Frankfurt plötzlich im Meister-Rennen Titelkandidat? Eintracht-Frauen träumen vom großen Coup
Die Eintracht Frankfurt Frauen geben sich trotz ihres Höhenflugs und des Sprungs an die Tabellenspitze zurückhaltend. Die Qualität im Kader ist aber bemerkenswert, der große Coup durchaus möglich.
Für eine echte Kampfansage ist die Spielzeit in der Frauenfußball-Bundesliga einfach noch zu jung. Nach sechs von 22 absolvierten Spieltagen muss man nicht lange überlegen, um ohne Probleme um den ebenso berühmten wie heißen Titelkandidatinnen-Brei herumzudribbeln. Die Saison ist noch lang, es sind noch so viele Punkte zu vergeben, das ist eine schöne Momentaufnahme, hört man so oder so ähnlich immer wieder.
Bei Niko Arnautis, dem Trainer der Eintracht Frankfurt Frauen, klang das im Gespräch mit dem hr-sport am Dienstag so: "Wir können stolz sein. Wir wissen aber auch, dass wir noch viele Spiele haben." Ja, so ist es.
Die Eintracht, nach dem 6:0-Kantersieg gegen den SC Freiburg immerhin Tabellenführer der Frauenfußball-Bundesliga, orientiert sich trotz ihres Höhenflugs am handelsüblichen Vorgehen und verzichtet auf markige Worte. Demut statt Hochmut kennt man in Frankfurt zwar anders, ist in diesem Fall aber durchaus verständlich. Doch ist die Zurückhaltung auch wirklich angebracht?
Die Eintracht vereint Spektakel und Erfolg
Blickt man auf den Saisonverlauf und die aktuellen Formkurven: nicht unbedingt. Die Eintracht, die so ernüchternd in die Saison gestartet war und sich nach dem Aus in der Champions-League-Qualifikation erst einmal schütteln musste, ist derzeit das spannendste und spektakulärste Team der Liga.
Nationalspielerin Laura Freigang führt mit sieben Treffern die Liste der Torjägerinnen an, Barbara Dunst ist die beste Vorbereiterin der Liga, Nicole Anyomi zudem hinter Freigang die beste Scorerin. Dass die Japanerin Remina Chiba gegen Freiburg auch noch in bester Robert-Lewandowski-Manier einen Hattrick in vier Minuten erzielte, rundet das Gesamtpaket ab. Die Eintracht macht Spaß und hat Erfolg. "Wir machen es richtig gut und stehen verdient da", fasste Arnautis zusammen.
Dass die Eintracht, die in der vergangenen Saison mit großem Abstand hinter dem Top-Duo Bayern München und dem VfL Wolfsburg Dritter geworden war, nicht zufällig da oben steht, bewies am Dienstag nicht zuletzt die Nominierungsliste des neuen Bundestrainers Christian Wück. Im Kader für die anstehenden Länderspiele der DFB-Elf gegen England und Australien stehen gleich acht Frankfurterinnen. Zum Vergleich: Ins – etwas kleinere – Olympia-Aufgebot hatte es nur ein Eintracht-Trio geschafft. Ergo: Es hat sich etwas entwickelt in den vergangenen Wochen.
Die Chance ist da
Ob das nun reicht, um die Bayern und die Wölfinnen wirklich dauerhaft zu ärgern, wird sich sicher zeigen müssen. Der 3:0-Sieg gegen den VfL Wolfsburg vor rund zwei Wochen war aber ein Statement und ein klares Zeichen an die beiden Aushängeschilder des deutschen Fußballs. Mit dieser Eintracht ist zu rechnen. "Dass wir nun an der Tabellenspitze stehen, ist ein Zeugnis der vergangenen Wochen, in denen wir einfach gut Fußball gespielt haben", betonte Freigang. Die Hessinnen haben mit 22 erzielten Treffern die beste Angriffsreihe der Liga, nur drei Gegentore sind ebenfalls Bestwert. Warum also nicht ganz oben angreifen?
Klar ist: Einen besseren Zeitpunkt für den ganz großen Wurf gibt es wohl nicht. Die Wolfsburgerinnen haben einen großen Umbruch hinter sich und sind noch lange nicht so gefestigt wie in den vergangenen Jahren. Die Bayern, die nach zuvor 44 ungeschlagenen Spielen in Folge am vergangenen Wochenende wieder einmal ein Spiel verloren, sind zwar weiter der große Favorit. Unbesiegbar sind sie aber nicht.
Die Eintracht in Lauerstellung
"Wir wollen da sein, wenn die Bayern nicht da sind", hatte Wolfsburgs Trainer Tommy Stroot die Marschrichtung für sein Team vor der Saison ausgegeben. Ein Satz, den Arnautis wohl nie sagen würde. Ein Satz, der inzwischen aber besser nach Hessen als nach Niedersachsen passt. Die Eintracht liegt in Lauerstellung und fühlt sich in dieser Rolle pudelwohl. Wenn gegen Bremen am kommenden Samstag (12 Uhr) nichts schief geht, reisen die Frankfurterinnen Anfang November als Spitzenreiter zum Topspiel nach München.
Je nach Ausgang dieser Partie müsste die Eintracht ihre Kommunikation dann noch einmal überdenken. In Frankfurt könnten dann doch irgendwann Kampfansagen zu hören sein. Titelgewinn? Warum denn nicht!