Trainer Steffen Baumgart und Robert Skov, 1. FC Union Berlin

Bundesliga-Abstiegskampf Union reist mit Rückenwind zu direktem Konkurrenten St. Pauli

Stand: 24.01.2025 17:23 Uhr

Nach langer Durststrecke hat Union Berlin vorige Woche wieder gewonnen. Am Sonntag (17:30 Uhr) trifft das Team auf den defensivstarken Aufsteiger FC St. Pauli. Der hofft auf einen Sieg gegen die Köpenicker - um nach Punkten gleichzuziehen.

Fakten zum Spiel

  • Es ist das Duell der schwächsten Heim- (St. Pauli blieb in sieben seiner acht Partien torlos) gegen die schwächste Auswärtsoffensive (Union traf nur in vier seiner neun Gastspiele) der Liga
  • Ein besonderes Spiel könnte es für Aljoscha Kemlein werden - als Leihgabe half der Ur-Unioner dem FC St. Pauli in der vergangenen Saison zum Aufstieg
  • Union-Trainer Steffen Baumgart hat seine letzten drei Duelle mit St. Pauli alle gewonnen - zwei Mal mit Paderborn, einmal mit dem Hamburger SV
  • St. Pauli ist der Lieblingsgegner von Unions Rechtsverteidiger Christian Trimmel. In seinen acht Spielen gegen die Hamburger siegte er sieben Mal, holte ein Remis
  • Gegen keinen anderen Gegner schoss Union zu seinen Zweitligazeiten mehr Tore - 35 in 20 Spielen

Die sportliche Situation bei Pauli

Der Aufsteiger St. Pauli spielt durchweg ordentlichen Erstliga-Fußball. Nach höchstens anfänglichen Schwierigkeiten mit drei Niederlagen zu Saisonbeginn beweist das Team seitdem Erstligatauglichkeit. 17 Punkte bedeuten aktuell Rang 14, drei Punkte hinter Union Berlin. Das ist besser, als vor Saisonbeginn für viele zu erwarten war.
 
"Die Mannschaft sei in den vergangenen Zweitliga-Jahren auch schon defensiv stabil gewesen, sagt Podcaster Tim Eckhardt im Gespräch mit rbb|24. "Das haben sie beibehalten, mit nur 21 Gegentoren." In der unteren Tabellenhälfte ist das ein glänzender Wert. Ligaweit weist sogar nur Spitzenreiter Bayern München weniger Gegentore auf (15).
 
Trainer Blessin pflege als langjähriger Nachwuchstrainer bei RB Leipzig eigentlich die sogenannte "Leipziger Fußballschule", so Eckhardt, also "hohes Pressing, schnelles Spiel". Das gebe der Kader der Kiezkicker allerdings gar nicht her. Blessin lege den nötigen Pragmatismus an den Tag und finde mit der Mannschaft stets die beste Spielweise für den jeweiligen Gegner. Das Resultat: Nur gegen den 1. FSV Mainz 05 gab es eine deutliche Niederlage (0:3). Ansonsten gestaltete der Aufsteiger die meisten Spiele eng – auch gegen Bayern München (0:1) und Meister Bayer Leverkusen (1:2).

Marco Grote, U19-Trainer von Union Berlin. Quelle: imago images/Fotografie73
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Das bewegt die Fans

Eckhardt beobachtet eine neue Erwartungshaltung beim Anhang, der gerade einen enormen Zuwachs erlebt (aktuell rund 49.000 Mitglieder): "Da hat schon ein kleiner Umschwung stattgefunden, weg von der Haltung 'Egal, wir spielen in der 2. Liga, das ist auch okay', hin zu 'Wir wollen maximalen sportlichen Erfolg'."
 
Es sei ein gewachsener Ehrgeiz, den auch die Vereinsführung um Oke Göttlich und Andreas Bornemann befeuert habe. Eckhardt erinnert an eine spitzfinde Aussage des Geschäftsleiters Bornemann, nach der der "Bundesliga-Aufsteiger" St. Pauli gerne "Bundesligist" werden wolle. Sprich: sich im Oberhaus etablieren möchte. Die Chancen für einen längerfristigen Klassenverbleib erachtet Eckhardt als sehr gut.

Auf diesen Spieler sollte Union achten

Sollte Elias Saad nach seiner langwierigen Bänderverletzung am Wochenende wieder auflaufen können, schätzt Eckhardt den Außenstürmer als größtes Bedrohung für die Unioner Defensive ein. Saad war Anfang Oktober vom Mainzer Dominik Kohr brutal gefoult wurden. Gesund sei er "der Go-to-Guy", so Eckhardt. In seinen sechs Bundesligapartien kam er auf zwei Tore und zwei Assists. Doch mehr als eine Einwechslung dürfte es für den 25-Jährigen nach der langen Pause vorerst nicht werden.
 
Vor große Herausforderungen werde auch Keeper Nikola Vasilj die Köpenicker stellen. "Er ist ein starker Rückhalt in dieser Saison."

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Das sagen die Trainer

Steffen Baumgart (1. FC Union Berlin): "Sie werden bis zum Ende um den Klassenerhalt mitspielen und sind dementsprechend eine klare Konkurrenz für uns. (...) Ich bin kein Verfechter davon, nur weil wir gewonnen haben, bleiben wir in der Aufstellung, sondern ich bin eher ein Verfechter davon, was brauchen wir für das Spiel?"
 
Alexander Blessin (FC St. Pauli): "Union hat gepunktet nach zwei Spielen, wo sie ein bisschen was ausprobiert haben, mit dem neuen Trainer, mit der Viererkette. Das hat jetzt vielleicht nicht so gefruchtet, weshalb sie jetzt auch wieder umgestellt haben auch die Fünferkette, die sie gewohnt waren die Jahre zuvor. Es wird sicher ein Spiel, das uns alles abverlangt. Es wird Zeit, dass wir mal ein zweites Spiel in Folge gewinnen. Um sie auch näher an uns ranzuziehen."

So könnte Union spielen

Nach den zwei Auftaktniederlagen unter Steffen Baumgart, in denen er seine Mannschaft in der von ihm bevorzugten Viererkette aufs Feld schickte, gab es beim Heimsieg gegen Mainz den Sinneswandel und somit die Rückkehr zur Fünfer-Abwehr. Weil auch die Spieler anschließend artikulierten, sich in diesem System wohler zu fühlen, dürfte sich der taktische Angang auf St. Pauli nicht erneut ändern.
 
Personell könnte das schon anders aussehen. Noch scheint Trainer Baumgart auf der Suche nach seiner Stammelf. So ist es gut möglich, dass Kapitän Rani Khedira wieder von Beginn an spielt. Ebenso wie Kevin Vogt, der zuletzt angeschlagen fehlte, der als mittlerer Mann einer Dreierkette am besten aufgehoben ist.
 
Die mögliche Startelf: Schwolow - Juranovic, Doekhi, Vogt, Diogo Leite, Rothe - Khedira, Kemlein, Schäfer - Jordan, Hollerbach

Die Prognose

Der Tipp des Gegner-Experten: "Ich könnte mir vorstellen, dass das ein fürchterliches Fußballspiel wird", sagt Eckhardt mit Blick auf die beiden defensivstarken Teams. Aber auf ein Ergebnis will er sich nicht festlegen. Nur so viel: "Wer das 1:0 macht, gewinnt auch das Spiel."
 
Der Redaktionstipp: Union Berlin macht das 1:0 - und gewinnt damit am Millerntor.