Fußball | 3. Liga Reaktionen auf rassistischen Zwischenruf in Essen
Beim Drittliga-Spiel in Essen hat ein Mann mit seiner rassistischen Parole die Schweigeminute für die Opfer des Anschlags in Magdeburg gestört und für Empörung gesorgt - nicht nur im Stadion.
Es sollte eine Schweigeminute für die Opfer des Anschlags am 20. Dezember in Magdeburg sein - 60 Sekunden Anteilnahme für fünf Tote und mehr als 200 Verletzte. Die Spieler des VfB Stuttgart II und Rot-Weiss Essen standen mit gesenkten Köpfen um den Mittelkreis. Plötzlich störte ein Mann die Stille mit einem rassistischen Zwischenruf. Große Teile des Publikums im Stadion an der Hafenstraße reagierten mit "Nazis raus"-Rufen. Der Mann bekam umgehend Stadionverbot, die Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung.
Rot-Weiss Essen freut sich über die Reaktion der Fans
Rot-Weiss Essen verurteilte die Aktion: "Das war genau die richtige Reaktion", sagte RWE-Pressesprecher Henrik Lerch am Tag nach dem Spiel. "Und es war ein sehr deutliches und wunderbares Zeichen dafür, was die Zuschauer und wir als Verein von diesem unsäglichen Zwischenruf in diesem berührenden Moment halten."
Dem pflichteten am Wochenende auch viele Userinnen und User auf den Social-Media-Kanälen von SWR Sport bei. "Wer in eine Schweigeminute pöbelt, hat einfach keinen Anstand. Und dann noch so eine dämliche Parole", schrieb "s.vrn" auf dem Instagram-Kanal von SWR Sport. "Bast_wrl" ergänzte: "Stark von den Fans so jemand gehört nicht ins Stadion!"
Reaktion der Essener Fans zum Vorbild nehmen
"Voteakil" wünscht sich sogar, dass sich möglichst viele die Reaktion der Fans in Essen zum Vorbild nehmen: "Da kommen mir die Tränen. Wie geil wäre das, wenn das die Antwort wäre, egal wo, wenn man etwas Rassistisches sagt." Und "tolga.ksik" ärgerte sich, dass die Toten und Verletzten des Anschlags, um die es eigentlich gehen sollte, so perfide aus dem Fokus gerissen wurden: "Ich finde es einfach nur traurig, wie viele Menschen sich nicht um die Opfer kümmern, sondern diese grausame Tat als Plattform für rechtsextreme Parolen, Aktionen oder auch Parteien nutzen. Mensch ist Mensch! Mein tiefstes Beileid und gute Besserung an alle Betroffenen und Beteiligten!"
Debatte um rassistische Parole
Allerdings gab es via Social Media auch Kommentare, die nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt waren. Mit dem Versuch, die Parole des Zwischenrufers zu relativieren. So fragte zum Beispiel "jok3r_dop3bro": "Wo waren das rassistische Zwischenrufe? War doch nur die Wahrheit, oder ?" und "stefanschmidt251" meinte, der Zwischenrufer habe doch recht. "F12_felix" versuchte, die rassistische Parole als legitimen Patriotismus zu framen und sah den Zwischenrufer zu unrecht verurteilt "weil Patriotismus in Deutschland ja direkt rechts ist". Das sah "Mike.brik" ähnlich: "Das Wort Nazi wird so leichtfertig benutzt, dass den meisten gar nicht bewusst ist, was für einen Scheiß sie erzählen, nur weil man nicht die Meinung teilt."
Tatsächlich ist derzeit offen, welche politische Gesinnung der Zwischenrufer hat. Inhaltlich steht die Parole jedoch abseits des freiheitlich demokratischen Konsenses. Denn es ist sowohl im Grundgesetz als auch in den EU-Verträgen eindeutig festgelegt, wer legitimen Anspruch auf ein Leben in der Bundesrepublik Deutschland hat und dass dieses Recht nicht an die deutsche Staatsbürgerschaft oder Herkunft gebunden ist. Menschen dieses konstitutionell verbriefte Recht pauschal abzusprechen ist daher rassistisch. Sonst gäbe es für die Polizei auch keinen Grund für ihre Ermittlungen wegen Volksverhetzung.
Rührender Zusammenhalt gegen Rassismus
Dementsprechend war die Reaktion der Fans in der Mehrheit der Kommentare weitaus bedeutender: "Gänsehaut. Sehr stark vom Publikum reagiert", schreibt beispielsweise "Kilian" auf dem Tiktok-Kanal von SWR Sport. "Wow, dieser Zusammenhalt hat mich gerührt. Dass ich das in so einem Ausmaß noch sehen durfte und das in Deutschland. Das ist wirklich sehr schön und freut mich", ergänzte "hasenknopfi".
Für "🇧🇦🏴" hat die Aktion ebenfalls Vorbild-Charakter: "In dieser schwierigen Zeit wurde wenigstens ein positives Zeichen gesetzt. Lasst uns das als Mahnmal nehmen und uns immer darin erinnern, dass Liebe stärker als Hass ist. Amen!"
Sendung am Sa., 21.12.2024 17:30 Uhr, SWR Sport, SWR