Playoffs in der NBA Das schmerzhafte Scheitern von Franz Wagner und Orlando
Franz Wagner erlebt nach einer starken Saison bei den Orlando Magic das bittere, frühe Playoff-Aus. Dennoch bleibt die erstmalige Teilnahme an den Playoffs eine wichtige Erfahrung für den jungen Berliner, dem in der NBA weiter eine große Karriere prophezeit wird. Im Juli steht für Weltmeister-Brüder Franz und Moritz Wagner mit Olympia in Paris schon das nächste Highlight an.
Franz Wagner hat in seiner erst dritten NBA-Saison eine der Hauptrollen im Team von Orlando Magic. Eine der entscheidenden Fragen, die auch von vielen Experten auf den US-Kanälen vor dem Spiel sieben gestellt wurde, war deshalb: Welchen Franz würde man in Cleveland sehen?
Auswärts fühlt sich der deutsche Überflieger nicht halb so wohl wie in eigener Halle. Bei den drei Siegen der Serie gegen die "Cavs", alle daheim in Florida, trumpfte der Berliner groß auf: Er erzielte 25,3 Punkte im Schnitt, den besten des gesamten Teams, und traf 58 Prozent seiner Versuche aus dem Feld. Bei den drei Duellen in Cleveland aber sank seine Trefferquote auf 35 Prozent.
Bitteres Aus beim Playoff-Debüt für die Wagner-Brüder
Dieser Trend bestätigte sich am Sonntag (05.05.2024) im tobenden Fieldhouse mit über 20.000 Fans, das für Wagner mit 6 Punkten und 6 Korbvorlagen endete, seine bislang schlechteste Ausbeute in den Playoffs. Und mit einer 94:106-Niederlage der Orlando Magic, deren Saison damit vorzeitig endete.
Der nach wie vor erst 22 Jahre alte Wagner, der an der Seite von Bruder Moritz erstmals in den Playoffs stand, erlebte damit ein bitteres Debüt: Bei der denkbar knappen Niederlage in Spiel fünf hatte er schon den möglichen Gamewinner vergeben, beim letzten Angriff wurde er beim Korbleger von Clevelands Evan Mobley abgeräumt.
Franz Wagner: "Das Team ein wenig im Stich gelassen"
Im entscheidenden siebten Spiel war den "Cavs" klar, dass sie bei Orlando neben Superstar Paolo Banchero vor allem den jungen Berliner aus dem Spiel nehmen mussten, was ihnen dann auch gelang: Nach starkem Beginn traf Wagner im zweiten Durchgang keinen seiner neun Versuche aus dem Feld, weder aus der Distanz, noch bei seinen starken Drives zum Korb, wo Defensiv-Anführer Mobley erfolgreich den Weg versperrte.
"Ich habe von mir mehr erwartet, gerade jetzt am Ende der Saison", sagte Wagner im Anschluss und fühlte sich auch persönlich für Orlandos Scheitern verantwortlich. "Ich habe das Gefühl, dass ich mein Team ein wenig im Stich gelassen habe."
Orlando-Coach Mosley über Franz Wagner: "Er wird zurückschlagen"
Orlandos Coach Jamal Mosley fand in der Pressekonferenz dennoch nur Positives über den jungen Berliner: "Er hat alles gegeben, was er hatte, hat immer weiter gekämpft." Die drei frühen Fouls, die ihn in der ersten Halbzeit auf die Bank zwangen, hätten ihn etwas aus dem Rhythmus gebracht, sagte Mosley, bemerkte aber auch, dass bei einigen von Wagners Attacken in die Zone ein Foulpfiff ausblieb, den auf der anderen Seite ein Superstar-Spieler wie Donovan Mitchell in einer ähnlichen Situation wohl durchaus bekommen hätte.
Mosley versicherte, dass gerade eine solch schmerzhafte Playoff-Niederlage Wagner nicht von seinem Weg abbringen werde: "Er ist ein tougher Spieler. Er hat mehr Ehrgeiz als alle, mit denen ich gearbeitet habe. Er wird zurückschlagen, und das ist auch der Grund, warum er mal ein All-Star wird", sagte der Coach über den deutschen Hoffnungsträger. "Ohne Franz wären wir überhaupt nicht hier", sagte auch Magic-Anführer Banchero nach dem Playoff-Aus.
