FIFA WM 2022 FIFA auf Expansionskurs - mehr Wettbewerbe, mehr Geld
In vielen Ausführungen ist Gianni Infantino vage geblieben, aber die Strategie des Fußball-Weltverbandes FIFA hat der Präsident zum Ende der WM 2022 in Katar klargemacht: mehr und größere Wettbewerbe für viel höheren Umsatz.
Eher beiläufig erwähnte Gianni Infantino, dass die Weltmeisterschaft in Katar "die beste aller Zeiten" gewesen sei. Die Jubelarie des Präsidenten der FIFA fiel erstaunlich moderat aus, auch zeitlich beschränkte sich der Boss des Weltverbandes. Brauchte er noch eine geschlagene Stunde, um bei der bizarren Pressekonferenz zu Beginn des Turniers die "eröffnenden Worte" zu sprechen, war am Freitag (16.12.2022) schon nach 50 Minuten Schluss, inklusive der Fragen und Antworten.
Infantinos FIFA will wachsen
Auch deshalb blieben zwei Tage vor dem WM-Finale viele Fragen offen. Sie werden in den kommenden Monaten und vermutlich sogar Jahren aber gestellt werden, nicht nur von Journalisten, sondern auch von den Fußballklubs und den Kontinentalverbänden, die vor allem davon betroffen sind, dass Infantinos FIFA wachsen will.
In den Jahren von 2019 bis 2022 hat der Weltverband 7,5 Milliarden US-Dollar umgesetzt, das sind gut sieben Milliarden Euro. "Trotz der Pandemie", wie Infantino anmerkte, sei das eine Milliarde Dollar mehr als geplant gewesen.
Die FIFA denkt groß
Im nächsten Geschäftszyklus soll der Umsatz auf elf Milliarden US-Dollar (10,3 Mrd. Euro) steigen. Das entspräche einem Wachstum von etwa 47 Prozent. Die FIFA denkt groß, sie plant groß, und sie bläht daher ihre Wettbewerbe auf.
Am Freitag gab Infantino bekannt, dass die Klub-WM ab 2025 in einem Rhythmus von vier Jahren mit 32 Mannschaften ausgetragen wird. Bislang spielen gerade mal sieben Teams um den Titel, die nächste Auflage ist für den Februar 2023 an Marokko als Gastgeber vergeben.
Infantino hält sich bedeckt
Die Umsatzsteigerung, die durch die massiv erweiterte Klub-WM zu erwarten ist, sei nicht einmal in den elf Milliarden US-Dollar eingerechnet, so Infantino. Mehr war von dem 52 Jahre alten Schweizer nicht über die Weltmeisterschaft für Vereine ab 2025 zu erfahren: "Über die Details sprechen wir bald."
Der Modus dürfte dem der aktuellen WM für Nationalmannschaften gleich sein oder zumindest stark ähneln. Genauer Zeitpunkt und Verteilerschlüssel nach Mannschaften pro Kontinentalverband sind offen.
Der Weltverband der Fußballligen übte Kritik an den Plänen der FIFA. "Diese Entscheidungen wurden einseitig getroffen", kritisierte das World Leagues Forum (WLF), in dem auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) Mitglied ist. "Ohne Rücksprache - geschweige denn Zustimmung - mit denen, die direkt davon betroffen sind: den Ligen, ihren Mitgliedsvereinen, den Spielern und Fans."
Noch viele Fragen offen
Es gibt weitere wichtige Fragen, denn eine solche aufgeblähte Klub-WM wird nur das erhoffte Geld einbringen, wenn auch die Topklubs mitspielen werden, und die sind auch nur mit Geld zu locken.
Infantino hatte schon im Dezember 2019 die Pläne für eine Erweiterung ins Gespräch gebracht, aus dem potenziellen Finanzier aber ein großes Geheimnis gemacht, bevor die Corona-Pandemie das Thema auf Eis legte.
Steigt ein saudi-arabischer Staatsfonds ein?
Gerüchte besagten, dass ein Konglomerat unter Beteiligung eines saudi-arabischen Staatsfonds‘ bereit sei, bis zu 25 Milliarden Euro in den Wettbewerb zu stecken. Dies würde Topklubs und damit Topstars locken, aber die Trainer und die Gewerkschaft für Fußballprofis (FIFPro) dürfte einem weiteren Turnier mit einer Dauer von etwa einem Monat ablehnend gegenüberstehen.
Widerstand wäre auch von den Kontinentalverbänden und den Ligen zu erwarten, denn ihre Wettbewerbe wie die Champions League der UEFA würden durch eine attraktive Klub-WM abgewertet. Entsprechend könnte der Erlös aus dem Verkauf der Medienrechte sinken.
Nun doch keine Dreiergruppen bei der nächsten WM
Die Belastung der Spieler, auf die Trainer und Gewerkschaft ein Auge haben, dürfte schon ohne aufgeblähte Klub-WM weiter steigen. Infantino legte am Freitag en passant die Pläne beiseite, die auf 48 Nationalmannschaften erweiterte Vorrunde der WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada in 16 Gruppen mit je drei Teams auszutragen. Dieses Format hätte schon bedeutet, dass 80 statt bisher 64 Spiele nötig werden. Allerdings wäre die Gefahr groß gewesen, dass sich zwei Mannschaften am letzten Gruppenspieltag, an dem ein Team zum Zuschauen verurteilt ist, auf ein Ergebnis einigen, das beiden hilft.
"Wir müssen das nochmal überdenken", sagte Infantino. Allerdings begründete er den Sinneswandel nicht mit der möglichen Manipulation, sondern mit den Erfahrungen aus Katar. Der letzte Spieltag in den Vierergruppen sei so spannend gewesen.
Würden die Vierergruppen beibehalten, könnte es auf 104 Spiele und damit 40 mehr als aktuell hinauslaufen. Dies würde den Preis für die Medienrechte, die auf wichtigen und attraktiven Märkten in Europa und Asien für 2026 noch nicht verkauft sind, in die Höhe treiben.
"An manchen Orten der Welt gibt es noch gar keine Wettbewerbe"
Eher bescheiden dürfte der Umsatz bei weiteren Wettbewerben steigen, die Infantino ins Gespräch brachte. Konkret nannte er eine Klub-WM für Frauen, die es bislang noch nicht gibt. Außerdem, so der Präsident: "An manchen Orten der Welt gibt es noch gar keine Wettbewerbe. Das müssen wir ändern. Das ist das Ziel der FIFA."
Mehr Geld für den Weltverband bedeutet mehr Geld für jeden der 211 Mitgliedsverbände. Die ohnehin satte Mehrheit, die Infantino im März 2023 beim Kongress in Ruanda wiederwählen wird, wird damit gefestigt.