Alexander Ehl enttaeuscht auf der Bank
analyse

"Alles auf Anfang" Die Düsseldorfer EG vor dem Abstieg

Stand: 08.03.2025 12:33 Uhr

Der Abstieg aus der DEL ist fast besiegelt. Nach der Hauptrunde bleibt kaum Hoffnung auf ein Wunder. Aber: Grund zu jammern gibt es nicht.

Frieder Feldmann ist ein guter Typ. Manchmal schlitzohrig, manchmal polemisch und immer hilfsbereit. Er ist weit mehr als nur der Pressesprecher eines großen deutschen Eishockeyvereins: Feldmann ist sein Archivar, seine rhetorische Triebfeder. Er ist mit diesem Club eine Symbiose eingegangen, die mehr als 20 Jahre lang nicht zu erschüttern war.

Als das letzte DEL-Spiel gegen Wolfsburg zu Ende gegangen war, wurde das 3:0 der DEG schnell vom großen Videowürfel geschoben. Denn in Iserlohn wurde ja noch gespielt, und in der Eishalle am Seilersee führten die Augsburger knapp mit 3:2.

Nur noch ein Tor der Sauerländer, und die DEG wäre gerettet. Das war natürlich eine bittere Pointe dieser schrecklichen Saison, dass die Düsseldorfer auf Schützenhilfe der Iserlohner hoffen mussten. Denn es gibt in Deutschland kaum zwei Eishockey-Vereine, deren Anhänger in so intensiver Abneigung miteinander verbunden sind.

Die Erlösung bleibt aus

Auf dem Eis starrten die Spieler nach oben auf den großen Würfel, auf den Rängen hofften 12.000 Fans auf die Erlösung. Sie stellte sich nicht ein. Augsburg bleibt sicher drin. Und Düsseldorf wahrscheinlich nicht. Und weil das jedem in der Halle sofort klar war, griff Frieder Feldmann zum Mikrofon, um einen Appell loszuwerden, der gleichzeitig auch eine Entschuldigung und einen Dank bedeuten sollte. Er kassierte dafür ein gellendes Pfeifkonzert.

„Das war mir schon klar, dass die Leute eine Projektionsfläche brauchen, um ihren Frust loszuwerden“, sagte Feldmann später in den Katakomben der Halle. Aber er wollte eben nicht, dass sich der umstrittene Geschäftsführer Harald Wirtz, der Sportdirektor Niki Mondt oder gar der Kapitän Philipp Gogulla den wütenden Fans stellen mussten. Feldmann dachte, er selbst sei das geringste Übel. Er dankte für die Unterstützung und beschwor: „Die DEG wird weiterleben!“

Die bitterste Stunde

Aus dem Gesicht von Niki Mondt war fast jedes Leben gewichen. Der Sportdirektor des Vereins sprach von der „bittersten Stunde“, einer „Katastrophe“ und dem verwirkten Recht, sich über „den letzten Platz mit nur 51 Punkten zu beschweren“.

Mondt war selbst einmal ein Ausnahmespieler mit mehr als 1000 Einsätzen in der DEL. Er ist gebürtiger Düsseldorfer und stieg mit der DEG aus finanziellen Gründen schon einmal ab. 1998 war das. Aber das hier, an diesem so wunderbar milden Vorfrühlingsfreitag, das war schlimmer.

Schwarzer Tag für die DEG

Philip Gogulla ist auch ein gebürtiger Düsseldorfer. Man vergisst das leicht, weil seine Profikarriere meist mit den Kölner Haien verbunden wird oder mit dem EHC München. Zurück in seiner Heimat wollte der Angreifer, dem man einst eine große Zukunft in der National Hockey League weissagte, seinen Karriereabend verbringen. Jetzt ist er der Kapitän eines sportlichen Absteigers. „Es ist schwer in Worte zu fassen und ein schwarzer Tag für die DEG“, diktierte er den Reportern in die Notizblöcke. „Wir sind als Spieler dafür verantwortlich.“

Die Null stand – ein einziges Mal

Es war eine weitere, ziemlich bittere Pointe dieses geschichtsträchtigen Abends, dass die Düsseldorfer ausgerechnet in ihrem letzten von 52 Hauptrundenspielen zum ersten Mal zu Null spielten. Henrik Haukeland, der auch für die norwegische Nationalmannschaft das Tor hütet, zeigte ungeheuerliche Paraden und war der beste Mann auf dem Eis.

