Einzelkritik Bayer Leverkusen Metronom Xhaka und ein ungläubiger Frimpong
Josip Stanisic traf, ausgerechnet er. Den Jubel sparte er sich. Alejandro Grimaldo und Jeremie Frimpong feierten mit Liebe zum Detail. Sie feierten den Sieg von Bayer Leverkusen im Spitzenspiel gegen den FC Bayern München so, wie ihre Mannschaft spielte. So kann man Meister werden. Die Leverkusener Spieler in der Einzelkritik.
Tor - Lukas Hradecky: Ist als Torhüter der besten Defensive der Bundesliga an Spiele gewöhnt, in denen er aus der Ferne zuschaut, wie vorne gezaubert wird. Hätte wahrscheinlich trotzdem nicht gedacht, dass er im Spitzenspiel gegen die Bayern so wenig auf sein Tor bekommen würde. War da, wenn doch mal ein Schuss durchkam, wie bei Kimmichs Linksschuss (84. Minute). Hatte seinen größten Auftritt, als er nach dem Spiel auf den Zaun kletterte und für die Fans den Vorsinger gab.
Abwehr - Josip Stanisic: Ihn hatten die Bayern vergessen, dabei müssten sie ihn doch eigentlich kennen. Es lief die 18. Minute, als eine flache Hereingabe von Robert Andrich durch den Strafraum rutschte. Am langen Pfosten war Stanisic ohne Gegenspieler. Den Jubel sparte er sich, schließlich ist er eigentlich ein Münchner. Von dort ist Stanisic ausgeliehen. Für Leverkusen ist das ein guter Deal, man weiß das mittlerweile: Lange war ihm der Weg in die Startelf verbaut, dann kam der Africa-Cup und mit ihm die Abwesenheit von Edmond Tapsoba und Odilon Kossounou. Stanisic hat seine Chance genutzt.
Abwehr - Jonathan Tah: Hätte beinahe schon wieder getroffen, als er nach einer Ecke köpfte. Doch Manuel Neuer hielt. Erledigte aber auch seinen eigentlichen Job hervorragend: Als Abwehrchef umsichtig bei langen Bällen der Bayern, und mit Ball am Fuß wie immer sicher. Einmal, es lief die 70. Minute, warf er sich mit aller Entschlossenheit in eine Flanke und verhinderte so, dass Harry Kane an den Ball kam. Das gelang ihm im Verbund mit Tapsoba und Hincapié überhaupt sehr gut. Kane war kein Faktor in diesem Spiel.
Abwehr - Edmond Tapsoba: War immer da, wenn es brenzlig wurde. Wie in der 24. Minute, als er Jamal Musiala den Ball vom Fuß spitzelte und so einen Münchner Konter verhinderte. Das gelang ihm in der zweiten Halbzeit noch einmal, da war Leroy Sané der Leidtragende, die Szene spielte sich in Leverkusens Fünfmeterraum ab. Gewann starke 73 Prozent seiner Zweikämpfe, und er überzeugte auch als Aufbauspieler. Bereitete das 3:0 von Jeremie Frimpong vor.
Abwehr - Piero Hincapié: Verschätzte sich kurz vor der Pause bei einem langen Ball von Noussair Mazraoui. Durfte sich anschließend bei Nebenmann Jonathan Tah bedanken, dass er Bayerns Sané unter Druck setzte und so Schlimmeres verhinderte. Es blieb Hincapiés einziger Fehler. Es war auch sein Verdienst, dass Bayerns Offensive kaum zu Chancen kam.
Mittelfeld - Nathan Tella (bis 65.): Bekam diesmal den Vorzug vor Frimpong, das hatte man nicht erwartet. Trainer Xabi Alonso wird das nicht bereut haben. Tella wurde bei seiner Auswechslung nach 65 Minuten mit Applaus verabschiedet, hatte er sich verdient. War viel unterwegs und ziemlich schnell. Scheiterte selbst mit einem Schuss an Münchens Torhüter Neuer, da war mehr drin. Später spielte er einen Doppelpass mit Grimaldo - es war die Vorlage vor dem zweiten Leverkusener Tor.
Mittelfeld - Robert Andrich: Übernahm an der Seite von Xhaka den körperlichen Part. Er kümmerte sich oft um Jamal Musiala, war selten liebevoll, aber immer energisch. Für Musiala war das keine gute Nachricht, er fand nicht ins Spiel. Andrich hatte auch mit dem Ball gute Szenen, etwa als er den Führungstreffer von Stanisic mit einer flachen Hereingabe vorbereitete.
Mittelfeld - Florian Wirtz: Einmal, es lief die 47. Minute, nahm er es mit vier Bayern auf und verlor den Ball nicht. So ein Tag war das: Wirtz hatte bei Leverkusen die meisten Ballkontakte. Er schlug Haken, die seine Gegenspieler irritierten. Er dribbelte, wenn die Zeit für ein Dribbling war. Spielte einige gute Pässe, auch das kennt man von ihm. Legte diesmal kein Tor vor und traf auch selbst nicht, stark spielte er trotzdem.
Mittelfeld - Granit Xhaka: Spielte tatsächlich auch mal einen Fehlpass, etwa in der 29. Minute. Da nahm er aber den rechten Fuß, es ist sein schwächerer. Fehlpässe sind bei ihm die Ausnahme. War an diesem Tag nur 61-mal am Ball, solche Werte erreicht er sonst in einer Halbzeit. Sonst war alles wie immer: Xhaka gibt das Tempo vor und auch die Richtung, er ist Leverkusens Metronom.
Mittelfeld - Alejandro Grimaldo (bis 90.): Der Kurve wandte er den Rücken zu, er zupfte an seinem Trikot, darauf die Nummer 20. Er hob die Arme. Sollte bloß niemand übersehen, wer da so schön getroffen hatte. Das war in der 63. Minute: Grimaldo spielte Doppelpass mit Tella, dann traf er mit dem linken Fuß in die kurze Ecke. Pendelte zwischen der Mittelfeld und Abwehr, füllte bei Münchner Angriffe auf zur Fünferkette. Es blieb genug Zeit, um Doppelpässe zu spielen und zu jubeln.
Angriff - Amine Adli (bis 82.): Ihn hatte Xabi Alonso als Neuner aufgestellt. Die Rolle interpretierte er anders als die Torjäger Victor Boniface (verletzt) oder Patrik Schick (agierte zuletzt unglücklich). Lief viel und oft intelligent, war gerade für Witz sehr oft anspielbar. Hatte die erste Chance des Spiels, als er nach Dayot Upamecanos Querschläger von Tella in Szene gesetzt wurde. Traf mit seinem Schuss aber nur den Oberkörper von Neuer.
Mittelfeld - Jeremie Frimpong (ab 65.): Es war eine Überraschung, dass er zunächst nur auf der Bank saß. Fügte sich nach seiner Einwechselung aber nahtlos ein. Lief in 31 Minuten vielen Bayern davon, traf erst das Außennetz (72.), dann den Außenpfosten (88.) und schließlich doch noch ins Tor (90.+5). Sank nach seinem sechsten Saisontreffer auf den Rücken, die Augen weit aufgerissen - so als könne er selbst nicht glauben, was in Leverkusen gerade passiert war.
Eingewechselt ab 82. Minute: Jonas Hofmann (für Adli), Gustavo Puerta (für Grimaldo), Adam Hlozek (für Wirtz).