Trainerkarriere voller Enttäuschungen Jürgen Klinsmann - viel Grusel nach dem Sommermärchen
Nach weniger als einem Jahr ist Jürgen Klinsmann schon wieder als Nationaltrainer von Südkorea entlassen worden. Es ist die nächste Episode einer Trainerlaufbahn voller Enttäuschungen.
Jürgen Klinsmann war während seiner Trainerkarriere schon immer bekannt als jemand, der Dinge anders machen wollte. Als Paradebeispiel steht die Geschichte, dass er angeblich auf dem Trainingsgelände des FC Bayern München Buddha-Statuen auf den Dächern aufstellen ließ. Klinsmann selbst bestritt dies viele Jahre später, aber los wurde er diese Story nicht. Zumal er immer wieder bei seinen Stationen aneckt. Wie auch nun in Südkorea, wo er nicht mal ein Jahr lang durchgehalten hat.
Großes Trainerteam, Proteste, Rausschmiss
Nach dem enttäuschenden Asien-Cup, wo es zwar für die Teilnahme am Halbfinale (Niederlage gegen Jordanien) reichte, aber die Leistung des Topfavoriten eher unterdurchschnittlich war, wurde die Kritik an Klinsmann immer lauter. Es gab sogar Proteste vor dem Hauptgebäude des südkoreanischen Fußballverbandes (KFA), die Fans wollten den 59-Jährigen nicht länger als Nationaltrainer haben. Und mit ihm auch viele Begleiter.
Klinsmann hat lange Zeit in den USA gelebt und dort offenbar die Überzeugung gewonnen, dass ein Trainerstab größer sein sollte als im Fußball üblich. Und so arbeitete er wie sein Vorgänger Paulo Bento mit Co-Trainer Michael Kim weiter, installierte aber zudem den ehemaligen Bundesligaprofi Du-ri Cha als technischen Berater, Andreas Köpke als Torwarttrainer, Paolo Stringara und Andreas Herzog als Assistenzcoaches und Werner Leuthard als Fitnesstrainer. Aber viel hilft offenbar nicht viel.
Jürgen Klinsmann mit seinem großen Trainerteam
"Hinter den Erwartungen der Menschen zurückgeblieben"
KFA-Präsident Chung Mong-Gyu ließ nach der Entlassung Klinsmanns kaum ein gutes Haar an ihm. Er habe "es versäumt, die von einem Nationaltrainer erwarteten Managementfähigkeiten und Führungsqualitäten in Bereichen wie Taktik, Personalmanagement, Arbeitseinstellung und anderen Bereichen zu zeigen, die erforderlich sind, um die Mannschaft wettbewerbsfähig zu machen", sagte er. Außerdem sei "Klinsmanns Einstellung und Wettbewerbsfähigkeit als Cheftrainer hinter den Erwartungen der Menschen zurückgeblieben."
Klinsmann selbst bedankte sich in den sozialen Medien bei den Fans für die Unterstützung und sprach von einer "unglaublichen Reise in den vergangenen zwölf Monaten". Während er offenbar in Frieden geht, scheint Südkorea fast schon froh, ihn los zu sein - so zumindest die Eindrücke aufgrund der Proteste und Aussagen. Und es wäre auch nicht so überraschend, schließlich war es auf seinen meisten vorigen Stationen ähnlich.
Fiasko mit Nachhall bei Hertha BSC
Drei Jahre lang war Klinsmann ohne Job, ehe er von den Südkoreanern engagiert wurde. Davor hatte er Hertha BSC als Trainer zweieinhalb Monate beschert, die der Klub nicht so schnell vergessen wird. Der damalige Investor Lars Windhorst holte ihn als Aufsichtsratsmitglied, kurze Zeit später wurde er Trainer. Nach nur 76 Tagen verkündete Klinsmann seinen Rücktritt mit einem Facebook-Video. Vorher hatte er noch angekündigt, die Berliner in den nächsten Jahren wieder in die Champions League führen zu wollen, im Winter verpflichtete Hertha dafür für 76 Millionen Euro vier Spieler.
