Versammlung in Frankfurt Knappe Zustimmung - Klubs machen Weg für DFL-Investor frei
Die Klubs der Bundesliga und der 2. Bundesliga haben sich denkbar knapp für den Einstieg eines Investors ausgesprochen. Nun kann die DFL-Geschäftsführung in Verhandlungen mit externen Geldgebern treten. Doch es bleiben Fragen zur Rolle von Hannover 96.
Bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga (DFL) mit den 36 Klubs der Bundesliga und der 2. Bundesliga erreichte der Antrag von Präsidium und Aufsichtsrat knapp die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit. Das Endergebnis, das mittlerweile auch von der DFL bestätigt wurde:
24 Ja-Stimmen
10 Nein-Stimmen
2 Enthaltungen
"Wir werden mit diesem Mandat verantwortungsvoll umgehen", sagte DFL-Geschäftsführer Marc Lenz bei einer Pressekonferenz. Er bekräftigte, dass ein möglicher Investor "rote Linien" akzeptieren müsse. "Sonst ist es der falsche Partner." Nun gelte es, "hart zu verhandeln". "Rote Linien" soll es bei der Gestaltung des Spielplans, beim Modus oder Spielen im Ausland geben. Möglichst bis Ende März soll das Geschäft mit einem externen Geldgeber stehen.
Einige Klubs hegten Zweifel - die Gegenstimmen reichten jedoch nicht
Die Mitgliederversammlung, in der DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke krankheitsbedingt fehlte war für 11 Uhr in einem Hotel am Frankfurter Flughafen angesetzt, begann aber mit Verzögerung. Das Präsidium und der Aufsichtsrat hatten den Antrag gestellt, dass die beiden DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel mit potenziellen Investoren verhandeln und dann dem Präsidium ein Angebot zum Abschluss vorlegen sollen. Die Klubs stimmten dem Antrag schließlich mit der nötigen Mehrheit zu.
Mit dem Einstieg eines Investors will die DFL-Spitze eine Weiterentwicklung ihres Geschäftsmodells betreiben und die beiden Ligen digitaler und internationaler aufstellen. Es herrscht unter den Klubs weitgehend Konsens darüber, dass das richtig ist. Einige Klubs hegten zwar Zweifel, ob dafür ein Investor hinzugezogen werden soll - doch die Gegenstimmen und Enthaltungen reichten nicht aus.
Knapper Ausgang führt zur Frage: Wie hat Martin Kind für Hannover 96 gestimmt?
Fragen bleiben: Der Hannover 96 e.V. hatte Martin Kind, Geschäftsführer der ausgelagerten KGaA, angewiesen, mit "Nein" zu stimmen. Kind gilt als Befürworter, sein Abstimmungsverhalten wollte er nicht öffentlich machen. Auf Anfrage der Sportschau nach der Versammlung sagte Kind: "Es war doch eine geheime Wahl." Bayern DFL-Geschäftsführer Steffen Merkel sagte, dass man sich zu dem Stimmverhalten nicht äußern könne.
Seit Dienstagnachmittag (12.12.2023) liegt die Vermutung nahe, dass Kind doch mit "Ja" gestimmt hat. Nach Informationen der Sportschau stimmt die Meldung der Bild-Zeitung, nach der Zweitligist 1. FC Kaiserslautern mit "Nein" gestimmt habe. Damit sind die zehn "Nein"-Stimmen bekannt. Überprüft werden können die Angaben aufgrund der geheimen Wahl nicht. Nach Informationen der Sportschau war eine geheime Abstimmung auf analogem Weg mit Wahlzetteln und Urne beantragt und beschlossen worden. Einige Klubs hatten Sorge, dass ihr Stimmverhalten bei elektronischer Abstimmung nachverfolgbar sein könnte. Zugleich argumentierte die DFL, man habe sicherstellen wollen, das wirklich die befugten Entscheidungsträger abstimmen.
Sebastian Kramer, Präsident des Hannover 96 e. V., sagte der Bild-Zeitung, dass er Auskunft bei Kind erbeten, aber noch keine Antwort erhalten habe. "Dem Beschluss der DFL fehlt damit die Legitimation", sagte Kramer und kritisierte, dass die DFL 50+1 nicht bei Hannover durchsetze. Die DFL stellte erst 2022 selbst fest, dass bei Hannover 96 für den Verein ein "uneingeschränktes Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung" maßgeblich für die Einhaltung der 50+1-Regel sei.
Wie die Klubs abstimmten
Öffentlich bekannte Zustimmung für den Einstieg eines Investors: Bayern München, RB Leipzig, TSG Hoffenheim, Bayer Leverkusen, 1. FC Heidenheim, VfL Wolfsburg, Borussia Dortmund, Werder Bremen, Eintracht Frankfurt, Borussia Mönchengladbach, VfB Stuttgart, VfL Bochum, Mainz 05, Darmstadt 98, Karlsruher SC, Hamburger SV, SC Paderborn, SpVgg Greuther Fürth und Schalke 04.
