Fußball | UEFA Nachfolge des Financial Fairplays der UEFA: Gangbarer Weg für die Bundesliga
Die UEFA begräbt das "Financial Fairplay" und beschließt "Regularien zur finanziellen Nachhaltigkeit". Mit den Eckdaten kann die Bundesliga leben - die Durchsetzung von Sanktionen bleibt der Knackpunkt.
Am 7. April soll das UEFA-Exekutivkomitee das neue Regelwerk beschließen. Neben dem neuen Namen besteht das neue Regelwerk wie von der Sportschau berichtet vor allem aus zwei zentralen Punkten:
- Von dem, was ein Klub im Fußballgeschäft einnimmt, darf er künftig nur 70 Prozent für den Kader ausgeben, dazu sollen neben Ablösesummen auch Gehälter und Beraterhonorare zählen.
- Ein Defizit zwischen Einnahmen und Ausgaben soll ein externer Geldgeber/Investor künftig in Höhe von 20 Millionen Euro pro Saison ausgleichen dürfen. Hinzu könnten weitere 10 Millionen kommen, die an Bedingungen geknüpft wären. In der bisherigen Regelung sind es grundsätzlich 10 Millionen pro Saison.
Die Regeln sollen über einen Zeitraum von drei Jahren schrittweise eingeführt werden. Damit ist der ursprüngliche Vorschlag aus Sicht der Bundesliga an entscheidenden Stellen erfolgreich entschärft worden. Vor allem die unlimitierte Zufuhr von Investorengeld, die einige der ganz großen Klubs gerne gesehen hätten, wurde auch unter Einflussnahme der Deutschen Fußball Liga (DFL) in den Verhandlungen verhindert. Für die Bundesliga sind die neuen "Regularien zur finanziellen Nachhaltigkeit" also zumindest ein gangbarer Weg.
Manche Klubs wollten deutlich weniger Regulierung
Fallen lauern in den Details, die noch nicht alle final ausverhandelt sind. Ein Beispiel: Einige größere Klubs wollten Lohnnebenkosten in der Rechnung aus Einnahmen und Ausgaben nicht berücksichtigen lassen, da sie sich von Land zu Land unterscheiden. Eine solche Rechnung hätte für manche große Klubs, die hohe Gehälter zahlen, viele Millionen mehr bedeutet. Auch die 70-Prozent-Grenze für den Kader fand bei mehreren großen Klubs nicht nur Zustimmung.
"Die Meinungen und Interessen gehen stark auseinander", sagt Wanja Greuel, Geschäftsführer des Schweizer Meisters Young Boys Bern im Gespräch mit der Sportschau. Greuel, der auch im Vorstand der Klub-Vereinigung ECA sitzt meint: "Es ist ein Kompromiss. Und ein Kompromiss zeichnet sich dadurch aus, dass niemand ganz zufrieden ist." Greuel hatte wie die DFL strenge Maßnahmen befürwortet.
Kahn: Hoffnung, dass Entwicklung "zumindest gebremst wird"
Zugeständnisse mussten aber auch die Befürworter einer starken Kostenkontrolle eingehen. So ist etwa eine feste Gehaltsobergrenze kein Thema mehr. Zwischenzeitlich war nach Informationen der Sportschau eine Grenze von 500 Millionen Euro im Gespräch, die zumindest mittelfristig eine Wirkung hätten entfalten können, wenn im europäischen Fußball weiter mehr Geld ins Spiel kommt. Auch Bayern München befürwortete eine solche Grenze.
Oliver Kahn, Vorstandschef von Bayern München und stellvertretender Vorsitzender der ECA, äußerte sich mit Blick auf die grundsätzliche Einigung in den Zeitungen "tz" und "Münchner Merkur" zurückhaltend: "Ich habe die Hoffnung, dass die ständige Aufwärtsentwicklung der Gehälter und Transfersummen durch diese Reform zumindest gebremst wird."
Im Februar hatte auch DFL-Geschäftsführerin Donata Hopfen für eine Gehaltsobergrenze plädiert. Gehälter würden sich in Dimensionen bewegen, die nur noch schwer nachvollziehbar seien. "Deshalb bin ich der Meinung, dass sich der Fußball einen Gefallen tun würde, wenn man Spielergehälter reguliert. Auch, weil dies die Chancengleichheit innerhalb Europas stärken würde", sagte Hopfen in "Bild am Sonntag".
