Biathlon Benedikt Doll - Ein letztes Mal Kaffee und Kuchen in Canmore
Mit Benedikt Doll verlässt der letzte Biathlet einer jahrelangen deutschen Erfolgsära beim Weltcup im kanadischen Canmore die große Bühne. Wehmut verspürt er (noch) nicht, die Pläne für die Zukunft sind schließlich schon in vollem Gange.
Abschiednehmen fällt nie leicht. Das geht auch Benedikt Doll nicht anders. Wenn der 33-jährige Schwarzwälder am Donnerstag (13.03.2024) zum drittletzten Mal in seiner Karriere die Skier anschnallen und das Gewehr schultern wird, werden ihn mit Sicherheit einige Gedanken und Bilder der vergangenen zwölf Jahre im Kopf begleiten. Bilder, die sich auch in den Köpfen zahlreicher Biathlon-Fans eingeprägt haben: Doll als Sprint-Weltmeister 2017, Doll als zweifacher Bronzemedaillengewinner bei den Olympischen Spielen 2018, und natürlich Doll als Weltcup-Sieger.
Doll ist mit sich "ziemlich im Reinen"
Sein Karriereende hatte sich abgezeichnet. Schon vor der Saison hatte der laufstarke Biathlet mit einem Abschied von der Weltcup-Bühne kokettiert. Nach der WM in Nove Mesto, bei der er seine Qualitäten mit Bronze im Einzel noch einmal unter Beweis gestellt hatte, fiel dann die endgültige Entscheidung. Vielleicht ist es auch diesem Prozess zu verdanken, dass Doll mit seiner Entscheidung "ziemlich im Reinen" ist, wie er vor den letzten Rennen in Kanada sagte.
Gedanken an einen Rücktritt vom Rücktritt schließt der "Capitano" im deutschen Team mit großer Sicherheit aus. Er spüre "Freude aufs letzte Rennen, keine Wehmut", betonte Doll vor den Wettkämpfen in Canmore. "Ich trauere nicht dem Sport hinterher und frage mich, warum ich nicht länger mache. Ich könnte ja weitermachen, wenn meine Motivation noch da wäre."
Das ist sie allerdings nicht. Schon in der Vergangenheit hatte Doll regelmäßig betont, dass es für ihn noch etwas anderes außer Biathlon im Leben gibt. Spätestens mit der Geburt seines Sohnes im Sommer 2022 haben sich die Prioritäten geändert. So hat Doll bereits die Weichen für die Zukunft gestellt. Im Herbst will er in Offenburg ein Studium über nachhaltige Energiesysteme anfangen. "Das ist ein Traum und ein Wunsch von mir", so Doll. Auch, um seinen "bislang als Sportler nicht so guten CO2-Abdruck zu verbessern."
Doll sorgt für Zusammenhalt im deutschen Team
Das dürften die Verantwortlichen im Deutschen Skiverband (DSV) zwar begrüßen, dennoch hätte man sich Doll mit Sicherheit auch in einer anderen Funktion gewünscht. Nämlich weiter hautnah an den Schießständen und Langlaufstrecken im Weltcup. Zweifelsohne wären Dolls jahrelange Expertise sowie seine umgängliche und reflektierte Art die idealen Voraussetzungen für eine Weiterbeschäftigung im deutschen Biathlon.
Doll trug über Jahre viel Verantwortung und war insbesondere nach den Rücktritten von Simon Schempp, Arnd Peiffer und Erik Lesser enorm wichtig für den Zusammenhalt im deutschen Team. Unvergessen sind seine Einladungen zu Kaffee und Kuchen vor den Rennen. Ein Ritual, das auch vor den finalen Wettkämpfen in Canmore natürlich nicht fehlen darf.
"Ich werde nicht professionell in den Trainerberuf wechseln"
Als Trainer, soviel ist sicher, wird Doll die Kuchentafel in Zukunft allerdings nicht vorbereiten. "Ich werde nicht professionell in den Trainerberuf wechseln. Da zieht es mich nicht hin, da habe ich keine Lust zu", gab der achtfache Weltcup-Sieger zu Protokoll. Eine ehrenamtliche Tätigkeit, wie zum Beispiel Kindertrainings leiten, könne er sich zwar vorstellen, "aber hauptberuflich werde ich nichts machen."
Eine Expertenrolle, wie sie auch seine ehemaligen Teamkollegen Peiffer und Lesser ausüben, wäre grundsätzlich schon eher vorstellbar. "Aber mal schauen, was das für ein Aufwand ist. Ich will nicht wieder die ganze Zeit unterwegs sein." Der volle Fokus gilt zunächst einmal der Familie. Seiner großen Leidenschaft, dem Kochen, wird er in Zukunft also ebenfalls mehr Zeit widmen können.
Wie geht es ohne Doll weiter?
Und dennoch dürfte sich der Blick immer wieder dorthin richten, wo er sportlich jahrelang Zuhause war und große Erfolgen feiern konnte - auf den Biathlon-Weltcup. Womit einher die Frage geht: Wie geht es nach dem Abschied des "Zugpferdes" Doll im deutschen Weltcup-Team weiter?
Roman Rees, Johannes Kühn, Philipp Nawrath und Justus Strelow können in der erweiterten Weltspitze zwar mithalten, ab und an auch mal für eine Überraschung sorgen, von den Sphären, in denen sich Doll über ein Jahrzehnt lang aufgehalten hat, sind sie allerdings weit entfernt. Dolls 55 Podest-Plätze bei Weltcups und Großereignissen sprechen zumindest eine eindeutige Sprache.
Ein letztes "Ausrufezeichen" zum Abschied?
Dass man solche Athleten "nicht am Fließband" hat, weiß auch Felix Bitterling, Sportdirektor Biathlon beim DSV. So war Doll neben seinen "herausragenden sportlichen Fähigkeiten", vor allem eine "verlässliche und große Stütze" im deutschen Team. Entsprechend werde man versuchen, Doll den bestmöglichen Abschluss in Canmore zu bescheren, wo ein Sprint, die anschließende Verfolgung und ein Massenstart anstehen.
"Wir wünschen ihm, dass er mit einem sportlichen Ausrufezeichen abtreten kann", so Bitterling. Dafür ist Doll natürlich in erster Linie selbst zuständig. Dass er auch auf der Zielgeraden seiner Karriere das Zeug dazu hat, muss er niemandem mehr beweisen.