In der Tat war Orlandos komplette Offensive gegen Cleveland in der zweiten Halbzeit kollabiert. Auch Jalen Suggs, der im sechsten Spiel noch sechs Dreier versenkt hatte, traf keinen seiner Distanzwürfe. 18 Offensivrebounds sammelten die Magic, fast doppelt so viele wie der Gegner, aber auch die vielen zweiten Wurfchancen wurden vergeben.
Orlando verhilft Cleveland zu historischem Comeback
Dies ermöglichte den "Cavs", die zwischenzeitlich bis zu 18 Punkte im Rückstand lagen, ein historisches Comeback: Seit 1998, seit die NBA offiziell Play-by-Play-Statistiken erhebt, war es noch keinem Team in einem siebten Playoff-Spiel gelungen, einen derart großen Rückstand aufzuholen. Auch Moritz Wagner, der bei Orlando gerne den krawalligen Antreiber gibt und auch die "Cavs"-Spieler mehrfach erfolgreich genervt hatte, konnte seine Mannschaft nicht wieder entzünden.
So wurde dem aufstrebenden Team aus Orlando, das seine Bilanz in den vergangenen zwei Spielzeiten jeweils stark verbessern konnte, in den Playoffs am Ende wohl doch die fehlende Erfahrung zum Verhängnis. Ein Faktor, der von vielen US-Experten immer wieder als entscheidend angeführt wird: Wenn es in die Playoffs geht, die eine komplett andere Dramaturgie haben als das Aufwärmprogramm der 82 Spiele der regulären Saison, dann braucht es erfahrene Starspieler, die eine Mannschaft tragen oder selbst scoren.
Bei den Cavaliers war es Donovan Mitchell, ein auch durch einige schmerzhafte Playoff-Niederlagen gereifter Spieler, der in der entscheidenden Phase übernahm und nicht zu stoppen war, auch nicht von Orlandos starker Defensive.
Mögliche Verstärkungen für Orlando - einer wie Klay Thompson?
Für das Management in Orlando stellt sich damit die Frage, ob sie ihr junges, talentiertes Team nicht doch mit einem echten Star-Veteranen verstärken sollen, damit es künftig über die erste Playoff-Runde hinausgeht. Die wichtigsten Spieler, allen voran Allstar Banchero und Hoffnungsträger Franz Wagner, haben gültige Verträge. Beim Gehaltsvolumen des Kaders liegt Orlando im Liga-Vergleich auf den hinteren Plätzen. Genügend "Cap Space" wäre also da, um etwa einen Routinier wie Klay Thompson zu verpflichten - einer der Namen, die in US-Medien gehandelt werden. Der vierfache NBA-Champion, der bei den Warriors über Jahre ein Traum-Duo mit Steph Curry bildete, ist im Sommer als "Free Agent" auf dem Markt und könnte helfen, Orlandos Schwäche von der Dreierlinie zu beheben.
Nach Playoff-Aus Fokus auf Olympia
Auch für Franz Wagner könnten nach dem Ende der Saison Verhandlungen anstehen: Sein Rookie-Vertrag gilt noch ein Jahr, er könnte aber vorzeitig verlängern. Der Vertrag seines älteren Bruders endet dagegen schon im Sommer. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass die Magic auch Moritz Wagner halten möchten - nach der erfolgreichen, gemeinsamen Saison der "Wagner-Boys", die auch unter den US-Experten eine Menge Fans gefunden haben, darunter Shaquille O'Neal.
Das frühe Playoff-Aus eröffnet beiden nun auch mehr Zeit zur Regeneration, nachdem es mit EM und WM zuletzt in zwei aufeinanderfolgenden Sommern große Turniere gab. Im Juli steht schon das nächste Highlight mit der Nationalmannschaft an: die Olympischen Spiele in Paris.