Wimbledon - Zweite Runde Zverev rettet den Tag für Tennis-Deutschland
Nach einem ernüchternden Wimbledon-Donnerstag (04.07.2024) mit dem Aus für Jule Niemeier, Laura Siegemund und Daniel Altmaier hat Sascha Zverev für ein deutsches Happyend gesorgt. Der Schotte Andy Murray nahm emotional Abschied vom Centre Court.
French-Open-Finalist Zverev zog am Abend absolut problemlos in die dritte Runde ein. Der Weltranglisten-Vierte gewann gegen den US-Amerikaner Marcos Giron klar mit 6:2, 6:1, 6:4 und spielt damit als zweiter deutscher Tennisprofi nach Jan-Lennard Struff um den Einzug ins Achtelfinale.
Jetzt wartet der Brite Cameron Norrie
Am Samstag trifft Zverev beim Rasenklassiker in London auf den Briten Cameron Norrie, gegen den er alle bisherigen fünf Vergleiche für sich entschieden hat. Nach den ersten beiden Runden in Wimbledon ist Zverev jetzt noch ohne Satzverlust.
Der deutsche Spitzenspieler, der das Endspiel in Paris in fünf Sätzen gegen den Spanier Carlos Alcaraz verloren hatte, ist auf der Jagd nach seinem ersehnten ersten Grand-Slam-Titel.
Aus für Niemeier, Altmaier und Siegemund
Die beiden letzten verbliebenen deutschen Frauen Jule Niemeier und Laura Siegemund schieden ebenso wie Daniel Altmaier beim berühmtesten Tennis-Turnier der Welt in der zweiten Runde aus. Alle drei gingen als Außenseiter in ihre Begegnungen und verpassten Überraschungen.
Siegemund stemmte sich kämpferisch stark gegen die Niederlage, musste sich aber trotz einer guten Leistung mit 3:6, 6:3, 3:6 der früheren Wimbledonsiegerin Jelena Rybakina aus Kasachstan geschlagen geben.
Niemeier half auch das Notizbuch nicht
Niemeier zog gegen die Ukrainerin Jelina Switolina mit 3:6, 4:6 den Kürzeren. Zwei Jahre nach ihrem Viertelfinaleinzug endete der Rasenklassiker für sie damit schon zum zweiten Mal nacheinander in der zweiten Runde.
Dabei half auch ein kurioser Trick nicht: Anfang des zweiten Satzes holte Niemeier ein Notizbuch hervor und las etwas auf Zetteln nach. Nach 75 Minuten musste sie dennoch ihrer Gegnerin Switolina gratulieren. 34 leichtere Fehler waren zu viel. Damit herrscht bei den Damen Tristesse statt Festtagsstimmung: Keine Einzelspielerin ist in Runde drei dabei.
Altmaier unterliegt in fünf Sätzen
Bei den Herren endete der sportliche Höhepunkt der Rasensaison für Altmaier nach einer Fünf-Satz-Niederlage gegen den Wimbledon-Halbfinalisten von 2021, Denis Shapovalov. "Es ist schade, gegen Denis direkt in der zweiten Runde zu spielen, gegen einen, der sich auf Rasen am wohlsten fühlt", sagte Altmaier nach dem 6:7 (3:7), 3:6, 6:1, 7:6 (7:3), 4:6 in der tags zuvor verlegten Partie gegen den Kanadier.
"Die Matches werden mir helfen"
"Ich denke, ich habe mir meine Chancen erarbeiten können, das Match zu gewinnen. Ich weiß nicht, warum ich unzufrieden sein sollte", bilanzierte der 25-Jährige: "Ich habe in fünf Sätzen gewonnen und in fünf Sätzen verloren gegen einen, der hier Halbfinale gespielt hat. Ich habe eine lange Karriere vor mir. Die Matches werden mir helfen."
Daniel Altmaier
Nach dem verlorenen zweiten Durchgang agierte Altmaier offensiver, gewöhnte sich an das Tempo und fand besser in seinen Rhythmus. Altmaier glich gegen den wankelmütigen Linkshänder aus Kanada nach Sätzen aus, konnte den Schwung aber nicht für sich nutzen. Zum Auftakt war Altmaier sein erster Sieg im Wimbledon-Hauptfeld gelungen.
