Reform des Kinderfußballs Hannes Wolf will kleinere Teams auch bei älteren Kindern
DFB-Direktor Hannes Wolf möchte bei der Kinderfußball-Reform nachbessern. Aber nicht, wie von BVB-Geschäftsführer und DFB-Vizepräsident Hans-Joachim Watzke gefordert, mit mehr Tabellen, sondern im Gegenteil: mit kleineren Teams auch bei den Älteren.
Änderungsbedarf sehe er bei drei Details, sagte der Direktor für Nachwuchs, Training und Entwicklung im Interview mit der Sportschau: Bei der konsequenteren, einheitlichen Umsetzung der Rückpassregel und bei den Teamgrößen in der D- und E-Jugend.
Die tief greifende Reform verändert den Spielbetrieb von der G- bis zur E-Jugend grundlegend. Turniere mit mehreren Kleinfeldern und kleinen Teams ersetzen die klassischen Vereinsduelle. In der E-Jugend allerdings lässt der DFB bisher als Variante noch einen Ligabetrieb im Sieben gegen Sieben zu.
Es sei sinnvoll, dass diese Option künftig wegfalle, regt Wolf an. Da sei er sich mit seinem DFB-Kompetenzteam einig. "Für uns ist klar, dass es nicht größer als Vier gegen Vier plus Torwart sein darf." Es brauche klare, eindeutige Regeln, sagte Wolf.
Sieben gegen Sieben in der D-Jugend
Die D-Jugendlichen (U12 und U13) waren bisher nicht Teil der Reform, auch hier würde Wolf gerne im nächsten Schritt ansetzen. Statt dem bisher meist praktizierten Neun gegen Neun wünsche er sich ein Sieben gegen Sieben, denn dann habe ein Stürmer nicht nur 15 Mal den Ball, sondern 50 Mal. "Wenn wir das über die Zeit rechnen, dann entwickeln wir die Spieler im kleineren Format ganz klar besser", sagte Wolf.
Neben einem Hauptfeld könne ein Nebenfeld mit einem zusätzlichen Spiel aufgebaut werden, gegebenenfalls auch in kleineren Gruppen, damit alle in Bewegung sind. "Am besten wäre, wenn wir zwei Felder haben für Sieben gegen Sieben, denn dann bilden wir in der D-Jugend zum Beispiel nicht nur einen Torhüter pro Mannschaft aus, sondern zwei, die gleichzeitig spielen können", sagte Wolf.
Rückpassregel auch bei den Jüngeren
Die Rückpassregel würde Wolf gerne schon in der E-Jugend einheitlich und konsequent angewendet sehen. "Wenn du in einem Vier gegen Vier den Torhüter anspielen kannst und er darf dann den Ball aufnehmen, hat das keinen Sinn. Denn du kannst immer den Druck nach hinten auflösen, das wird dann auch als taktisches Mittel automatisch genutzt und ist kontraproduktiv."
Nach Wolfs Anregungen wären nun laut DFB weitergehende Diskussionen in Fachbereichen, mit den Landesverbänden und Vereinen der nächste Schritt, um Grundlagen für mögliche Beschlüsse zu schaffen. "Das heißt auch nicht, dass das jetzt morgen geändert wird. Aber für mich ist klar, dass das Spiel dadurch besser würde und dass wir die Themen angehen werden", sagte Wolf.
Kritik von Hans-Joachim Watzke
Die Reform hatte zuletzt hohe Wellen geschlagen, weil Fußball-Prominente wie Ralf Rangnick, Steffen Baumgart und Hans-Joachim Watzke den Wegfall von Tabellen und offiziellen Ergebnissen kritisierten. Borussia Dortmunds Geschäftsführer Watzke, auch Vizepräsident des DFB, nannte die Reform "unfassbar" und "nicht nachvollziehbar". Er forderte Wolf auf, in den nächsten ein, zwei Jahren Handlungsalternativen aufzuzeigen.
Wolfs aktuelle Vorschläge würden nun jedoch keinen Schritt zurück zum klassischen Ligabetrieb bedeuten, wie es Watzke wohl im Sinn hatte, sondern eine noch konsequentere Umsetzung der Reform mit kleineren Teams. In der D-Jugend solle es aber "auf jeden Fall" weiterhin Tabellen geben, sagte Wolf, auch mit den kleineren Siebener-Teams.
Gefragt nach möglichen Tabellen in der E-Jugend sagte Wolf: "Tabellen sind in diesem Alter nicht so relevant. Relevant ist, dass die Kinder ganz oft den Ball haben und ganz oft in Aktion sind. Und das sind sie im Kleinformat eher, gerne mit Turnieren oder Spielfesten. Auch dort lernen sie zu gewinnen und zu verlieren, auch dort erleben sie Siege und Niederlagen, sogar mehrfach an einem Tag. Wichtig wäre mir, dass die Kinder über das Jahr konstant oft spielen und trainieren können."
Unterschiede an der Basis
Der DFB hatte einen Leitfaden für die Ausrichtung von Spielfesten entwickelt, an dem sich die Landes-, Kreis- und Stadtverbände orientieren können. Von der Saison 2024/25 sind die neuen Spielformen bundesweit verpflichtend.
Schon jetzt werden sie vielerorts umgesetzt, die Regeln sind aber mitunter sehr verschieden. Denn letztlich entscheiden weiterhin die Landesverbände und teilweise auch die Stadt- und Kreisverbände für sich, wie sie die Spielfeste im Detail ausrichten.
Wolf: "Flexibilität ja, aber ..."
Mit der Option, in der E-Jugend auch eine Sieben-gegen-Sieben-Liga ausrichten zu dürfen, war der DFB skeptischen Verbänden und Nachzüglern entgegenkommen. Besonders Kinder und Trainer, die schon länger im klassischen Spielbetrieb spielen, können es als Rückschritt empfinden, wenn sie auf die neuen Spielformen wechseln sollen.
"Flexibilität ja, aber sie muss da aufhören, wo sie nicht mehr gut für die Kinder ist", sagte nun Wolf. "Sechs gegen Sechs plus Torwart in der E-Jugend ist aus unserer Sicht nicht richtig. Die Belgier und viele andere Nationen werden sonst nach der E-Jugend immer besser sein als wir." Vor allem die Kleineren, meist spät im Jahr Geborenen, gingen im Sechs gegen Sechs komplett unter, sagte Wolf. "Mehrere Felder sind gleichzeitig auch Eliteförderung, denn wenn die besten drei oder vier der einen Mannschaft gegen die besten drei oder vier der anderen Mannschaft spielen, spielen sie auf einem höheren Niveau."
"Trainingsphilosophie Deutschland" ausgerufen
Möglichst viel spielen, in kleinen Teams und auf Tore - dieses Prinzip will Wolf auch im Training der Kinder und Jugendlichen stärker etablieren. Dafür hat er die "Trainingsphilosophie Deutschland" ausgerufen, die ein Trainer-Leitfaden werden soll von den Bambinis bis zur A-Jugend, von der Kreisklasse bis in die Nachwuchsleistungszentren.
Was es genau damit auf sich hat und wie er die Idee im sperrigen, föderalistischen System des deutschen Fußballs durchsetzen will, hat er im Interview mit der Sportschau erläutert.