Aber das war ihm kein Trost. „Furchtbar“ sei es zuletzt im DEG-Tor gewesen. Annähernd 200 Gegentore haben die Düsseldorfer hinnehmen müssen. Ein wesentlicher Grund dafür, dass die punktgleichen Augsburger am Ende wegen der besseren Tordifferenz die Klasse halten.

DEG bangt um Sponsoren

Die DEG war im deutschen Eishockey schon immer ein bisschen so wie Schalke 04 für den deutschen Fußball. Ein bisschen verrückt, ein bisschen zwielichtig und erfolgreich in einer Zeit, an die sich lebhaft nur die Alten erinnern, die noch heute mit den selbstgestrickten rot-gelben Schals in die teure Halle nach Düsseldorf-Rath hinausfahren.

Aus der guten alten Zeit haben sie ihre Lieder hinübergerettet. Das Altbierlied zum Beispiel, in dem nach dem „Held, der mit seinem Geld, die Runde bestellt“ gesucht wird. So sangen sie es auch vor dem letzten Heimspiel, und vielleicht fühlte sich auch der neue Groß-Sponsor aus der IT-Branche angesprochen, der seine in Aussicht gestellten Millionenzuschüsse stets mit dem Klassenerhalt verknüpft wissen wollte.

Es werden nun elende Wochen für die DEG anbrechen. Wochen, in denen jeder Job im Verein überprüft wird, die meisten Profis aus Düsseldorf abziehen werden, der Trainer Steven Reinprecht vermutlich von seinem Rauswurf erfährt oder gleich selbst seinen Abschied einreicht. Reinprecht hat mal den Stanley Cup gewonnen und war mit Kanada auch Weltmeister – eine alonsoeske Aura hat das nicht erzeugt.

Wer wird Meister in der DEL2?

Natürlich hoffen sie noch in Düsseldorf. Ein bisschen jedenfalls. Denn noch steht ja nicht fest, wer Meister in der DEL2 wird, und ob dieser Meister dann aufsteigen kann und wird. Aber mit Kassel, Krefeld, Dresden oder Landshut haben ambitionierte Klubs ihr Interesse an der DEL bekundet. Einzig Ravensburg könnte die Düsseldorfer mit einem Überraschungscoup ins Leben zurückholen. Sehr wahrscheinlich ist das nicht.

Wenn man Anhänger der DEG ist, dann gehen die Gedanken oft mit einer gewissen Zwangsläufigkeit zurück zu den besseren Tagen. In eine Zeit, als auch Campino und die Toten Hosen diesem Verein mit seinem verrückt-verkommenen Stadion an der Brehmstraße für immer verfielen. Die Musiker haben großen Anteil daran, dass es diesen Verein nach 90 Jahren immer noch gibt, weil sie ihm verschiedentlich sehr entschlossen unter die Arme griffen.

Deshalb gehört der Hosen-Soundtrack zum guten Ton bei jedem DEG-Spiel. „Alles auf Anfang“ gibt es in einer eigenen Eishockey-Version. Es läuft immer ein paar Minuten vor dem ersten Bully. „Alles auf Anfang. Alles noch mal von vorn“, heißt es da. „Wir werden unseren Weg nicht ändern. Alles bleibt wie es war.“ Der Hallen-DJ wird in der zweiten Liga über ein neues Lied nachdenken müssen.