Brink und Dieckmann kandidieren Volleyball-Verband sucht den Weg aus der Krise
Mit Julius Brink und Markus Dieckmann kandidieren zwei hochdekorierte Ex-Spieler als Präsidenten für den Deutschen Volleyball-Verband. Nach schwierigen Monaten haben beide wieder für Aufbruchstimmung gesorgt, doch die gewaltigen Probleme im Verband werden sie nicht alleine lösen können.
Wenn alles so läuft wie geplant, dann kann der Deutsche Volleyball-Verband (DVV) am kommenden Wochenende einen echten Coup vermelden: Auf einem außerordentlichen Verbandstag in Bremen stellt sich am Sonntag (27.08.2023) ein neues Präsidium zur Wahl. Angeführt von Markus Dieckmann, zweifacher Beach-Europameister mit Jonas Reckermann, und Julius Brink, der 2012 ebenfalls an der Seite von Reckermann Olympiasieger wurde. Vor allem Brink, der "Golden Boy" von London, hat sich auch außerhalb der eher überschaubaren Volleyball-Szene einen Namen gemacht.
Das designierte neue Führungs-Duo wird bei den Delegierten, nach allem was man im Vorfeld hört, wohl mit offenen Armen empfangen werden. Die zwei Vorzeige-Volleyballer gelten als Glücksfall für den angeschlagenen Verband, dem zuletzt fast das komplette Führungspersonal abhandengekommen war: Im Juli musste das Präsidium um René Hecht sowie die hauptamtliche Vorständin Julia Frauendorf zurücktreten, auf Druck der Landesverbände und nach wachsender Kritik an den Personalentscheidungen und auch am Führungsstil. Im Verband herrsche "Misstrauen und Angst", schrieb das "Volleyball Magazin". Frühere Mitarbeiter berichteten über ein vergiftetes Arbeitsklima.
"Verbrannte Erde" im Volleyball-Verband
Zum Verhängnis wurde der alten Verbandsspitze aber am Ende, dass unter ihrer Führung reihenweise Kompetenzträger abwanderten: Allen voran die beiden Sportdirektoren Niclas Hildebrand (Beach) und Christian Dünnes (Halle). Finanz-Vorstand Bernd Janssen und Athletenvertreterin Melanie Gernert gingen im Streit. Auch Trainer Jürgen Wagner, der als Vater der großen Erfolge im Beachvolleyball gilt, legte den eigens geschaffenen Posten als "Head of Beach" nieder.
Am Ende hatte die alte Verbandsspitze die komplette sportliche Kompetenz vergrault. Diese Leerstelle wieder aufzufüllen, sieht auch Präsidiumskandidat Julius Brink als drängendste Aufgabe an. Es sei "verbrannte Erde" hinterlassen worden, sagte Brink im Sportschau-Interview, der Kahlschlag beim sportlichen Know-How habe sich am Ende auch auf die Leistung der Mannschaften ausgewirkt.
Er hofft darauf, Top-Trainer wie Jürgen Wagner, mit dem er selbst seine größten Erfolge feierte, wieder für den Verband zurückzugewinnen und sprach von ersten "positiven Signalen". Ein Unterstützerteam aus Sport und Wirtschaft bringen Dieckmann, selbst seit Jahren Unternehmer, und Brink nach eigenen Angaben ebenfalls mit.
Aufbruchsstimmung, aber auch viele Baustellen
Die Kandidatur der beiden Erfolgs-Volleyballer hat im Verband durchaus für Aufbruchsstimmung gesorgt. Brink und Dieckmann haben auch die Unterstützung der Landesverbände hinter sich. Was bleibt, sind die gewaltigen Herausforderungen, die im deutschen Volleyball zu stemmen sind.
Zu besichtigen sind diese auch gerade bei der Europameisterschaft, der deutsche Verband ist Co-Gastgeber. Während in Italien in der antiken Arena von Verona gespielt wurde, vor einmaliger Kulisse und 8.000 Fans, kämpften die deutschen Organisatoren darum, bei den Spielen der deutschen Frauen das Castello in Düsseldorf voll zu bekommen, eine Arena mit gerade einmal 3.000 Plätzen. Außerhalb der Volleyball-Bubble wird die Europameisterschaft kaum wahrgenommen. Auch was die mediale Sichtbarkeit angeht: Die Spiele sind nicht im Free-TV zu sehen, dies gilt auch für die kommende EM der Männer ab der kommenden Woche.
Nationalteams kämpfen um mehr Sichtbarkeit
Die Vermarktung der Nationalmannschaften liegt praktisch brach, seit die verbandseigene Tochtergesellschaft, die Deutsche Volleyball-Sport GmbH, im April 2022 Insolvenz angemeldet hat. Für die Vergabe von Medienrechten war im Verband seitdem kommissarisch Franziska Lange zuständig - eine Vertraute des umstrittenen Ex-Präsidenten Hecht, die ebenfalls gehen musste. Die künftige Verbandsspitze hat sich auch das Ziel gesetzt, die Übertragungszeiten im Free-TV oder bei frei empfangbaren Streams zu erhöhen – und damit die Sichtbarkeit, vor allem des Hallen-Volleyballs.
Unterstützung soll dabei auch von der Volleyball-Bundesliga kommen. Der Ligen-Dachverband, zuständig für Frauen- und die Männer-Bundesliga, hat ab der kommenden Saison einen Vertrag mit dem Streaming-Portal "Dyn" abgeschlossen. Dieses Rechtepaket könnte künftig auch um Spiele der Nationalteams erweitert werden, der Verband sieht darin ein großes Potenzial.
Unterstützung aus der Volleyball-Bundesliga
Die Bundesliga hat zugesichert, Gespräche über eine mögliche gemeinsame Vermarktung voranzubringen. Davon könne auch die Liga profitieren, sagt Geschäftsführer Daniel Sattler: "Das Ziel muss es sein, insgesamt mehr Sichtbarkeit zu erreichen und Volleyball ganzjährig abzubilden." Dafür brauche es eine Vermarktungsstrategie, die auf innovative Formate und Social Media abzielt. Aber auch mehr Investitionen - die nächste Herkulesaufgabe für den finanziell angeschlagenen Verband.
Dass künftig mit Dieckmann und Brink zwei prominente Aushängeschilder an der Verbandsspitze stehen, könnte auch dabei helfen, neue Geldgeber für den Volleyball zu begeistern. Die vorrangigste Aufgabe ist es aber, dies bekräftigte auch Julius Brink, die zwei hauptamtlichen Vorstandsposten zu besetzen. Dies soll spätestens bis zur kommenden Mitgliederversammlung im November passieren. "Wir brauchen Expertise, nicht nur im Präsidium, sondern auf der Vorstandsebene. Dann können wir das Ruder wieder herumreißen." Ein Olympiasieger wird nicht reichen, um die vielen Probleme zu lösen.