WM-Auftakt für Spanien Sergio Busquets - ein Weltmeister als Mentor für die Jugend
Deutschlands Gruppengegner Spanien tritt mit einer jungen, hochtalentierten Mannschaft bei der WM an. Für die erfahrenen Spieler ist das eine neue Herausforderung.
Der Hauch vom alten, großen Spanien ist noch immer da. Vom Spanien, das über Jahre das Maß aller Dinge im Fußball war. Das mit Spielintelligenz und Technik die Fußballwelt im Griff hatte. Groß, schlaksig, mit strengem Blick und mahnendem Fingern steht es dort rotgekleidet im Mittelfeld des Weltmeisters von 2010.
Sergio Busquets - der letzte Spieler der Erfolgsära
Serqio Busquets ist das letzte Relikt aus dieser erfolgreichen Mannschaft. Er scheint sich seit damals, als er mit Carles Puyol, Andrés Iniesta und Iker Casillas von Sieg zu Sieg jagte, kaum verändert zu haben - was allerdings nicht daran liegt, dass der 34-Jährige so wahnsinnig jung aussieht, sondern eher daran, dass er schon mit Anfang zwanzig so weise und erhaben auf dem Platz thronte, als hätte er die Erfahrung von 30 Profi-Karrieren in sich vereint.
Enrique will Busquets noch mit 38 Jahren zur WM nehmen
Wenn es nach Nationaltrainer Luis Enrique geht, ist Katar nicht die letzte WM des defensiven Mittelfeldspielers. "Damit bin ich nicht einverstanden", sagte er kürzlich: "Mein Ziel ist es, ihn zu überzeugen, dass er noch eine WM dranhängt." Dann wäre Busquets 38 Jahre alt. Doch wenn man den Katalanen sieht, wie er das Spiel der spanischen Nationalmannschaft lenkt, verteidigt, die Umschaltmomente nach vorne startet und selbst unter größtem Druck die Ruhe für den intelligenten Pass bewahrt, dann wirkt die Aussage von Enrique nicht ganz abstrus.
Karriereende noch lange nicht in Sicht
Viel deutet aktuell tatsächlich nicht darauf hin, dass Busquets seine Nationalmannschaftskarriere bald beenden könnte. "Man kann mittlerweile bis in ein sehr hohes Alter auf höchstem Niveau spielen", sagte er kürzlich, was Enrique freuen dürfte. Denn für sein Projekt ist die Erfahrung des 34-Jährigen besonders wichtig.
Spaniens Team - ein Versprechen an die Zukunft
Das Team, das er für die WM in Katar berufen hat, ist vor allen Dingen ein Versprechen für die Zukunft. Zwar bildet eine erfahrene Gruppe das Gerüst dieser Mannschaft: Busquets, Koke, Jordi Alba, Dani Carvajal, Alvaro Morata, César Azpilicueta. Doch den Kern bildet ein junger, talentierter Haufen, für den dieses Turnier eigentlich noch zu früh kommt - dem man aber doch alles zutrauen sollte.
Pedri, der Musterschüler
Barcelonas Pedri (19) ist so etwas wie der Musterschüler dieser Gruppe. Seine Spielweise erinnert an Andrés Iniesta, seine geistige und spielerische Reife an Busquets. Kein Spieler in Europas Top-Ligen hat in dieser Saison mehr Abschlussgelegenheiten kreiert als er. Seine Passquote von 90,3 Prozent ist nah an den besten Mittelfeldspielern Europas. Schon bei der letztjährigen Europameisterschaft erspielte er sich den Status eines unumstrittenen Stammspielers und bekam von Enrique das Lob, dass er schon weiter sei, als Iniesta in diesem Alter.
Busquets im Kreis der Jugend. Der Kapitän will seine Erfahrung an die jüngeren Kollegen weitergeben.
Gavi und Fati bringen Aggressivität und Tempo
Pedris Teamkollege in Barcelona, Gavi, ist mit 18 Jahren schon so etwas wie der "Aggressive Leader". Ein Kettenhund, der jedem Ball hinterhergeht und sich nicht zu schade ist, in Notsituationen ein taktisches Foul zu machen. In Barcelona spielte er vergangene Saison 47 Spiele, 36 davon in der Startelf und sammelte dabei 16 gelbe Karten. Doch ob er in der Nationalmannschaft einen Stammplatz haben wird, muss sich erst zeigen. Rodri (26) spielt bei Manchester City im defensiven Mittelfeld seit Jahren auf höchstem Niveau und könnte ihm den Platz streitig machen.
Im Sturm wird neben Morata vieles auf Ansu Fati ankommen, der wie ein Gegenentwurf seines schlaksigen, kopfballstarken Sturmkollegen wirkt: Quirlig, technisch unglaublich stark mit einem exzellenten Schuss. Trotz Verletzungsprobleme hat es Fati in den 26-Mann-Kader von Enrique geschafft und könnte den Angriff der Spanier das nötige Tempo geben.
Busquets will "Mitspieler beruhigen"
In der Hammergruppe E mit Deutschland, Costa Rica und Japan darf man keinen einzigen Punkt herschenken, wenn man die K.o.-Phase erreichen möchte.
Spanien muss ab dem ersten Spiel funktionieren. Wie gut das mit dieser Mischung aus Jung und Alt klappen wird, hängt auch an Busquets, der selbst bei seiner ersten Weltmeisterschaft 21 Jahre alt war und seine Erfahrung weitergeben möchte. "Ich versuche, ihnen Ratschläge zu geben", sagte Busquets vor der WM beim spanischen Magazin Panenka: "Das habe ich auch schon bei der EM gemacht. Ich habe versucht, meinen Teil beizutragen, Spielsituationen zu erklären und meine Mitspieler zu beruhigen."
Gleich zu Beginn kommt mit Costa Rica ein harter Gegner auf diese technisch starke Mannschaft zu. Spätestens im Spitzenspiel der Gruppe E wird dann zu sehen sein, wie gut das Team von Luis Enrique schon jetzt funktioniert. Oder ob Busquets sogar noch spielen muss, bis er 42 Jahre alt ist. Auch wenn er darauf nur wenig Lust haben wird: "Wenn ich zu Hause bin, muss ich mich um meine Kinder kümmern - wenn ich hierherkomme, ist es teilweise noch schlimmer", sagte Busquets gegenüber der Marca.