Ablehnung kam von zehn Klubs: 1. FC Köln, 1. FC Union Berlin, SC Freiburg, FC St. Pauli, Fortuna Düsseldorf, Hertha BSC, 1. FC Nürnberg, Eintracht Braunschweig, 1. FC Magdeburg und 1. FC Kaiserslautern.
Enthaltungen: VfL Osnabrück und FC Augsburg
Unklarheit besteht bei: Hannover 96 (Geschäftsführer Martin Kind ist eigentlich dafür, der Mutterverein der ausgegliederten KGaA forderte Geschäftsführer Martin Kind aber auf, mit "Nein" zu stimmen, siehe oben).
Bei der SV Elversberg, Holstein Kiel, Hansa Rostock und dem SV Wehen Wiesbaden gibt es keine Bekanntmachung oder Information zum jeweiligen Stimmverhalten - auch bei ihnen liegt angesichts der zehn bekannten "Nein"-Stimmen eine Zustimmung nahe.
Mainz sagt "Ja", Düsseldorf sagt "Nein"
Viele Klubs machten schon vor der Abstimmung öffentlich, wie sie abstimmen wollen. Nach der Versammlung erklärten mehrere weitere Vereine ihr Abstimmungsverhalten. Beispielsweise bestätigte Mainz 05, mit "Ja" gestimmt zu haben. Stefan Hofmann, Vorsitzender des Bundesligisten, sagte: "Das war nicht aus vollster Überzeugung, aber die beste Alternative." Eine der "Nein"-Stimmen kam von Fortuna Düsseldorf, der Vorstandsvorsitzende Alexander Jobst bestätigte der Sportschau, einer Weisung der Vereinsgremien gefolgt zu sein: "Wir haben mit 'Nein' gestimmt." Auch Hertha BSC sagte im Nachgang der Versammlung, es habe gegen den Einstieg gestimmt.
Anders als im Mai stimmte der Karlsruher SC dieses Mal für den Antrag der DFL. Ausschlaggebend dafür sei gewesen, dass "zwei Hauptkritikpunkte" ausgeräumt worden sein. In einer Mitteilung des KSC heißt es: "Hierbei ging es zum einen darum, dass zum damaligen Zeitpunkt noch keine Entscheidung über die zukünftige Geschäftsführung der DFL getroffen wurde. Zum anderen sah die ursprüngliche Planung eine Ausschüttung von finanziellen Mitteln zur freien Verfügung, also ohne Zweckbindung an die Clubs, vor."
DFL will eine Milliarde - muss dafür aber 20 Jahre lang Geld abgeben
Die Rahmenbedingungen für den möglichen Investoreneinstieg:
- Etwa eine Milliarde Euro soll vom Investor kommen.
- Rund acht Prozent der Einnahmen aus den Erlösen der Vermarktungsrechte sollen im Gegenzug an den Investor gehen. Die Vermarktungsrechte sollen in einer noch zu gründenden Tochterfirma der DFL mit dem Namen "MediaCo" gebündelt werden.
- Die Laufzeit der Zusammenarbeit und auch der Zahlungen an den Investor beträgt 20 Jahre.
Die Befürworter des Investoreneinstiegs hoffen, dass der Partner mit Geld sowie einem Netzwerk und Wissen die Vermarktung der Bundesliga und der 2. Bundesliga verbessert und so die Einnahmen steigert. Mit dem dauerhaften Abzug von acht Prozent der Einnahmen wäre die DFL auf eine Steigerung der Einnahmen insgesamt angewiesen, um die Verpflichtung an den Investor auszugleichen.
Die Sorge vieler Kritiker: Halten die "roten Linien", die die beiden DFL-Geschäftsführer Lenz und Merkel versprochen haben? Der Investor soll der DFL zufolge keinen Einfluss auf die Gestaltung des Spielplans haben, nicht gegen den Willen der Klubs Spiele ins Ausland verlegen oder Playoffs in der Bundesliga einführen können. All dies bleibe in den Händen der Klubs und der DFL, sagt die Geschäftsführung. Der 1. FC Köln und viele aktive Fanszenen kritisieren aber, dass bei Private-Equity-Unternehmen mit ihren hohen Renditeerwartungen mindestens zu indirekter Einflussnahme kommen könnte.
Entscheidung mit Spaltungspotenzial
Wie beim geplatzten Deal im Mai kam Widerspruch aus der 2. Bundesliga. Bayer Leverkusens Geschäftsführer Fernando Carro hatte indirekt mit einer Abspaltung der Bundesliga von der 2. Bundesliga gedroht.
Auch wenn diese organisatorisch schwer durchsetzbar gewesen wäre, hätten andere Streitpunkte wie Machtverhältnisse in den Gremien, die Gewichtung von Stimmrechten oder die Geldverteilung aufkommen können.