Fanklub "Brigade Bavaria" In Bayern müssen Union-Fans besonders eisern zusammenhalten
Während in Köpenick Krisenstimmung herrscht, ist ein Union-Fanklub in heller Aufregung. Die in München beheimatete "Brigade Bavaria" stimmt sich ein auf das Spiel ihrer Unioner beim FC Bayern. "Das ist, wie wenn Heimat zu Besuch kommt."
Die Relegationsspiele des 1. FC Union Berlin gegen den VfB Stuttgart sollten nicht nur für das Köpenicker Fußballteam wegweisend werden, sondern auch für Jessica Weber-Guskar. 2019 war es, als das Team des damaligen Trainers Urs Fischer nach dem 2:2 im Hinspiel tatsächlich im Rückspiel die Chance hatte, den Aufstieg in die Bundesliga perfekt zu machen.
Union-Anhängerin Weber-Guskar, geboren in Königs Wusterhausen, war schon Jahre zuvor ins oberbayerische Tutzing gezogen. Und so saß sie dann dort in Süddeutschland, kurz vor einem der wichtigsten Spiele der Unioner Vereinsgeschichte, "und ich habe gedacht: 'Nee, wenn die jetzt wirklich aufsteigen? Dann kannste ja nicht alleine hupend durch Tutzing fahren!'"
"Spiel in München ist eine große Bühne für uns"
In einem Fan-Forum erkundigte sie sich also nach eisernen Anhängern im Großraum München - und siehe da: Weber-Guskar war bei weitem nicht die einzige Exil-Unionerin in Bayern. Von der sogenannten "Brigade Bavaria" meldete sich jemand bei ihr, man schaue das Relegations-Rückspiel gemeinsam in einem Wirtshaus nahe der Innenstadt - sie könne gerne dazukommen. Das Ende ist bekannt, Union Berlin sicherte sich sensationell den Aufstieg ins Oberhaus, und Weber-Guskar konnte das gemeinsam mit Gleichgesinnten feiern.
Eben jener "Brigade Bavaria" kommt vor der anstehenden Bundesliga-Partie des 1. FC Union Berlin beim FC Bayern München wieder einmal eine besondere Bedeutung zu. Weber-Guskar ist längst Mitglied dieser eisern-bayerischen Vereinigung und mittlerweile stellvertretende Vorsitzende, sie sagt am Telefon zu rbb|24: "Wir freuen uns immer darauf, wenn Tausende Berliner in der Stadt sind, das ist, wie wenn die Heimat zu Besuch kommt." So hat der Fanklub den anreisenden Fans eine Zusammenkunft im günstig gelegenen "Wirtshaus Atzinger" organisiert, von wo aus man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unkompliziert in die weit außerhalb liegende Allianzarena gelangt.
Auch Übernachtungsgäste würden manche Mitglieder aufnehmen, so Fanklub-Mitgründer Falk Helmecke, der in Berlin-Friedrichshain geboren ist und mittlerweile in München lebt. "Das Spiel von Union Berlin in München ist eine große Bühne für uns, wo wir zeigen können, wer wir sind."
Der Fanklub bedeutet auch Halt
Seit 2017 ist die Brigade Bavaria offiziell als eingetragener Fanklub beim 1. FC Union Berlin registriert, bereits ab 2009 hatten sich Exil-Unioner in einem losen Verbund zum gemeinsamen Fußballschauen in München getroffen. Die Gemeinschaft zählt aktuell gut 30 Mitglieder.
Laut Helmecke gibt es seit den zunehmenden Erfolgen der Köpenicker vermehrte Anfragen für eine Mitgliedschaft beim Münchner Fanklub – weil damit teilweise auch die Hoffnung auf erleichterten Zugang zu Stadiontickets verknüpft ist. Doch Helmecke, der bei der Brigade Bavaria sowohl als Schatzmeister wie auch für das Ticketmanagement zuständig ist, betont: "Wir müssen als Fanklub nicht wachsen, das Engagement ist wichtig." Man schaue sich also sehr genau an, wer passe und wer auch bereit sei, sich für die Gruppe einzusetzen.
Denn es handele sich um einen sehr heterogenen Fanklub, was Alter, Beruf und Prägung angehe. "Da steckt viel Arbeit drin, immer wieder zusammenzuhalten", sagt er. "Das ist kein Hauptberuf, aber eine Berufung. Wir geben uns hier im Exil gegenseitig Halt und Unterstützung in vielen Lebenslagen, auch abseits des Fußballs." Bei Geburtstagen, Hochzeiten, auch bei Todesfällen in der Familie, wolle man füreinander da sein.
Alle Mitglieder kommen aus Berlin oder Brandenburg, und alle hat es nach Bayern verschlagen; die meisten nach München und Umgebung, manche in andere Ecken des Bundeslandes. Für diese Menschen biete Union ein Stück Heimat.
Union Berlin Fanklub Brigade Bavaria unterwegs
Ein Traum wird Normalität
Der Fanklub verfügt in München sogar über eine Art Wohnzimmer, die Stammkneipe "Stadion an der Schleißheimerstraße". Dort treffen sich die Mitglieder, wenn sie nicht gerade gemeinsame Fahrten zu den Bundesligaspielen unternehmen, um dort die Partien des geliebten Klubs auf dem Bildschirm zu verfolgen. Man habe in dem Wirtshaus mittlerweile "einen festen Stand", sagt Helmecke. "Es könnten Bayern und Dortmund gleichzeitig spielen – aber es wird Union gezeigt, der Wahnsinn."
Am Samstag wartet nun das Spiel des Jahres für die Mitglieder der "Brigade Bavaria". Wie es ausgehen wird? Die Vorzeichen waren in den vergangenen Jahren für Union jedenfalls wohl nie düsterer. Aber alles eine Frage der Perspektive. Jessica Weber-Guskar sagt: "Man kommt immer an der Allianzarena vorbei, wenn man aus Berlin nach München fährt, die empfängt einen ja sozusagen. Als ich hierher gezogen bin, dachte ich immer: 'Mensch, wenn hier mal irgendwann Union spielen würde...'"
Was einst ein ferner Traum war, ist mittlerweile Normalität. Und für die Mitglieder der Brigade Bavaria trotzdem ein Feiertag.
Sendung: rbb24 Inforadio, 30.11.2023, 18:10 Uhr