FIFA-Präsident Infantino wiedergewählt Mehr Fußball, mehr Geld - und mehr Macht
Gianni Infantino ist als FIFA-Präsident wiedergewählt worden. Mit mehr Spielen und mehr Geld sicherte er seine Macht - die Rechnung zahlen andere.
Mit einem warmen Applaus hob der FIFA-Kongress Gianni Infantino am Donnerstag (16.03.2023) erneut in das Amt des FIFA-Präsidenten. Eine Abstimmung war nicht nötig, denn niemand ließ sich gegen Infantino aufstellen, Widerspruch gab es in den Wochen zuvor kaum.
Die Zustimmung für Infantino lässt sich vordergründig auf drei Zahlen herunterbrechen. 1,1 Milliarden US-Dollar zahlte die FIFA an die 211 Mitglieder des Weltverbands im Finanzzyklus bis zur WM 2018 aus. 1,7 Milliarden waren es bis zur WM 2022 und 2,3 Milliarden sollen es bis zur WM 2026 sein.
Für diejenigen, die Infantino erneut ins Amt geklatscht haben, sind das unwiderstehliche Zahlen. "Das Geld der FIFA ist euer Geld", sagte er beim Kongress in Ruandas Hauptstadt Kigali zu den Deligierten der Nationalverbände. Das Geld für die Verbände sichert Infantinos Macht, und mehr Geld gibt es durch immer mehr Spiele.
FIFA unter Infantino: Viele Ideen für mehr Fußball
Seit seinem Amtsantritt hat Infantino die FIFA auf einen radikalen Expansionskurs getrimmt. Alle vier Jahre zur Männer-WM macht der Weltverband satte Gewinne, in allen anderen Jahren stets Verluste. Um die Einnahmen zu steigern und den eigenen Einfluss zu sichern, braucht die FIFA immer mehr Geld. Und dafür fand Infantino viele Wege.
Eine Klub-WM mit 32 Teams kommt ab 2025 alle vier Jahre. Eine "World Series" der Nationalmannschaften wurde beschlossen, und soll im März gerader Jahre ausgetragen werden. Eine B-WM der Klubs im jährlichen Rhythmus steigt ab 2024. Infantinos Ziel ist klar: Die FIFA soll beim Geldverdienen raus aus dem Vier-Jahres-Rhythmus und rein ins dauerhafte Scheffeln.
Deshalb wird der Verband im vierten Jahr nicht bescheidener: Der Goldesel Männer-WM wird ab 2026 mit 48 Teams und 104 Spielen ausgetragen. Zum Vergleich: Das sind mehr Spiele als in den ersten fünf Weltmeisterschaften der Geschichte zusammengerechnet. "Wir brauchen mehr und nicht weniger weltweite Wettbewerbe", sagte Infantino.
Nationale Wettbewerbe und das Wohl der Spieler unter Druck
Die Rechnung zahlen andere. In einer Zeit, in der die FIFA mit ihrer Riesen-WM, einer vergrößerten Klub-WM und weiteren Wettbewerben genauso mehr TV-Geld an sich zieht wie auch die UEFA mit ihrer vergrößerten Champions League ab 2024, müssen die nationalen Ligen wie die Bundesliga um ihren Platz im Budget der Fernsehsender und Streamingdienste kämpfen.
Die europäischen und weltweiten Ligenverbände kritisierten erst unmittelbar vor dem Kongress, dass sie zu den Entscheidungen für die neuen Wettbewerbe der FIFA und die WM-Erweiterung nicht einbezogen wurden. Die internationale Spielergewerkschaft schlug zuletzt ähnliche Töne an. Denn diejenigen, die die Show liefern, werden ebenfalls kaum gefragt. Doch auch hochbezahlte Fußball-Millionäre haben körperliche und mentale Grenzen.
Und vor allem können viele der Menschen, die die jüngste große Show in Katar aufgebaut haben, gar nicht mehr gefragt werden. Diejenigen, die den Aufbau der Infrastruktur für die WM überstanden haben, werden nun abwarten, was die versprochene Aufklärung der Umstände nach sich zieht.
Nicht klatschen ist zu wenig Widerspruch
Herausgefordert hat Infantino niemand. Eine Handvoll Verbände, darunter der DFB, gaben an, Infantino "nicht zu unterstützen". Das bedeutet, dass man bei der Akklamation nicht mitklatscht - es ist offenbar das Höchstmaß an Protest zurzeit. Das demokratische Mindestmaß für eine echte Abstimmung wäre eine Kandidatur gegen Infantino gewesen, auch wenn die völlige Chancenlosigkeit dagegen sprach und vielleicht auch die Tatsache, dass man nun weiter mit Infantino auskommen muss - unter anderem im FIFA-Rat, in dem auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf bald Mitglied sein wird.
DFB-Präsident Bernd Neuendorf (r.) mit FIFA-Präsident Gianni Infantino bei der WM in Katar
Doch wie geht es weiter? Infantino ist nun bis 2027 gewählt, aber seine Show wird dann keineswegs zu Ende sein. Er kann sich laut aktueller FIFA-Statuten 2027 ein letztes Mal bis 2031 wiederwählen lassen. Die Unzufriedenheit mit Infantino ist nur in wenigen ausgewählten europäischen Ländern groß. Der dänische Verbandspräsident Jesper Möller Christensen sprach während der WM nach dem PR-Desaster um die "One Love"-Kapitänsbinde davon, dass man jemanden suchen und gegen Infantino aufstellen müsse - doch da war die Frist für eine Kandidatur schon lange abgelaufen.
Ein Gegenkandidat oder eine Gegenkandidatin für das Jahr 2027 müsste deutlich professioneller aufgebaut werden. Und diese Person müsste gute Argumente mitbringen, um die Mehrheit der 211 Nationalverbände zu überzeugen. Infantino hat eindrucksvoll vorgemacht, wie das in der FIFA am besten gelingt.