Alpine Ski-WM Dürr und Straßer nehmen Kurs auf Slalom-Medaillen
Das Abschlusswochenende bei der Ski-WM steht traditionell im Fokus der Slalomfahrer. In Courchevel und Méribel haben zwei Deutsche Chancen auf Edelmetall.
Skirennfahrer Linus Straßer hat sich vor seinem großen Rennen ein wenig Zeit genommen, er hat sich umgesehen in Courchevel und Méribel, den beiden Austragungsorten der 47. Alpinen Ski-Weltmeisterschaften. "Mit großen Augen" blickte er etwa auf den "Altiport", den Flughafen Courchevels auf mehr als 2.000 Metern Höhe - und auf die betuchten Menschen, die dort aus den Maschinen stiegen.
Von oben blickte er aber auch nach unten - "faszinierend" sei dieses offene Tal, ein Traum für alle, die die Berge lieben. Da sind sich derzeit ohnehin alle einig in diesem prächtigen, gerade vom Sonnenschein geküssten, aber auch teuren Skigebiet. Natürlich auch Lena Dürr - auch wenn sie betont, dass sie das im Gegensatz zu Straßer nicht überrascht hat. Sie war ja schon einige Male hier.
Straßer: "Wir sind ein Team, wir machen das zusammen"
Es ist allerdings einer der wenigen Gegensätze der beiden in diesen WM-Tagen. Schließlich eint Dürr und Straßer, die an diesem Abend beide mit einem Grinsen auf Barhockern im Teamhotel Platz nehmen, so vieles.
Fast parallel verliefen ihre Karrieren beim Deutschen Skiverband. Früh galten sie als hoch talentiert, doch es dauerte, bis der berühmte Knopf aufging. Mittlerweile zählen sie aber beide zur Slalom-Weltspitze. In Frankreich ärgerte sie nun beide, wie sie sich beim Team- und Parallel-Event präsentierten, als sie ohne Medaillen blieben, - aber sie freuten sich umso mehr mit Gold-Gewinner Alexander Schmid.
"Wir sind nicht so viele, die da vorne mitfahren. Und das hilft mir und der Lena auch, wenn der Alex gut ist. Wir sind ein Team, wir machen das zusammen", sagte Straßer nach Schmids Weltmeistertitel. Am Mittwochabend (16.02.2023) nach Schmids Heimkehr saßen sie noch zusammen und "haben den Weltmeister gefeiert", berichtete Dürr tags darauf.
Dürr gewann Generalprobe in Spindlermühle
Ihre größte Medaillenchance kommt jeweils noch am klassischen WM-Abschlusswochenende: Samstag (18.02.2023, im Sportschau-Livestream) für Dürr beim Slalom in Méribel, Sonntag für Straßer (18.02.2023, im Sportschau-Livestream) beim Slalom in Courchevel.
Beide Technik-Spezialisten waren in dieser Saison schon auf dem Podium in ihrer Paradedisziplin, Dürr gewann sogar die Generalprobe in Spindlermühle. Dass sie bei ihrem Slalom-Premierensieg die US-Amerikanerin Mikaela Shiffrin schlug und deren 86. Weltcupsieg verhinderte, brachte ihr weitere Hochachtung der Konkurrenz ein. "Ich bin schon ganz anders zu einer WM angereist", sagt sie. Sie hat gerade ein gutes Gefühl.
Mit den Spindlermühle-Skiern zur ersten Einzelmedaille?
In Méribel im Kampf um ihre erste WM-Einzelmedaille setzt sie auf die gleichen Skier wie in Spindlermühle. Einen Satz verwendet sie stets im ersten, einen zweiten im zweiten Durchgang. Das wird auch diesmal der Fall sein.
Dürr vom SV Germering ist 31 Jahre, Straßer vom TSV 1860 München 30. Es hat halt ein bisschen gedauert, bis sie sich in die Form ihrer jeweiligen Leben schwangen. Für die WM sind sie jedoch nun im "perfekten Alter", findet der Sportschau-Experte Felix Neureuther: "Sie wissen auch: Viele Chancen werden sie nicht mehr bekommen. Sie haben viel Erfahrung gesammelt, wissen, mit Dingen umzugehen. Jetzt wird es Zeit, das Ganze auch abzurufen."
Straßer gewann 2021 in Zagreb und vor einem Jahr in Schladming
Irgendwann vor ein, zwei Jahren kam bei beiden der entscheidende Schub nach teilweise schweren Wintern. "Wenn ich es wüsste, wie es dazu kam, hätte ich es viel früher gemacht. Aber so habe ich eben einige gute und schlechte Erfahrungen gemacht", sagt Dürr. Daran sei sie gewachsen. "Ich sehe mittlerweile gewisse Situationen entspannter und bin noch ehrgeiziger."
Straßer findet: "Ich habe einen Prozess durchgemacht, aber dabei immer Fortschritte gesehen." Bis eben zu seinem zweiten Weltcupsieg 2021 in Zagreb, vor einem Jahr gewann er dann noch den Nachtslalom in Schladming. Selbst den frühen Einfädler dort in diesem Jahr wertet er als Teil dieses Prozesses - alles gehöre eben zu seiner Karriere.
Courchevel-Piste wird glatt
Nun soll es am besten für beide mit der ersten WM-Medaille im Slalom klappen. Anders als Dürr auf dem Sonnenhang von Méribel ist Straßer den Hang in Courchevel noch nicht gefahren.
Eines wurde bei der Riesenslalom-Entscheidung am Freitag klar: Die Piste wird auch am Sonntag eisig sein, es wird glatt für die Skifahrer. Aber ja, auch das gehört vermutlich zu diesem Prozess in der Karriere von Linus Straßer, an dessen vorläufigem Ende eine WM-Medaille stehen soll. Straßer würde sie am Sonntagnachmittag vermutlich mit den ähnlich großen Augen entgegennehmen, mit denen er jüngst auf den Courcheveler Flughafen geblickt hat.