BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hat nach dem Dortmunder Fehlstart Verständnis für Pfiffe der Fans.

Forderung nach Alternativen DFB kontert Watzke-Aussagen zum Kinderfußball

Stand: 07.09.2023 16:31 Uhr

Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hat DFB-Pläne zur Verringerung des Leistungsdrucks im Kinderfußball als "unfassbar und für mich nicht nachvollziehbar" bezeichnet. Er kündigte eine Reform der Reform an - der DFB reagierte prompt.

Auf die Frage, ob es eine Reform der Reform brauche, sagte Watzke auf einem Unternehmertag in Essen: "Ja. Und das haben wir gerade beschlossen." Der neue DFB-Sportdirektor Hannes Wolf solle "versuchen, uns in den nächsten ein, zwei Jahren Handlungsalternativen aufzuzeigen", so Watzke, der auch 1. Vizepräsident des DFB ist.

Hintergrund: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will ab 2024 neue Spielformen im Nachwuchsbereich bundesweit umsetzen, um Leistungsdruck zu minimieren und die sportliche Entwicklung der Kinder stärker in den Vordergrund zu rücken. Wichtigstes Ziel der Reform in den Altersklassen U6 bis U11 sei es, "mit einer kindgerechten Art des Fußballs den Spaß am Spiel nachhaltig zu fördern", so der DFB. So soll es künftig so genannte Spielfeste geben.

Sportdirektor Wolf Befürworter der Reform

Schon Österreichs Nationaltrainer Ralf Rangnick, Kölns Trainer Steffen Baumgart und Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann hatten die Reformpläne kritisiert. Watzkes Aussagen legen nahe, dass die Reform auch innerhalb des DFB kritisch diskutiert wird: Hannes Wolf selbst hatte sich bei seinem Amtsantritt als starker Befürworter der Reformen gezeigt.

Am Mittag nach den Watzke-Äußerungen verschickte der DFB dann auch prompt eine Einladung für den 27. September: Dann soll Wolf im Rahmen einer Pressekonferenz über Kinder- und Nachwuchsfußball sowie die Trainingsphilosophie in Deutschland sprechen.

"In den neuen Spielformen im Kinder- und Jugendfußball wird Leistung gefordert und durch die unmittelbare Rückmeldung des Gewinnens und Verlierens gefördert", wird der DFB-Sportdirektor "aus aktuellem Anlass" zitiert. 

DFB kontert Watzke-Aussagen

Kurz darauf folgte eine zweite Pressemitteilung seitens des DFB, in der der Verband betonte, dass die Reform "nach einer mehrjährigen Pilotphase einstimmig verabschiedet" wurde. Der Empfehlung des DFB-Bundesjugendtages sei der DFB-Bundestag im März 2022 einstimmig gefolgt. Auch auf die "verbindliche bundesweite Durchführung mit Beginn der Saison 2024/2025" wies der DFB hin.

Ob also, wie von Watzke angeregt, vom DFB "Handlungsalternativen" präsentiert werden, darf angesichts der Ausführungen des Verbands als fraglich angesehen werden. Was Watzke also mit den Worten "das haben wir gerade beschlossen" meinte, bleibt unklar.

Niederlagen laut Watzke wichtig

Den angeblichen Wegfall von Gewinnen und Verlieren hatte Watzke am Mittwoch in Essen kritisiert: "Wenn du als Sechs-, Acht- oder Neunjähriger nie das Gefühl hast, was es ist, zu verlieren, dann wirst du auch nie die große Kraft finden, um auch mal zu gewinnen."

Dabei soll es weiterhin Sieg und Niederlage beim Kinderfußball geben. Markus Hirte, Leiter der Talentförderung beim DFB, verweist auf das Champions-League-Prinzip bei den so genannten Spielfesten: Die Gewinnermannschaft rotiert ein Spielfeld vor, das Verliererteam ein Feld zurück. "Das provoziert noch mehr Wettbewerb und Ergebnisse", sagte Hirte gegenüber Sport inside. "Das ist sehr intensiv."

Weiter Sieg und Niederlage, aber weniger Druck von außen

Wichtig sei die intrinsische Motivation, also die innen kommende, sagt Joti Chatzialexiou, der sportliche Leiter der DFB-Nationalmannschaften: "Auch mit Blick auf die Nationalmannschaften und den Profibereich wollen wir Fußballer haben, die intrinsisch motiviert gewinnen wollen und nicht, weil es eine Tabelle gibt."

Den naturgegebenen Ehrgeiz betont auch U15-Nationaltrainer Christian Wück. "Bei den Kindern geht es immer um das Ergebnis, die wollen immer gewinnen, die wollen immer gut spielen." Was dagegen reduziert werden soll, ist der Druck von außen. "Wichtig ist, dass es bei den Trainern, Eltern und Verwandten nicht um das Ergebnis geht."

Aktuell viel Frust

Hintergrund: Nach mehreren Jahren mit Pilotprojekten hat der DFB festgestellt, dass der klassische Spielbetrieb Schwächen hat. Starre Teamgrößen führten dazu, dass einige Kinder kaum oder nur wenig Einsatzzeiten bekamen. Das führt zu Frust. So kehren viele Kinder dem Sport schon früh den Rücken.