Treffen in der Schweiz UEFA mit Machtdemonstration gegen die Super League
Die neuen Vermarkter der Super League wollten ein Treffen mit der UEFA - und bekamen eine Abfuhr auf breiter Front durch viele Teile des europäischen Fußballs.
Der frühere RTL-Chef Bernd Reichart, der die Super League mit der Vermarktungsagentur A22 beim zweiten Versuch ihrer Gründung vertritt, veröffentlichte vor dem Treffen in Nyon ein Video von sich aus der Schweiz. "Wir werden ein persönliches Treffen mit dem UEFA-Präsidenten Aleksander Ceferin haben", sagte Reichart, "ich freue mich darauf." In Nyon erwartete ihn und seine beiden Begleiter von A22 jedoch eine Überraschung.
Super-League-Vertreter von geballter Prominenz empfangen
Denn in der UEFA-Zentrale empfing ihn Ceferin nicht alleine, sondern mit der versammelten Prominenz der europäischen Fußballpolitik. Der europäische Ligenverband mit dem spanischen Ligachef Javier Tebas, die Klublobby ECA mit Chef Nasser Al-Khelaifi und zahlreichen weiteren Vorstandsmitgliedern, Vertreter der internationalen Spielergewerkschaft FIFPRO und von internationalen Fan-Bündnissen machten dem Gast aus der Super League in einem mehr als zwei Stunden langem Treffen klar, dass die Super League in diesem Raum nicht erwünscht ist.
"Die UEFA hat A22 die Möglichkeit gegeben, sich an alle Vertretungen des europäischen Fußballs zu wenden", schrieb die UEFA in einer Mitteilung. Alle hätten dem Gast von der Super League gesagt, "dass der Widerstand gegen die selbsternannte Super League auch heute noch so groß ist wie seit April 2021." Man werde bei der Entwicklung des europäischen Fußballs "alle anerkannten Interessenvertreter" berücksichtigen, womit die Agentur A22 nicht gemeint ist. Es war eine deutliche Machtdemonstration der UEFA, für die A22-Vertreter geradezu ein Hinterhalt.
Auch aus Deutschland waren wichtige Personen angereist: DFL-Geschäftsführerin Donata Hopfen, DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke von Borussia Dortmund, Oliver Kahn und Karl-Heinz Rummenigge von Bayern München als Teil des ECA-Vorstands.
Rummenigge: "Sie haben das Spiel für immer verloren"
Ein Teilnehmer der Sitzung schilderte im Gespräch mit der Sportschau den Ablauf der Sitzung. "Sie haben mit irgendwas gerechnet, die sind nicht blöd. Aber von der Anwesenheit so vieler wichtiger Menschen aus dem Fußball waren sie offensichtlich überrascht", sagte er: "Und sie haben nichts zu sagen gehabt. Mehrfach wurde gefragt, wie das alles aussehen soll - die haben im Grunde nichts gesagt. Irgendwann fragte jemand, warum wir uns eigentlich miteinander treffen, wenn ja doch nichts vorgestellt werden soll."
Karl-Heinz Rummenigge zur Super League: "Sie haben verloren."
Rummenigge, der als Ehrenmitglied immer noch Teil der ECA ist, habe das Wort ergriffen und gesagt: "Im Fußball muss man wissen, wenn man ein Spiel verloren hat. Und sie haben es für immer verloren." Die A22-Vertreter um Reichart gaben zudem an, nicht für die drei verbliebenen Super-League-Klubs Real Madrid, FC Barcelona und Juventus Turin zu sprechen, was im Saal die Frage aufwarf, für wen sie überhaupt sprechen würden.
Krieg der Worte auch nach der Sitzung
A22-Chef Reichart teilte nach dem Treffen mit: "Wir haben aus dem Treffen mitgenommen, dass der Status quo für die UEFA zufriedenstellend ist. Diese Position wurde erwartet." An dem Treffen hätte neben UEFA-Präsident Ceferin "eine große Gruppe anderer Führungskräfte" teilgenommen.
Die UEFA reagierte umgehend mit einer weiteren Mitteilung und schrieb: "Die UEFA überprüft derzeit die Aufzeichnung, um festzustellen, ob A22 über dasselbe Treffen spricht." Die "anderen Führungskräfte", auf die sich A22 beziehe, seien "keine gesichtslosen Bürokraten", sondern Menschen aus hochrangigen Interessengruppen: "Das nicht zu erkennen, ist respektlos." Die UEFA bilanzierte in der Mitteilung zu den fehlenden Details: "Sie behaupten, den Dialog zu wollen. Aber als sie die Chance bekamen, hatten sie nichts zu sagen."
Reichart wirbt mit "überarbeitetem Format"
Bernd Reichart versucht seit einiger Zeit, in zahlreichen Interviews Überzeugungsarbeit für die Super League zu leisten. Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk Ende Oktober verwies er darauf, dass ein überarbeitetes Format einen Auf- und Abstieg beinhalten solle und eben kein geschlossenes Modell sei.
Vertritt die Super League: A22-Chef Bernd Reichart
Er kritisierte, dass die Reform der Champions League den Wettbewerb nur aufblase, statt ihn zu verbessern. Die Finanzen im europäischen Fußball seien schlecht kontrolliert und schlecht überwacht, das Interesse bei Jugendlichen lasse außerdem nach. Lösungsvorschläge für die angesprochenen Probleme und vor allem konkretere Angaben zum Format äußerte er bislang kaum oder nicht.
Für die Bundesliga und andere nationale Ligen dürfte auch eine Super League "mit Auf- und Abstieg" inakzeptabel sein. Die Ligen wären nicht mehr die alleinige Fahrkarte in den Europapokal, was eine deutliche sportliche und damit auch finanzielle Abwertung bedeuten würde.
Frage der Super League beschäftigt den Europäischen Gerichtshof
Die erste Super League war am 18. April 2021 gegründet und innerhalb von 48 Stunden wieder abgesagt worden. Von den Gründungsmitgliedern Real Madrid, FC Barcelona, Atlético Madrid, Juventus Turin, AC Mailand, Inter Mailand, Manchester United, Manchester City, FC Liverpool, FC Chelsea, FC Arsenal und Tottenham Hotspur blieben am Ende mit Real, Barcelona und Juventus nur drei übrig.
Diese drei Klubs haben sich bis heute nicht von dem Format losgesagt und beschreiten derzeit den Rechtsweg, um einen neuen Versuch einer Super League zu ermöglichen. Das 17. Handelsgericht in Madrid hat dafür am Europäischen Sportgerichtshof die Frage vorgelegt, ob sich die UEFA als Organisatorin der Wettbewerbe kartellrechtswidrig verhalte. Am 15. Dezember soll es eine erste Einschätzung geben, erst für 2023 wird eine Entscheidung erwartet.
Klar ist also, dass die Abfuhr bei der UEFA längst nicht das Ende der Super League bedeutet. Und Reichart teilte vielsagend mit: "Wir sind ermutigt, dass wir bereits von zahlreichen Klubs kontaktiert wurden und mit ihnen in Gesprächen sind, um eine nachhaltige Grundlage für den europäischen Klubfußball zu entwickeln."