Weltverband droht mit Sanktionen Machtkampf im Boxen eskaliert
Im Boxen eskaliert der Machtkampf zwischen dem angeschlagenen Weltverband IBA und abtrünnigen Nationalverbänden. Die IBA droht mit Sanktionen, auch der deutsche Verband könnte betroffen sein.
Seit 2019 ist die International Boxing Association (IBA) schon vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) suspendiert. In Tokio organisierte das IOC daher das olympische Boxturnier, in Paris wird es 2024 auch so sein. Im vorläufigen Programm für die Sommerspiele 2028 in Los Angeles fehlt die traditionelle Sportart. Das IOC sieht weiter keine Besserung in dem Verband, der unter der Führung des russischen Präsidenten Umar Kremlew in den vergangenen Jahren für so manchen Skandal sorgte.
Die IBA gelobt Besserung, überreichte dem IOC Anfang Mai ein etwa 400 Seiten langes Schreiben, in dem sie darlegt, was alles getan worden sein soll, um wieder in die Olympische Familie aufgenommen zu werden, die ansonsten so schnell niemanden fallen lässt.
Abtrünnige Verbände beim Eliteturnier in Tschechien
Als das Schreiben in Lausanne einging, hatte in Taschkent schon die Weltmeisterschaft begonnen. Noch bis zum 14. Mai wird das Turnier in der Hauptstadt Usbekistans dauern.
Sehr viele gute Boxer sind in Taschkent versammelt, etwa die Kubaner, auch die Kasachen, genau wie die Russen und Belarusen, die von der IBA schon längst wieder zugelassen sind.
US-Boxer treten in Tschechien an
Viele andere gute Boxer sind allerdings derzeit auch in Ústi nad Labem. In der tschechischen Stadt findet parallel zur WM ein traditionelles Eliteturnier für Männer und Frauen statt. Aus den USA sind 13 Boxer am Start, und vor allem das wertet die IBA als Affront.
Der Amateur-Boxverband der USA trat kürzlich aus der IBA aus, zwei Wochen nachdem sich "World Boxing" gegründet hatte. Der neue Verband will den Boxsport aus der Krise führen, die olympische Zukunft sichern. Auch der Deutsche Boxsport-Verband (DBV) war an der Gründung von "World Boxing" beteiligt, blieb aber trotzdem noch unter dem Dach der IBA.
Der Sportschau liegen diverse Schreiben vor, die eine Eskalation des Machtkampfes zwischen Kremlews IBA und abtrünnigen Verbänden belegen, die die WM wegen der Teilnahme von Russen und Belarusen boykottierten.
"Sofort abbrechen", sonst rechtliche Schritte
In einem der Schreiben fordert die European Boxing Conference, der dem Weltverband treu ergebene europäische Verband, die Veranstaltung in Tschechien "sofort abzubrechen". Ansonsten drohten Sanktionen. Welche Strafen im Raum stehen, ob sogar ein Ausschluss erwogen wird, ist nicht näher beschrieben.
In einem anderen Schreiben wandte sich die IBA direkt an den tschechischen Verband als Ausrichter und forderte, Boxer, Trainer und Offizielle aus den USA sofort vom Turnier auszuschließen. Außerdem bemängelte der Weltverband die Parallelansetzung zur WM. Dies verstoße gegen Regularien, deshalb würden sich rechtliche Schritte vorbehalten.
Tschechien beruft sich auf IBA-Boss Kremlew
Der tschechische Verband antwortete am 4. Mai und lehnte den Ausschluss ab. Verbandspräsident Marek Simak berief sich dabei auf eine Aussage von Umar Kremlew. Der zwielichtige Boss der IBA hatte gesagt, dass Athleten nicht zum "Opfer von politischen Entscheidungen" werden sollten. Diese Ansicht stütze der tschechische Verband, daher dürften die US-Amerikaner weiter am Grand Prix in Ústi nad Labem teilnehmen.
Tschechien gehört wie die USA, Großbritannien und den Niederlanden zu den Ländern, die der WM aus Ablehnung gegenüber der IBA fernblieben.
Elf deutsche Boxer in Ústi nad Labem, zwei "Privatleute" bei WM
Der deutsche Verband schickte ebenfalls keinen Boxer nach Usbekistan. Die offizielle Begründung lautete jedoch, dass das Turnier nicht in die Vorbereitung auf die Europaspiele im polnischen Krakau (21. Juni bis 2. Juli) passten, die im Gegensatz zur WM als Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris gelten.
Das Turnier in Nordböhmen scheint aber zu passen, denn in Ústi nad Labem sind laut Meldeliste sieben deutsche Boxer und vier Boxerinnen am Start. Daher drohen auch dem DBV Sanktionen.
Obwohl der DBV offiziell keinen Athleten nach Taschkent schickte, traten zwei deutsche Boxer an. Devrim Gökduman ist in der Klasse bis 63,5 Kilogramm sogar noch im Turnier. Er boxt am Samstag (06.05.2023) gegen den Kolumbianer Jose Manuel Viafara Fori um den Einzug ins Viertelfinale.
Der DBV hatte in einem Schreiben vom 1. Mai die IBA gebeten, die beiden deutschen Boxer als neutrale Athleten zu führen. "Wir legen Wert auf die Tatsache, dass es sich bei den Athleten und dem Trainer um eine Reisegruppe von Privatleuten mit deutschen Pässen handelt, die keinesfalls Deutschland oder unseren Verband repräsentieren", hatte Michael Müller, Sportdirektor des DBV, der Sportschau gesagt. Die IBA ignorierte den Wunsch, wie die Streams, Melde- und Ergebnislisten zeigen.
IBA verweigert der Sportschau Akkreditierung
Die Sportschau, die schon mehrfach kritisch über Kremlew und den Weltverband berichtet hatte, bemühte sich um eine Akkreditierung für die Box-WM in Usbekistan. Sie wurde von der IBA abgelehnt. Begründung: zu geringe Kapazitäten für ein weiteres Fernsehteam. Auch dem ZDF wurde die Akkreditierung verweigert.