Neue Sanktion: Abstieg aus der Champions League in die Europa League
Kurzfristig ist allerdings noch ein anderer Punkt entscheidend. Denn alle Regeln sind wertlos, wenn bei Verstößen keine Sanktionen durchgesetzt werden. Und das war in der Vergangenheit die Schwäche der finanziellen Regularien der UEFA. So sollen Medienberichten zufolge Paris Saint-Germain und Manchester City 2013/14 nicht aus der Champions League ausgeschlossen worden sein, obwohl sie gegen die Regeln verstoßen haben. 2020 gelang es Manchester City, eine Sperre in der Champions League auf dem Rechtsweg zu verhindern. Bei kleineren Teams griff die Finanzkontrollkammer der UEFA dagegen aus Sicht mancher Klubs härter durch. Das Financial Fairplay schuf so häufig mehr Unzufriedenheit als Fairplay.
Im Blick bleibt neben der Durchsetzbarkeit auch die Wirksamkeit von Sanktionen. Mittlerweile werden einige Teilnehmer der Champions League von Staatsfonds reicher Länder wie Katar oder den Vereinigten Arabischen Emiraten gelenkt. Solche Klubs können Geldstrafen problemlos in ihre Gesamtstrategie einpreisen. Eine neue Form der Sanktion könnte künftig für ein wenig Abschreckung sorgen.
Laut letztem Verhandlungsstand soll nach Informationen der Sportschau nicht nur zwischen finanziellen Sanktionen und sportlichem Ausschluss aus den europäischen Wettbewerben unterschieden werden. Zusätzlich soll ein Zwangsabstieg aus der Champions League in die Europa League oder in die Conference League möglich sein. Was auf den ersten Blick weniger konsequent wirkt, wäre aber trotzdem eine harte Strafe: Die Unterschiede bei den Einnahmen zwischen den Wettbewerben sind enorm. Und für die großen Klubs zählt ohnehin nur die Champions League als relevante Bühne. Entscheidend wird auch in Zukunft sein, wie entschieden die Finanzkontrollkammer der UEFA bei Verstößen durchgreift.
Saison | Champions League (32 Teams) | Europa League (48 Teams + 8 Absteiger) |
---|---|---|
2010/11 | 754.100.000 | 150.360.000 |
2011/12 | 754.100.000 | 150.360.000 |
2012/13 | 904.600.000 | 209.000.000 |
2013/14 | 904.600.000 | 209.000.000 |
2014/15 | 987.900.000 | 239.750.000 |
2015/16 | 1.295.258.000 | 411.155.000 |
2016/17 | 1.315.343.000 | 423.188.000 |
2017/18 | 1.335.669.000 | 428.813.000 |
2018/19 | 1.931.474.000 | 559.214.117 |
2019/20 | 1.922.417.000 | 543.774.000 |
2020/21 | noch nicht veröffentlicht | noch nicht veröffentlicht |
Macht das Regelwerk den Fußball ausgeglichener? Wohl kaum
18 Monate dauerten die Verhandlungen. Sie waren auch deshalb so schwierig, weil die Pandemie zahlreiche Profifußballklubs in kurzer Zeit in große Schwierigkeiten gebracht hat. Laut UEFA hat der europäische Profifußball in der Pandemie sieben Milliarden Euro Einnahmeverluste hinzunehmen. Nicht jeder Klub hatte in dieser Phase ein großes Interesse daran, Geld von Investoren einzuschränken oder eine Kostenkontrolle mit Sanktionen zu beschließen.
Den Anspruch, den Fußball gerechter, fairer oder finanziell wie sportlich ausgeglichener zu machen, hat das neue Regelwerk nicht. Das Financial Fairplay wurde 2009 allein deshalb erfunden, um eine Überschuldung von Klubs zu verhindern, nicht um die Wettbewerbsgleichheit zu sichern. Sagenhaft reiche Staatsfonds und riesige Unterschiede bei TV-Verträgen werden es den Bundesligaklubs hinter Bayern München auch unter den neuen Regeln weiter zumindest schwer machen, in die europäische Spitze zu gelangen.