Biathlon-WM in Oberhof Herrmann-Wick - Mit Eierlikör-Krapfen zur Goldmedaille
Es ist ein kleines Biathlon-Märchen. Nichts hatte sich Denise Herrmann-Wick sehnlicher gewünscht, als eine Goldmedaille bei der Heim-WM - ihrem vielleicht letzten großen Auftritt. Dass der Traum schon im Sprint in Erfüllung ging, hat auch mit einem zuckersüßen Erfolgsrezept zu tun.
Er schlängelte sich durch den Schnee um das Siegerpodest, 22 Wagons lang, hintereinander aufgereiht und im Rhythmus zur Musik wippend - ein menschlicher Zug, bestehend aus der deutschen Biathlon-Nationalmannschaft. Während über die Lautsprecher im Stadion der Partyschlager und die selbst ernannte Hymne der deutschen Athletinnen und Athleten "Der Zug hat keine Bremse" donnerte.
"Es ist schon gut, dass unser Lied heute so ein bisschen zum Tagesbusiness wurde. Heute wird der Tag definitiv genossen", der Gesichtsausdruck von Denise Herrmann-Wick gab keinen Grund, an dieser Aussage auch nur ein bisschen zu zweifeln. 20 Minuten zuvor war sie in einem nahezu perfekten Rennen Weltmeisterin im Sprint geworden.
Denise Herrmann-Wick hält dem Druck stand
Sie hatte dem Druck standgehalten, denn vor dem Wettkampf fiel bei der Frage nach der Topfavoritin immer wieder der gleiche Name: Denise Herrmann-Wick. "Ich hab eigentlich gar nicht so viel mitgekriegt und das war auch ganz gut. Jeder Wettkampf ist ein Neuer, da helfen mir natürlich die Erfahrungen, die ich gemacht habe. Es ist immer wieder alles möglich. Alles oder eben nichts. Da muss man den Moment nutzen und im Moment bleiben - das ist mir heute ganz gut gelungen."
Zwei Sprints hatte die 34-Jährige in diesem Winter zuvor gewonnen, ging im roten Trikot als Führende im Disziplin-Weltcup ins Rennen. Es war ein Krimi auf der Schlussrunde, den Herrmann-Wick dank einer überragenden Laufleistung für sich entscheiden konnte. Sie war wie schon so oft in dieser Saison die schnellste Frau in der Loipe und schoss zudem fehlerfrei.
Thomas Wick - "Eierlikör-Krapfen sind unser Erfolgsrezept"
Und noch etwas könnte sich positiv auf ihre Leistung ausgewirkt haben, verriet ihr Ehemann Thomas Wick, der sie auf der Strecke angefeuert hatte, mit einem Augenzwinkern: "Sie war übertrieben entspannt - ich habe nochmal für eine Eierlikör-Krapfen-Lieferung gesorgt, das ist immer so das kleine Erfolgsrezept von uns. Die habe ich ihr mitgebracht und dann haben wir noch Freunde aus dem Team dazugeholt und uns die Krapfen genüsslich einverleibt."
Auch Wick, der selbst ehemaliger Langläufer ist, wirkte im Zielbereich überglücklich. Er hatte seine Ehefrau an vielen Stationen und Weltcups der laufenden Saison begleitet und war mit ihr ins Trainingslager gefahren: "Ich glaube, keiner ist so nah dran an ihr wie ich, um zu wissen, wie hart sie für alles gearbeitet hat. Sie hat sich diesen Sprintsieg wirklich gewünscht - dass dieser Traum jetzt wahr geworden ist, ist noch ein wenig unbegreiflich."
Vom D-Zug zum Bummelzug
Nach der Flower-Zeremonie begann ein Interview-Marathon für die neue Weltmeisterin. Von Mikrofon zu Mikrofon lief sie durch die Mixed-Zone und beantwortete die Fragen der Journalisten mit einem Dauerlächeln. So schnell sie auf der Strecke gewesen war, ließ sie sich jetzt ausgiebig Zeit. Statt D-Zug also eher Bummelzug-Tempo - mit dem nächsten Halt auf der Pressekonferenz.
Nachdem sie auch hier alles beantwortet und sich die Traube der Fragensteller irgendwann aufgelöst hatte, ging es weiter zur Dopingkontrolle, bei der die beiden Schwedinnen, die auf dem zweiten und dritten Platz gelandet waren, bereits warteten. Seit ihrem Zieleinlauf waren fast zweieinhalb Stunden vergangen. Im Stadion war längst das Flutlicht angemacht worden und die Dämmerung in vollem Gang, da kam Denise Herrmann-Wick aus einer Glastür am Hintereingang der Dopingkontrolle und lächelte immer noch.
Hermann-Wick - "Ein Traum wird wahr"
Als sie gerade in den Wagen vom Shuttleservice einsteigen wollte, kamen die letzten Fans aus dem VIP-Zelt gestapft und auch sie bekamen noch ein Selfie mit der Weltmeisterin. "Ich gönne es ihr einfach so sehr, weil sie menschlich ist. Sie ist einfach bodenständig geblieben und niemals abgehoben", beschrieb es einer der Fans.
Auch Denise Hermann-Wick war voll des Lobes. Es schien, als wolle sie ihren Sieg am Freitag mit allen teilen: "Eine Heim-WM, da kribbelt es schon noch ein bisschen mehr als sonst. Ein Traum wird wahr für mich. Und wenn man so viel Support von der Seite bekommt, das puscht nochmal. Man kennt hier eigentlich in jeder Ecke irgendjemanden und das gibt natürlich Vertrauen."
Als Favoritin in den Verfolger am Sonntag
Und dann fuhr der schwarze Sportwagen mit der goldenen 1 auf der Motorhaube in die Oberhofer Nacht, in Richtung Kaserne am Grenzadler, dem Wohnort der deutschen Mannschaft während dieser Weltmeisterschaften. Auch wenn am Sonntag mit dem Verfolgungsrennen schon der nächste Wettkampf auf Denise Herrmann-Wick wartet, ist es nur schwer vorstellbar, dass der Party-Zug in dieser Nacht zu früh die Bremse zieht.