Linda Caicedo weinte nach dem WM-Aus.
analyse

WM-Überraschung zwischen Trauer und Stolz Kolumbien - Tränen bei Caicedo, große Worte vom Trainer

Stand: 13.08.2023 12:31 Uhr

Die Trauer war groß, das Erreichte aber großartig: Außenseiter Kolumbien schaffte es bei der Frauen-WM bis ins Viertelfinale. Besonders auf Linda Caicedo wartet eine große Zukunft.

Schon vor dem Start der Frauen-WM in Australien und Neuseeland war Kolumbien eines der gefürchtetsten Teams. Die Südamerikanerinnen hatten kurz vor Beginn des Turniers den Stempel der Treter-Mannschaft aufgedrückt bekommen, ihre Spielweise war als überhart deklariert worden. Grund dafür war, dass Irland ein Vorbereitungsspiel gegen Kolumbien nach 20 Minuten abgebrochen hatte, die Spielerinnen hätten "um ihren Körper gefürchtet", hieß es von der irischen Trainerin Vera Pauw.

Kolumbien hat das offenbar nicht geschadet, ganz im Gegenteil. Die Furcht einflößenden Erzählungen waren durchaus eine Hilfe. Denn schon im Vorfeld der Partien war immer wieder bei den Gegnerinnen das robuste Auftreten zum Thema gemacht worden, auch im deutschen Lager war da durchaus viel Respekt zu spüren. Und weil das nicht nur beim DFB-Team so war, konnte es Kolumbien schaffen, zur Überraschung der WM zu werden. Doch nicht nur deswegen.

Heimspiele ganz weit weg von der Heimat

Neben Australien wurde kein Team auch nur annähernd so von den Fans getragen wie die Kolumbianerinnen. Jedes Spiel wurde zum Volksfest in den Farben Gelb und Blau, ein Hexenkessel von ohrenbetäubendem Lärm. Obwohl sie über 15.000 Kilometer von zu Hause entfernt waren, hatten sie bei dieser WM quasi nur Heimspiele.

"Es ist fantastisch, was die Menschen in Australien geleistet haben, diese Unterstützung war unglaublich, wir haben uns wie zu Hause gefühlt", sagte Trainer Nelson Abadía, der die Begeisterung für seine Spielerinnen gut nachvollziehen kann. "Ich weiß, dass diese Mannschaft aufgrund ihrer Arbeitsbereitschaft und fußballerischen Klasse das Publikum seit der Copa América im Land und weltweit in den Bann zieht." Im eigenen Land hatte es Kolumbien da ins Finale gegen Brasilien geschafft und eine Euphorie im Frauenfußball ausgelöst.

Caicedo überstrahlt alle

Vor allem eine Spielerin ist es, die von den Fans veehrt wird: Linda Caicedo. Die 18-Jährige berührte mit ihrer Geschichte (vor drei Jahren war sie an Krebs erkrankt), verzauberte mit ihrer leichtfüßigen Spielweise und ein ganzes Land weinte mit ihr, nachdem Kolumbien im Viertelfinale mit 1:2 an Europameister England gescheitert war.

Unvergessen wird ihr Tor gegen Deutschland bleiben, ein Tänzchen mit dem Ball und ein famoser Schuss in den Winkel des langen Torecks. Es könnte am Ende das schönste dieses Turniers gewesen sein. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg bezeichnete Caicedo danach als "großartige junge Spielerin". Sie wünsche sich jedoch, dass "man gut auf sie aufpasst".

Caicedos Traumtor im Spiel gegen Deutschland

Sportschau FIFA Frauen WM, 30.07.2023 13:44 Uhr

Der Hype um die Spielerin ist aber unaufhaltsam - und sie selbst wohl auch. Für viele steht fest, dass Caicedo eine große Karriere bevorstehen dürfte. Bei der Copa wurde sie schon zur besten Spielerin gewählt, seit diesem Jahr spielt sie bei Real Madrid und wenn sie so weitermacht, wird sie Europa im Sturm erobern.

Kolumbien hatte keine Angst und zeigte den besten Fußball bei dieser Weltmeisterschaft.
Kolumbiens Trainer Nelson Abadía

Der beste Fußball bei dieser WM?

Man muss aber auch sagen: Fernab von Caicedo hat Kolumbien keine Mannschaft, die das Zeug zur Weltspitze hat. Spielerinnen wie Manuela Vanegas oder Leicy Santos haben auch ihre Qualitäten, insgesamt hat das Team aber bei der WM mehr als das Optimum aus seinen Möglichkeiten geholt. Wobei Trainer Abadía das durchaus anders sieht.

"Kolumbien hatte keine Angst und zeigte den besten Fußball bei dieser Weltmeisterschaft", posaunte der 67-Jährige nach dem Ausscheiden. Das war seiner Meinung nach unglücklich, obwohl die Engländerinnen das Spiel bestimmten und auch früher hätten entscheiden müssen. "Leider besteht Fußball aus Fehlern und Tugenden. Dieses Mal hatten wir Fehler, die wir nicht hätten begehen sollen, aber wir können beruhigt sein, weil wir eine gute Weltmeisterschaft gespielt haben. Wir haben gezeigt, welchen Fußball Kolumbien spielen kann und welche Fortschritte wir gemacht haben", sagte Abadía.

Und er betonte, dass der Vizetitel bei der Copa und der Einzug unter die letzten Acht bei der WM erst der Anfang gewesen sei. "Es stehen sehr wichtige Wettbewerbe an. Ich bin Profi und als solcher will ich immer mehr", so der Kolumbien-Coach.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau FIFA Frauen WM | 12.08.2023 | 09:05 Uhr