Harder, Eriksson und noch mehr Frauen-Bundesliga ist Transfer-Weltmeister
Die Bundesliga der Frauen verzeichnet so viele Zugänge aus dem Ausland wie keine andere. Pernille Harder und Magdalena Eriksson sind nur zwei der Top-Transfers.
Vor dem ersten Spieltag der Bundesliga richten sich viele Augen auf die beiden Starverpflichtungen des FC Bayern München: Harder (30) und ihre Partnerin Eriksson (30) kommen vom FC Chelsea und bringen viel internationale Aufmerksamkeit mit sich - passend zu den erstmals breitflächig, auch international vergebenen TV-Rechten.
In der digitalen Pressekonferenz des Vereins vor Saisonstart mit Harder und Eriksson sowie Georgia Stanway (24) und Cheftrainer Alexander Straus (47) waren fast so viel internationale Pressevertreter vertreten wie deutsche.
Internationale Verstärkung für deutsche Bundesliga
Aber auch andere Vereine als die Spitzenklubs vermeldeten über den Sommer internationale Transfers. So kämpfen beim SV Werder Bremen ab sofort Kolumbiens Nationaltorhüterin Catalina Pérez (28) und die aktuelle Nummer zwei der Schweiz, Livia Peng (21), um den Stammplatz zwischen den Pfosten.
Trotzdem überrascht es, dass laut Bericht der FIFA die Bundesliga der Frauen weltweit der Wettbewerb mit den meisten eingehenden Transfers aus dem Ausland ist.
Für diesen Bericht wurden bei Männern und Frauen getrennt alle zwischen dem 1. Juni und 1. September vollzogenen Transfers von Profispielern und Profispielerinnen gezählt, die von einem Land in ein anderes wechseln. So zählt also auch Ex-Nationalspielerin und Bundesliga-Rückkehrerin Leonie Maier (30) in die Statistik, da sie vom FC Everton zur TSG Hoffenheim geht.
So hohe Ablöse-Gesamtsumme wie noch nie
Verglichen werden diese Zahlen dann mit den Daten aus dem Sommertransferfenster des vergangenen Jahres. Daraus ergibt sich, dass bei den Frauen die Anzahl der internationalen Transfers im Vergleich zum Vorjahr um 19,1 Prozent auf 829 gestiegen und im sechsten Jahr in Folge gewachsen ist.
Ebenfalls gestiegen sind die Ablösesummen: Mit drei Millionen US-Dollar (rund 2,8 Millionen Euro) gaben die Vereine so viel aus wie noch nie – allerdings finden nach wie vor die meisten Wechsel ohne eine Ablösesumme statt, nur bei 66 von den 829 Wechseln wurde eine solche gezahlt.
Geld wird breiter verteilt
Das sind rund 7,96 Prozent der Transfers und damit anteilig etwas mehr als 2022 (rund 5,17 Prozent von insgesamt 696 Transfers). Die Summe von drei Millionen US-Dollar entspricht dagegen einer Steigerung um 140,8 Prozent. Daraus lässt sich ablesen, dass nicht unbedingt die Einzelsummen steigen, sondern das Geld breiter verteilt wird.
Beachtlich ist der Anteil der Agentur-Gebühren an der Transfersumme, denn der liegt mit 0.9 Millionen Euro bei über 30 Prozent – im Fußball der Männer liegt dieser Anteil bei knapp unter zehn Prozent. Schaut man auf die Agentur-Branche, fällt auf, dass sie mittlerweile flächendeckender im Fußball der Frauen arbeitet.
Nationalspielerin Svenja Huth vom VfL Wolfsburg im Duell gegen Kristin Kögel und Elisa Senß von Bayer Leverkusen.
Immer mehr große Beratungs-Agenturen, die vorher auf den Fußball der Männer fokussiert waren, steigen bei den Frauen ein. Inwieweit das eine nachhaltige Entwicklung ist, muss sich angesichts der sehr viel niedrigeren Zahlen erst noch zeigen.
Die meisten Transferbewegungen in Europa
Denn die meisten Transfers finden nach dem Auslaufen eines Vertrages statt: 84,4 Prozent der gewechselten Spielerinnen befanden sich zum Wechselzeitpunkt außerhalb eines Vertragsverhältnisses. Zum Vergleich: Bei den Männern waren es dieses Jahr 56,6 Prozent.
Dieser Unterschied macht noch viel deutlicher als die reinen Transfersummen, dass das Geld im Fußball der Frauen häufig noch an anderer Stelle verwendet werden muss, bevor es in das Abwerben von Spielerinnen fließen kann. Der Großteil der internationalen Transfers fand mit europäischer Beteiligung im UEFA-Gebiet statt.
Innerhalb dessen liegt Deutschland bei den eingehenden Wechseln auf dem ersten Platz: 55 Spielerinnen wechselten aus dem Ausland in die Bundesliga. Beachtlich dabei ist vor allem die prozentuale Steigerung im Vergleich zum Vorjahr, denn die liegt bei 34,1 Prozent sehr hoch.
In der finanzkräftigen englischen Women’s Super League (WSL) gibt es zum Vergleich eine Steigerung um 31,7 Prozent bei den Zugängen. Auf der Abgangsseite ist die Zahl bezogen auf Deutschland nur leicht gesunken, 45 Spielerinnen verließen die Liga, das sind nur 2,2 Prozent weniger als 2022.
Attraktive Liga, Konkurrenz um Talente
Gründe für den Anstieg der Transferzahlen insgesamt sind die seit Jahren steigenden finanziellen Rahmenbedingungen durch wertvollere TV-Verträge, die wiederum die Sichtbarkeit und den Wert für potenzielle Sponsoren steigern. Dadurch ist insgesamt mehr Geld im Umlauf, das zwar noch selten in Ablösen fließt, aber gerade bei internationalen Transfers in Gehälter.
Der WSL bringen die TV-Rechte seit der Saison 2019/20 rund acht Millionen Pfund (rund 9,3 Millionen Euro) pro Saison ein. Für die Bundesliga sind es ab dieser Saison 5,175 Millionen Euro pro Spielzeit, davon bekommt jeder Verein 388.000 Euro im Jahr.
Bei den Vereinen sprechen die Zugänge für einen gestiegenen Bedarf, der aus Sicht der Verantwortlichen vielleicht nicht immer mit Spielerinnen aus der eigenen Liga gedeckt werden kann. Der Wettbewerb um die besten Talente ist in den vergangenen Jahren vor allem hinter der Bundesligaspitze größer geworden. Aus Spielerinnen-Sicht könnte auch das Abschneiden Deutschlands bei der EM 2022 ein Grund für einen Wechsel in die Bundesliga sein, weil durch den Finaleinzug die Attraktivität der Liga gesteigert wurde.