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Carl Zeiss Jena vor Leverkusen Maximaler Außenseiter mit "maximalem Selbstvertrauen"

Stand: 28.08.2024 07:30 Uhr

Trotz des astreinen Ligastarts geht Carl Zeiss Jena als krasser Außenseiter ins DFB-Pokalspiel gegen Bayer Leverkusen. Was dennoch Hoffnung auf ein erneutes Pokalwunder im Ernst-Abbe-Sportfeld macht.

Carl Zeiss Jena ist derzeit das Nonplusultra. Zumindest in der Regionalliga. Nach fünf Siegen aus fünf Spielen thronen die Thüringer an der Tabellenspitze und fiebern nun dem vorläufigen Höhepunkt der Saison entgegen: Heute Abend (18 Uhr im Ticker und live hören) gastiert niemand geringeres als Doublesieger Bayer Leverkusen in der ersten Runde des DFB-Pokals im runderneuerten Ernst-Abbe-Sportfeld.

Leverkusen das Maß aller Dinge

Auf dem Papier ist es das Duell David gegen Goliath. Auf der einen Seite der Regionalligist aus Jena, auf der anderen die Himmelstürmer der vergangenen Saison. Vizekusen? Das war einmal. Bayer hat unter Xabi Alonso eine fast schon wahnwitzige Saison gespielt und ohne Niederlage Meisterschaft und DFB-Pokal abgeräumt. Man wird sich mit "den besten Europas messen", blickte Jenas Goalgetter Erik Weinhauer voraus. "Leverkusen macht kaum Fehler. Das ist brutal. Es ist sehr schwer, da etwas rauszuholen, aber wir werden versuchen, unsere Möglichkeiten zu nutzen."

Jenas Torjäger Weinhauer: "Das Selbstvertrauen ist extrem groß"

Dass Bayer das Siegergen in der Sommerpause nicht verloren hat, wurde bereits in den ersten beiden Pflichtspielen eindrucksvoll deutlich. Sowohl im Supercup gegen Stuttgart als auch im ersten Bundesligaspiel gegen Borussia Mönchengladbach brachte die Werkself mit späten Toren ihre Gegner zur Verzweiflung. Die Art und Weise, wie Alonsos Team jeglichen Rückstanden trotzt, nötigt auch Henning Bürger größten Respekt ab. "Das spricht für die hohe Qualität dieser Mannschaft, dass sie immer wieder so performen", meinte Jenas Trainer, der "keinen Schwachpunkt" beim Gegner sieht.

Reddemann: "Volles Stadion, geile Fans"

Dennoch ist die Vorfreude in Jena ungebrochen. Der Underdog hat nichts zu verlieren, kann vor ausverkauftem Haus (15.000 Zuschauer) befreit aufspielen und mit dem Rückenwind der vergangenen Wochen auf das große Wunder hinarbeiten - auch wenn die Chancen auf das Weiterkommen laut Sören Reddemann "relativ gering" sind. "Wir können uns auf ein Mittwochabendspiel freuen, volles Stadion, geile Fans, das müssen wir aufsaugen und gucken, wozu es reicht", gab der Innenverteidiger die Marschroute vor.

Routinier Reddemann: "Man zählt gefühlt die Stunden"

Es sind gerade Spieler wie Reddemann, auf die der FCC bauen wird. Der 28-jährige hat - wie auch Nils Butzen - DFB-Pokalerfahrung. In Wiesbaden spielte er mit Leverkusens Abräumer Robert Andrich zusammen. Innenverteidiger Jonathan Tah kennt er noch aus einem gemeinsamen Trainingslehrgang mit der U19-Nationalmannschaft. Auch wenn sich die Karrieren in unterschiedliche Richtungen entwickelt haben, will Reddemann versuchen, seinen jüngeren Teamkollegen vor dem Spiel ihres Lebens die Nervosität zu nehmen: "Sie sollen einfach ihr Ding machen und sich drauf freuen."

Alonso: "Wir müssen bereit sein"

Aber: Auch Leverkusen wird die vermeintliche Pflichtaufgabe nicht auf die leichte Schulter nehmen. "Wir müssen bereit sein", sagte Alonso auf der Pressekonferenz am Dienstag. Der Gegner habe nach fünf Siegen in Folge "ein gutes Momentum", betonte der Spanier: "Wir müssen uns gut vorbereiten." In Jena wird Alonso definitiv auf die gesperrten Victor Boniface, Martin Terrier und Odilon Kossounou verzichten müssen.

