Frauen-Bundesliga Von wegen Umbruch - Wolfsburg ist wieder Spitze
Erster gegen Letzter – am Samstag (16.11.2024, ab 14 Uhr im Liveticker bei der Sportschau) trifft der VfL Wolfsburg in der Frauen-Bundesliga auf Turbine Potsdam. Die "Wölfinnen" haben nach einem zunächst enttäuschenden Start in die Saison vorerst den Umschwung geschafft. Was macht sie aktuell so stark?
Der VfL Wolfsburg im Umbruch – so oder ähnlich wurde vor der Saison an vielen Stellen über den VfL getitelt: Viele auslaufende Verträge, darunter der des Trainers Tommy Stroot, der eine Verlängerung zu dem Zeitpunkt ausgeschlossen hatte, der durchschnittlich älteste Kader der traditionell sehr jung aufgestellten Bundesliga und gleich mehrere zu ersetzende Top-Spielerinnen - all das warf Fragen auf.
Inzwischen lässt sich zwar nicht alles davon revidieren, aber es gibt Fingerzeige, wie es für Wolfsburg in Zukunft weitergehen könnte. Beim kurzfristigen sportlichen Erfolg stehen fünf Bundesliga-Siege in Folge und die Tabellenführung zu Buche, mittel- bis langfristig konnten einige personelle Fragen geklärt werden. Ins Rollen gebracht wurde vieles durch Neubesetzungen auf höchster Ebene.
"Sebastian Rudolph und Peter Christiansen haben konkrete Vorstellungen davon, welche Maßnahmen es braucht, um den Frauenfußball beim VfL in eine erfolgreiche Zukunft zu führen und international wie national auf hohem Niveau wettbewerbsfähig zu bleiben", wurde Stroot bei seiner überraschenden Vertragsverlängerung Mitte September in der Pressemitteilung des VfL zitiert.
Wolfsburgs Personal-Domino-Effekt
Der Däne Peter Christiansen wurde im Juni als Nachfolger von Marcel Schäfer als Geschäftsführer Sport vorgestellt, Sebastian Rudolph ist seit August der neue Aufsichtsratsvorsitzende. Die Gespräche mit beiden waren für Stroot überzeugend, auch weil die Infrastruktur der Frauenabteilung verbessert werden soll.
Diese hatte unter anderem Alexandra Popp in den vergangenen Monaten öffentlich kritisiert, laut Bericht der "Wolfsburger Allgemeinen Zeitung" über eine interne Sitzung beim VfL soll Christiansen die Ausstattung ebenfalls deutlich beanstandet haben.
Stroot verlängerte bis 2027 und zumindest zwei Spielerinnen folgten ihm nach: zunächst Nationalspielerin Lena Lattwein Mitte Oktober und dann Anfang November Kapitänin Popp. Beide Spielerinnen betonten dabei, dass ein Grund für ihre jeweilige Entscheidung auch die "akribische" und "detaillierte" Arbeit von Stroot und seinem Team sei.
Von beiden Verlängerungen erhofft sich der Verein zweifelsohne Strahlkraft auf andere Spielerinnen im Kader, derzeit laufen noch dreizehn weitere Verträge aus, darunter zum Beispiel die von Merle Frohms, Jule Brand, Kathrin Hendrich, Svenja Huth und Sveindís Jónsdóttir.
Flexibilität mit Janina Minge und Co.
Auf dem Platz mussten die Wolfsburgerinnen nach den Abgängen von Ewa Pajor, Lena Oberdorf und Dominique Janssen neue Wege finden, als Kollektiv zu reagieren und sich auf die Stärken der hinzugekommenen Spielerinnen zu konzentrieren. Das führt dazu, dass es mitunter eine Dreier- statt Viererkette in der Abwehr gibt, was beim Sieg gegen Bayern München zu einem entscheidenden Faktor wurde.
Je nachdem, ob Wolfsburg favorisiert in eine Partie geht oder nicht, spielt Janina Minge als defensive Mittelfeldspielerin oder als Innenverteidigerin. Da sie beides bereits aus Freiburg kennt, kann Stroot mit ihr auch ohne einen Wechsel flexibel während eines Spiels reagieren.
Ein anderes Mittel ist die Besetzung und Rollenverteilung der beiden Außenverteidigerinnen mit Sarai Linder links und entweder Lynn Wilms als sehr offensiv ausgerichtete rechte Schienenspielerin oder Kathrin Hendrich als rechte Innenverteidigerin, die sich im Aufbauspiel auf den Flügel orientiert.
Zweitbeste Defensive der Liga
Durch diese Umstellungen im Detail wird etwas überdeckt, dass es gerade in der Defensive immer wieder Ausfälle von Spielerinnen gibt, die eigentlich für wichtige Rollen in der Zukunft aufgebaut werden sollten, wie zum Beispiel Camilla Küver oder Caitlin Dijkstra.
Trotzdem stellt Wolfsburg aktuell die zweitbeste Defensive der Liga, möglich wird das alles auch durch die im Kader verteilte Erfahrung. Gerade langverdiente Spielerinnen wie Svenja Huth, Alexandra Popp oder Marina Hegering sind in dieser Saison bisher wichtige Stützen, zu denen auch Neuzugang Lineth Beerensteyn gehört.
Von den drei ehemaligen Nationalspielerinnen ist Svenja Huth vielleicht die Wichtigste, weil sie in zwischen in ihrer Rolle als Spielmacherin aufblüht und die Pässe in die Tiefe spielen kann, die Beerensteyn als Stürmerin braucht. Durch Huth ist es auch möglich, junge Neuzugänge wie die Ungarin Luca Papp oder die Norwegerin Justine Kielland langsam heranzuführen, die sie in Zukunft ablösen könnten.
Weil die Konkurrenz in der Bundesliga bisher nicht konstant ist, ist für die Wolfsburgerinnen trotz aller Umbrüche im Kleinen wie im Großen national aktuell alles möglich. In der Champions League zeigt sich, dass der Weg zurück zu einem internationalen Top-Team noch weit ist. Entscheidend für die Zukunft wird sein, wie genau Infrastrukturverbesserungen aussehen sollen, damit weitere Spielerinnen gehalten oder hinzugeholt werden können.