Vierte Leihe mit 21 Jahren BVB-Neuling Maatsen - Karriere auf gepackten Koffern
Ian Maatsen ist der neue Shootingstar bei Borussia Dortmund. Dort muss er aber auch dauerhaft Leistung zeigen, um nicht mehr Jahr für Jahr verliehen zu werden.
Ian Maatsen müsste gewusst haben, dass ihm eine Zukunft mit vielen Umzügen bevorstehen könnte. 2018 wechselte der Linksverteidiger von der PSV Eindhoven zum FC Chelsea nach England. Als sich Maatsen (damals in der U18) gerade in London einrichtete, sollte ihm klar gewesen sein, dass das aller Voraussicht nach nicht von Dauer sein würde. Denn die jungen Spieler, die sich nicht sofort durchsetzen, sind schnell wieder weg. Chelsea plustert seinen Kader immer wieder mit Talenten auf, um sie dann woanders hinzuschicken, damit sie Spielpraxis sammeln.
Teilweise waren in den vergangenen Jahren über 30 Spieler (mehr als Spieler im Profikader waren) der "Blues" zum gleichen Zeitpunkt auf Leihbasis bei einem anderen Klub. "Hire and loan" ist eine gängige Praxis bei einigen Topklubs in Europa, bei Chelsea wird sie aber ganz besonders gelebt.
FIFA-Einschränkungen gelten bei Maatsen nicht
Um dem entgegenzuwirken, entschied die FIFA mit Wirkung zum 1. Juli 2022, Leihgeschäfte einzuschränken. "Die Ziele lauten: Förderung von Nachwuchsspielern, besseres sportliches Gleichgewicht und kein Horten von Spielern", heißt es dazu auf der Internetseite des Weltverbandes. Das Problem aber: Für Spieler bis 21 Jahre und vom Klub ausgebildete Profis gelten die Regelungen (seit Juli 2023 höchsten sieben Leihen, ab Juli 2024 höchstens sechs) nicht.
Das bedeutet für Maatsen: Chelsea kann ihn als ehemaligen Jugendspieler beliebig häufig verleihen, so lange sein Vertrag noch mindestens ein Jahr nach Beendigung des Geschäfts läuft - um die FIFA-Statuten muss sich der Klub bei ihm keine Gedanken machen. Dabei hat er im Alter von 21 Jahren jetzt schon eine Masse an Kurzzeitbeschäftigungen hinter sich.
2020 wurde der Niederländer erstmals an Charlton Athletic verliehen, 2021 ging es weiter zu Coventry City, nach nur einem Jahr zum FC Burnley. Dann blieb Maatsen ein halbes Jahr lang bei Chelsea, um in diesem Januar zu Borussia Dortmund zu wechseln. Wohl auch nur für sechs Monate.
Maatsen: BVB-Zukunft? "Warum nicht?"
Denn laut übereinstimmenden Medienberichten haben die beiden Klubs ein reines Leihgeschäft vereinbart, eine Kaufoption soll Chelsea den Dortmundern nicht zugestanden haben. So ist es meistens in einem Verein, der das Ziel hat, dass sich ihre Talente andernorts entwickeln, um dann im eigenen Klub als Leistungsträger durchstarten oder teuer verkauft werden zu können. Wobei die Erfolgsquote doch recht überschaubar ist. Was auch wenig verwundert.
Denn gerade in jungen Jahren brauchen Spieler fernab ihrer Heimat Sicherheit und Beständigkeit. Dass es die nicht geben wird, wenn ein Profi in jedem Jahr woanders spielt, ist selbstredend. Auch deswegen scheint sich auch Maatsen nach einem neuen Zuhause auf Dauer zu sehnen. Zumindest macht er dem BVB Hoffnungen, dass es eine längerfristige Bindung geben könnte. "Das werden wir nach der Saison sehen. Meine Optionen sind offen. Ich käme gerne zurück - warum nicht?", sagte Maatsen.
Chelsea sichert sich hochpreisig ab
Der Hauptgrund dafür liegt auf dem Tisch: Chelsea. In Dortmund hinterließ der 21-Jährige in seinen ersten beiden Pflichtspielen einen sehr guten Eindruck, zuletzt beim 1. FC Köln (4:0) verbuchte er auch seine erste Torbeteiligung mit einem tollen Diagonalball auf Torschütze Donyell Malen. Macht Maatsen so weiter, wird Chelsea wenig Interesse daran haben, dass er nicht an die Stamford Bridge zurückkehrt - es sei denn, der BVB ist bereit, viel Geld für ihn zu bezahlen.
Bevor die Londoner Maatsen auf Zeit nach Dortmund schickten, verlängerten sie seinen Vertrag bis 2026 und gaben ihm eine kostspielige Möglichkeit, dauerhaft zu einem anderen Verein zu wechseln. Nach übereinstimmenden Medienberichten hat der Spieler nun eine Ausstiegsklausel, die im kommenden Sommer gezogen werden kann. Sie liegt jedoch bei 35 Millionen Pfund, beim derzeitigen Wechselkurs also über 40 Millionen Euro.
Dauerhafter Durchbruch oder die nächste Leihe
Maatsen wird seine Leistungen aus den Partien in Köln und zuvor bei Darmstadt 98 (3:0) mehrfach bestätigen müssen, um den BVB oder auch einen anderen Klub davon zu überzeugen, dass er so viel Geld wert ist. In der ersten Liga waren es seine ersten beiden Startelfeinsätze seiner noch jungen Karriere. Zuvor war er bei Chelsea in dieser Saison zwölfmal in der Premier League eingewechselt worden, ansonsten kommt er bisher auf 79 Einsätze in der Championship (2. Liga) und 34 Spiele in der League One (3. Liga).
Maatsen muss in Dortmund, wo er am Sonntag (28.01.2024, 17.30 Uhr) sein erstes Heimspiel gegen den VfL Bochum erleben wird, seine Klasse dauerhaft unter Beweis stellen, um irgendwo bleiben zu können. Überzeugt er beim BVB nicht, wird wohl kaum ein Klub die 35 Millionen Pfund zahlen und auch Chelsea wird nicht mit ihm als Stammspieler planen. Die wahrscheinliche Folge: eine weitere Leihe und weiterhin eine Karriere auf gepackten Koffern.