talenten arbeiten kann. Erst vor dem Supercup zwischen dem VfL Wolfsburg und FC Bayern (0:1) sagte Wück, er würde bei den Frauen gerne "junge Spielerinnen fördern, wenn sie in den Vereinen performen."
Das Problem beim Übergang ist ähnlich gelagert wie bei den Männern. Nicht jede U20-Nationalspielerin bekommt ausreichend Bundesliga-Spielzeit. Zwar wird die trickreiche Stürmerin Cora Zicai, die per Elfmeter die Führung erzielte, beim SC Freiburg genauso regemäßig eingesetzt wie die technisch starke Mittelfeldspielerin Sofie Zdebel bei Bayer Leverkusen, doch bei den Topklubs kommen viele über den Status der Ergänzungsspielerin kaum hinaus.
Jella Veit, die als einzige ihren Elfmeter verwandelte, oder Sophie Nachtigall sitzen bei Eintracht Frankfurt meist auf der Bank, Tomke Schneider spielt dort in der zweiten Mannschaft. Die 20-jährige Verteidigerin bekämpfte mit viel Trotz ihre Trauer: "Wir müssen erstmal nach Hause fahren, dann realisiert man wohl irgendwann, dass der Traum geplatzt ist. Wir sind trotzdem eine gute Mannschaft und können stolz auf uns sein." Man habe in Deutschland "richtig gute Talente: Jetzt geht es in den Vereinen weiter. So ist das Leben."