Südafrikas Rugby-Team jubelt nach dem Titelgewinn gegen Neuseeland

Finalsieg über Neuseeland Südafrika ist neuer Rugby-Rekordweltmeister

Stand: 29.10.2023 12:57 Uhr

Ein historisches Strafen-Gewitter, leidenschaftlich kämpfende "All Blacks" - und am Ende schreibt doch Südafrika Geschichte: Die "Springboks" haben ein intensives Duell der Rugby-Großmächte gewonnen und sind nun alleiniger Rekordweltmeister.

Südafrika setzte sich im WM-Finale gegen Neuseeland am Samstagabend (28.10.2023) in Paris mit 12:11 (12:6) durch, nach 1995, 2007 und 2019 ist es der vierte WM-Titel für das Land.

Kapitän Siya Kolisi unterstrich die Bedeutung des Erfolgs, die weit über einen sportlichen Sieg hinausgehe. "Von außen kann man das vielleicht nicht komplett verstehen", sagte er, "unser Land macht so viel durch, so vielen Kindern geht es nicht gut, aber wir können für Hoffnung sorgen und zeigen: Wenn wir zusammenarbeiten, dann ist alles möglich."

Zweiter WM-Triumph für Südafrikas Kapitän Kolisi

Das am Ende dramatische 12:11 gegen Neuseeland soll dem ganzen Land einen Schub in die richtige Richtung geben. Wie es vor vier Jahren schon einmal gelang, als Kolisi die Springboks als erster schwarzer Kapitän zum Titel geführt hatte. Dass dem Mann mit der Nummer sechs das am verregneten Samstagabend in Paris erneut gelang, sicherte auch ihm einen Platz in den Geschichtsbüchern. Zwei Triumphe als Kapitän. Das war zuvor nur Neuseelands Ikone Richie McCaw gelungen.

Heldenstatus in der Heimat hat Südafrikas Kapitän längst - womöglich auch, weil er nicht immer das perfekte Vorbild war. Kolisi wuchs im Township Zwide in Port Elizabeth auf, Scouts hatten den 12 Jahre alten Jungen dort entdeckt, er kam auf eine für ihr gutes Rugby-Programm bekannte Highschool. Dennoch gab es immer wieder Berichte über Alkohol- und Nachtklubeskapaden, erst als Profi fand Kolisi ("Ich bin ein Sündiger, der jeden Tag versucht, das Beste aus sich herauszuholen") mehr Halt und nutzte seine Bekanntheit, auch um in fast jedem Interview auf die Probleme in der Heimat hinzuweisen.

Nach dem ersten WM-Sieg gründete er mit seiner Frau Rachel die Kolisi Foundation, die sich für Chancengleichheit in Südafrika engagiert. "Würde ich nicht 100 Prozent auf dem Feld geben, wäre das wie Betrug an all meinen Landsleuten", sagte Kolisi nach dem Sieg über Neuseeland. "Für unsere Motivation müssen wir nicht weit blicken."

Rote Karte gegen Neuseelands Kapitän Cane

Die "All Blacks" durchlebten vor 80.000 Zuschauern im Stade de France und Millionen vor den Bildschirmen dagegen einen tragischen Abend, verloren unter anderem Kapitän Sam Cane mit Roter Karte - eine solche Strafe hatte es in einem WM-Finale nie zuvor gegeben. Beide Teams sahen zudem insgesamt viermal Gelb, auch das ist historisch einmalig.

Neuseeland, Weltmeister von 1987, 2011 und 2015, musste sich damit auch im zweiten Endspiel gegen den großen Rivalen geschlagen geben. 1995 hatte es diese Paarung schon einmal gegeben, das Finale in Südafrika ging nicht nur aus sportlichen Gründen in die Geschichte ein: Die "Springboks" traten damals erstmals mit schwarzen und weißen Spielern an, Bilder von Nelson Mandela im grün-gelben Trikot gingen um die Welt.

Handre Pollard kickt den Ball

Südafrika früh mit 6:0 in Führung

Am Samstagabend nun stand für Neuseeland die Jagd nach dem Titel-Rekord schon kurz nach Spielbeginn unter keinem guten Stern. Flügelstürmer Shannon Frizell musste nach einem überharten Einsatz mit Gelb für zehn Minuten vom Feld, in dieser Phase ging Südafrika gleich mit 6:0 in Führung: Handre Pollard verwandelte zwei Straftritte (3. Minute/13.).

Richie Mo'unga (17.) verkürzte dann ebenfalls per Straftritt, Pollard (19.) stellte gleich den Abstand wieder her - und dann erreichte das Ungemach für Neuseeland historische Ausmaße: Nach einem Kopftreffer musste auch der ohnehin viel kritisierte Kapitän Cane für zunächst zehn Minuten vom Platz, mehr als eine Gelbe Karte in einem WM-Finale hatte es noch nie gegeben - doch dabei blieb es nicht.

Kurt Lee Arendese am Ball

Cane, der tragische Held

Nach weiterer Prüfung erhöhten die Schiedsrichter die Strafe, und spätestens ab diesem Moment wurde Cane ein tragischer Held bei den "All Blacks": Vor dem Turnier war öffentlich an ihm gezweifelt worden, er reagierte mit Leistung, führte das Team ins Finale - und flog nun früh vom Platz.

Neuseeland wirkte anschließend aber wie aufgeweckt, in Unterzahl kam das Team erstmals in diesem Spiel stärker auf und zu den nächsten drei Punkten durch Mo'unga (38.). Gelbe Karten für Südafrikas Siya Kolisi (45.) und Cheslin Kolbe (74.) sorgten nach der Pause zeitweise für Gleichzahl auf dem Feld.

Neuseeland drückte, und kam durch Beauden Barrett (58.) zum einzigen Versuch des Abends - der Rückstand schrumpfte auf einen Punkt, doch es genügte nicht mehr.