Klinsmann hinterließ den Hauptstädtern aber nicht nur einen sportlichen Scherbenhaufen, sondern auch noch die sogenannten "Klinsmann-Protokolle". Auf 22 Seiten analysierte er den Hertha-Kader - es war aber mehr eine Abrechnung als eine Analyse. "Dass die Tagebücher, dieser Arbeitsbericht letztendlich an die Öffentlichkeit kam, hat mir natürlich sehr geschadet. Das war ein interner Bericht, der nie und nimmer für die Medien bestimmt war. Aber der war ja ehrlich", sagte Klinsmann später. Und: "Alles, was da drin stand, stimmte ja."
Sommermärchen mit Deutschland, Enttäuschung mit den USA
Auch vor diesem 76-tägigen Fiasko hatte Klinsmann drei Jahre lang auf eine Anstellung als Trainer warten müssen. Bei seiner bis zu diesem Zeitpunkt letzten Station als Nationaltrainer der USA war er zwar am längsten mit über fünf Jahren, er sorgte aber auch mit für einen der schwärzesten Momente im US-Fußball. Im November 2016 wurde er nach zwei Niederlagen in der WM-Qualifikation gegen Mexiko (1:2) und in Costa Rica (0:4) entlassen - nach ihm gelang zwar die Wende, am Ende fehlte aber ein Punkt für die Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2018 in Russland. Es war das einzige Mal, dass die USA seit 1990 bei einem Weltturnier nicht dabei waren.
Jürgen Klinsmann schied bei der WM 2014 gegen Marc Wilmots' Belgier im Achtelfinale aus.
Zu seiner Zeit als US-Coach gehörte aber auch, dass er den Fußball in den Vereinigten Staaten so populär wie nie zuvor machte. Wie in seinen zwei Jahren als Bundestrainer der deutschen Nationalmannschaft schaffte es Klinsmann, die Massen hinter das Team zu bekommen, mit seiner positiven, optimistischen Art war er das Aushängeschild einer Mannschaft im Aufbruch. Und Deutschland wird mit ihm immer die WM 2006 in Verbindung bringen, die dank ihm zu einem Fußballfest wurde.
Die Stimmung war wie aktuell auf dem Tiefpunkt, das DFB-Team weit weg von den ehemaligen Erfolgen. Dann kam Klinsmann, startete furios ins Turnier und brachte ganz Deutschland in WM-Stimmung. Es folgten Momente des Jubels wie das späte Tor von Oliver Neuville gegen Polen (1:0), aber auch der tiefen Trauer im Halbfinale gegen Italien (0:2). Es endete aber mit dem Sieg im Spiel um Platz drei und einer großen Feier mit über 500.000 Fans vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Klinsmann bescherte Deutschland ein Sommermärchen.
Hoeneß bezeichnete Klinsmann-Anstellung als "Fehler"
Eine solche Erfolgsgeschichte wollte dann auch der FC Bayern mit ihm schreiben. Klinsmann trat 2008 das Traineramt mit dem überambitionierten Ziel an, "jeden Spieler jeden Tag besser machen" zu wollen. Nach nicht mal acht Monaten musste er dann wieder gehen, seine Einstellung bezeichnete Uli Hoeneß, der damals Vorstandsvorsitzender war, hinterher als "Fehler". Er sei zwar "der Meinung, dass es einen Versuch wert war", aber was Hoeneß in den Folgejahren alles sagte, machte deutlich, dass die Enttäuschung in München groß war.
Hoeneß erklärte unter anderem, es wären "am Ende nicht die Ergebnisse entscheidend, sondern das Verhältnis zur Mannschaft". Und er beschwerte sich über die Arbeitsweise Klinsmanns. "Da haben wir für zigtausend Euro Computer gekauft. Da hat er den Profis in epischer Breite gezeigt, wie wir spielen wollen. Wohlgemerkt wollen", so Hoeneß, der Klinsmann auch mal als "sehr guten Schauspieler und einen guten Verkäufer seiner Person" bezeichnete.
Münchens damaliger Trainer Jürgen Klinsmann (l.) mit dem damaligem Manager Uli Hoeneß
Der ehemalige Nationalspieler, der mit Deutschland 1990 Welt- und 1996 Europameister wurde, hat seine Karriere als Trainer mit einem Sommermärchen begonnen. Was dann aber in München, in den USA, in Berlin und in Südkorea folgte, war weit weg von einem Märchen mit glücklichem Ende. Es waren dann doch eher viele Gruselgeschichten.