FIFA WM 2022 Arsène Wenger mit Breitseite gegen DFB-Team
Bei einem FIFA-Termin sollten die fußballspezifischen Erkenntnisse der Vorrunde präsentiert werden. Wenger nutzte die Bühne aber auch, um vom Gastgeber zu schwärmen, die WM-Erweiterung zu verteidigen und gegen den DFB zu sticheln.
Arsène Wenger ist Berater des Fußball-Weltverbandes FIFA und in den vergangenen Jahren häufiger als Unterstützer von dessen Präsidenten Gianni Infantino aufgefallen. So sprach er sich unter anderem für dessen Pläne aus, die Weltmeisterschaft im Rhythmus von zwei Jahren auszutragen.
Am Sonntag (04.12.2022) nutzte der 73 Jahre alte Franzose bei der Weltmeisterschaft in Katar eine Bühne, die dafür gedacht war, mit etwas Verspätung die fußballspezifischen Erkenntnisse der Vorrunde vorzustellen. Wenger und Jürgen Klinsmann waren dafür zusammen als Vertreter der "Technischen Studiengruppe" in den großen Saal des Medienzentrums gekommen, in dem gut zwei Wochen zuvor Infantino eine bizarre Pressekonferenz abhielt.
Breitseite gegen deutsche Mannschaft
Wenger schwärmte von der Infrastruktur in Katar, alles funktioniere einwandfrei, und zwischen die Analysen, welche Mannschaften die meisten Kilometer laufen und die meisten Pässe in den Raum zwischen gegnerischem Mittelfeld und Abwehrkette spielen, streute er ein, dass er von der Schönheit der Stadien überwältigt sei: "So etwas habe ich noch nie gesehen."
Dann sagte er auch noch etwas, das vor allem als Breitseite gegen die Mannschaft gesehen werden kann, dessen ehemaliger Bundestrainer neben ihm saß. "Teams, die mental bereit waren und sich sofort auf den Fußball konzentriert haben statt auf politische Demonstrationen", hätten auch im ersten Spiel nicht enttäuscht. Deutschland verlor zum Auftakt 1:2 gegen Japan. Infantino, dem diese Meinung Wengers gefallen haben wird, saß dabei im Stadion, neben der deutschen Innenministerin Nancy Faeser, die eine "One Love"-Armbinde trug.
Deutschland in Sachen Effizenz nur Mittelmaß
Klinsmann, als Spieler 1990 Weltmeister und als Bundestrainer unter anderem verantwortlich bei der WM 2006, sagte auch etwas zur Auswahl des DFB, aber nichts Politisches. Deutschland, so der einstige Mittelstürmer, habe zwar die meisten Torschüsse aller Mannschaften in der Vorrunde abgegeben, aber meistens mit "keiner richtigen Nummer Neun gespielt".
Im Hintergrund zeigte eine Grafik auf der großen Leinwand, dass Deutschland exakt vier Schüsse "on target", also aufs Ziel benötigte, um ein Tor zu erzielen. Wenger sagte, dass der Wert des späteren Weltmeisters etwa zwei Schüsse betragen dürfte. Effizienteste Mannschaft der Vorrunde waren die Niederlande mit 1,6 Schüssen "on target" pro Tor, es folgten Spanien (1,7,) und England (1.9). Mit Dänemark (9,0) und Belgien (11,0) wiesen zwei europäische Mannschaften katastrophale Werte auf, die folglich auch zum Ausscheiden führten.
Torhüter mehr im Spiel integriert
Viele Werte ähnelten denen von der WM 2018 in Russland. In einer Kategorie gab es jedoch einen "gravierenden Wandel", wie Wenger sagte. In der Vorrunde 2022 wurden die Torhüter 726-mal angespielt, vier Jahre zuvor nur 443-mal. Zur Begründung sagte Wenger, dass die Mannschaften häufiger ihren Torhüter einbezögen, um sich so spielerisch aus dem Pressing zu befreien. "Das zeigt, dass die technische Qualität der Torhüter noch besser werden muss", sagte der Franzose. Klinsmann ergänzte, dass nun die Zeit gekommen sei, dass "die Torhüter auch mit den Feldspielern trainieren und nicht mehr abseits von ihnen".
Wenger verteidigt WM-Erweiterung
Die meisten der vorgestellten Werte werden bei der WM 2026 in absoluten Zahlen erheblich steigen. Bei der Auflage in den USA, Kanada und Mexiko nehmen 48 Mannschaften teil. In welchem Modus die Vorrunde gespielt werden wird, ist noch offen. Wenger gab keine Meinung ab und legte die Entscheidung in die Hände des FIFA-Rats.
Die von Infantino angestoßene Erweiterung auf 48 Mannschaften verteidigte er jedoch vehement: "Das sind immer noch nur 22 Prozent der Mitgliedsverbände. Mehr Mannschaften versprechen mehr Spektakel." Außerdem werde es den zusätzlichen Mannschaften "bei der Entwicklung des Fußballs in ihren Ländern helfen". Das wird dem Präsidenten gefallen haben, der vermutlich erst zum Abschluss der WM in knapp zwei Wochen wieder sprechen wird.