Alonso warnt vor DFB-Pokal-Außenseiter Jena: "Wir müssen bereit sein"

Dass sein Team als haushoher Favorit ins Spiel geht, ist aber natürlich auch Leverkusens Trainer bewusst. Ein blamables Erstrundenaus wie vor zwei Jahren gegen Elversberg steht nicht zur Debatte. "Ich glaube, Xabi Alsono lässt es gar nicht zu, dass sie sich einen Ausrutscher erlauben", meinte Reddemann. Dass Carl Zeiss Jena in der Vergangenheit für den einen oder anderen Favoriten zum Stolperstein wurde, sollte zudem auch in Leverkusen bekannt sein.

Jena kennt sich mit Pokalsensationen aus

Einer, der eine solche Sensation miterlerbt hat, ist Coach Bürger. In der Saison 2007/08 kam erst im Halbfinale gegen Borussia Dortmund das Aus. Zuvor wurde unter anderem der deutsche Meister VfB Stuttgart im Elfmeterschießen besiegt.

Zwar seien die "Erinnerungen schön, aber schon wieder verblasst", erklärte Jenas Trainer. Vielmehr wolle man den Zuschauern etwas bieten. "Frischen Fußball, die Attribute auf den Platz bekommen, die wir auch in der Liga gezeigt haben." Sprich: Tempo und eine aktive Spielweise, "nicht nur verteidigen, sondern mutig die Chancen suchen." Auch die eher düstere Bilanz gegen die Werkself mit zwei Niederlagen und 0:6 Toren ist nicht mehr als eine Randnotiz. Die Außenseiterrolle müsse aus den Köpfen, hob Bürger hervor:

Ja, wir sind deutlich unterklassiger. Trotzdem können wir laufen, kämpfen und aufs Tor schießen. Wir suchen unsere Chance und wollen so ernsthaft wie möglich und mit dem nötigen Schuss Lockerheit ins Spiel gehen. Henning Bürger | Trainer FC Carl Zeiss Jena

Weinhauer: "Wir brauchen uns nicht zu verstecken"

Eben jene Lockerheit, die sich Jena mit erfrischendem Offensivfußball in den vergangenen Wochen erarbeitet hat. Die jüngsten Ergebnisse seien alles andere als eine Selbsverständlichkeit, erklärte Bürger: "Das hat niemand von uns erwartet und gibt maximales Selbstvertrauen". Weinhauer ergänzte: "Es läuft momentan sehr gut. Wir brauchen uns nicht zu verstecken."

Der 23-Jährige hat bereits zehn Treffer in fünf Ligaspielen erzielt und den Ausfall von Elias Löder eindrucksvoll kompensiert. Die Mannschaft harmoniert auf und neben dem Platz prächtig. Bürger hat es bereits in der vergangenen Saison geschafft, eine Einheit zu formen, die durch spielerische Klasse und Mentalität überzeugt. Warum sollte es also nicht auch im Pokal gegen einen schier übermächtigen Gegner gelingen?

Bürger weiß, wie man Leverkusen schlägt

"Wir müssen das Spiel genauso angehen, wie die ersten fünf Saisonspiele", betonte Reddemann. Gerade die jüngst absolvierten Partien gegen Plauen und Chemnitz sollen als Blaupause gelten. Mit genau dieser Intensität sollen auch Alonsos Mentalitätsmonster geärgert werden. "Ich hoffe, dass wir einen geilen Pokalfight bieten", so Reddemann. "Man zählt gefühlt die Stunden, wann es losgeht. Wir sind alle bereit." Bürger dürfte es ähnlich gehen. "Die Jungs sind hochmotiviert und wollen den Zuschauern ein sehr gutes Spiel bieten."

Jena-Trainer Bürger: "Wir wollen frischen Fußball spielen"

Im Übrigen kennt Jenas Trainer das Gefühl, Bayer Leverkusen zu besiegen. 1991 trafen beide Teams in einem Freundschaftsspiel aufeinander. Der FCC gewann dank des Treffers von Heiko Weber mit 1:0. Bürger stand die gesamten 90 Minuten auf dem Feld. Es ist bis heute der einzige Sieg eines Jenaer Teams gegen die Werkself. Bleibt abzuwarten, was Mittwochabend passiert - Favoritenrolle hin oder her.

jsc