Neben Zverev steht damit nur Jan-Lennard Struff in der dritten Runde. Der Sauerländer bekommt es am Freitag mit dem Ex-US-Open-Sieger Daniil Medwedew aus Russland zu tun
Djokovic mit Mühe gegen die Nummer 277
Der serbische Tennis-Topstar Novak Djokovic vermied vor seiner auf der Tribüne zuschauenden Familie einen fünften Satz und machte mit Mühe den Einzug in die dritte Runde perfekt. Bei seinem zweiten diesjährigen Auftritt an der Londoner Church Road gewann der 37-Jährige gegen den 15 Jahre jüngeren Briten Jacob Fearnley 6:3, 6:4, 5:7, 7:5.
Der Rekord-Grand-Slam-Turniersieger musste zwei Tage nach seinem problemlosen Einstieg in den Rasenklassiker den ersten Satzverlust hinnehmen und wirkte gegen den britischen Wildcard-Inhaber auch danach angreifbar. In dieser Form dürfte es nicht für seinen angestrebten achten Wimbledon-Titel reichen. Fearnley ist nur die Nummer 277 der Welt.
Kurze Reha-Zeit nach Knie-Operation
"Er hat mich arbeiten lassen", sagte Djokovic: "Ich hatte wahrscheinlich im vierten Satz etwas Glück. Dieses Match hätte es wahrscheinlich verdient gehabt, in den fünften Satz zu gehen. Aber ich bin glücklich, dass es nicht so gekommen ist." Am Samstag kämpft Djokovic nun gegen Alexei Popyrin aus Australien um das Erreichen des Achtelfinales. "Körperlich habe ich mich okay gefühlt", sagte Djokovic und gab Entwarnung.
Nach seinem Rückzug von den French Open war er Anfang Juni am Knie operiert worden. Trotz der kurzen Rehazeit entschied sich der Weltranglisten-Zweite für einen Wimbledon-Start und strebt seinen 25. Grand-Slam-Titel an.
Murray wird im Doppel gefeiert - und scheidet aus
Für Publikumsliebling und Lokalmatador Andy Murray wurde im Doppel bereits die erste Runde zur Endstation. Beim Warmmachen und bei jedem gewonnen Punkt wurde der Ex-Champion im Stadion frenetisch gefeiert. Für das Duo Rinky Hijikata/John Peers aus Australien reichte es aber nicht: Andy Murray und sein Bruder Jamie Murray unterlagen mit 6:7 (6:8) und 4:6 und sind ausgeschieden.
Der 37 Jahre alte Schotte nahm im Anschluss Abschied vom Centre Court. "Es war eine großartige Zeit auf der Tour. Ich würde gerne immer weiterspielen, aber es geht nicht", sagte Murray, dem 2019 eine Teilprothese in der Hüfte eingesetzt worden war. Weitere Blessuren warfen ihn immer wieder zurück.
Während der langen, als BBC-Interview verpackten Abschiedsrede auf dem "heiligen Rasen" zeigte sich der Publikumsliebling bewegt, aber auch sichtlich erleichtert. Teile seiner Laufbahn habe er als stressig empfunden, sagte Murray, der gerade in Wimbledon immer mit dem hohen Erwartungsdruck der heimischen Fans und Medien zu kämpfen hatte, bevor er 2013 den ersehnten Titel gewann, als erster Brite nach 77 Jahren. "Novak hatte zum Glück einen gebrauchten Tag", sagte Murray über seinen damaligen Finalgegner Djokovic. Der Serbe war gemeinsam mit anderen Tennis-Größen wie John McEnroe, Martina Navratilova und Iga Swiatek auf dem Centre Court, von allen gab es zum Abschied eine herzliche Umarmung, die längste von seinem Bruder Jamie.
Der Schotte hat angekündigt, noch im Mixed mit Emma Raducanu anzutreten. Wahrscheinlich wird er dann ein weiteres Mal kräftig gefeiert werden.