Schiedsrichter-Experte erklärt Darum war die Rote Karte gegen Kolo Muani korrekt
Der Platzverweis gegen Randal Kolo Muani schwächte Eintracht Frankfurt gegen Neapel immens und erhitzte nach Abpfiff die Gemüter. Schiedsrichter-Experte Lutz Wagner verteidigt die Entscheidung, liefert aber auch Argumente für Gelb.
Nach der 0:2-Niederlage von Eintracht Frankfurt gegen die SSC Neapel ging es in den Katakomben der Frankfurter Arena immer wieder um eine Thema: den Platzverweis gegen Randal Kolo Muani. Der junge Franzose war nach einem harten Einsteigen gegen seinen Gegenspieler Frank Anguissa mit glatt Rot vom Platz geflogen (58. Minute) und hatte sein Team damit erheblich geschwächt. Die große Frage: War dieser Platzverweis gerechtfertigt? Die Meinungen darüber gingen selbst bei der Eintracht weit auseinander.
Während Sportvorstand Markus Krösche direkt nach Abpfiff Verständnis zeigte und die Entscheidung als "hart, aber zu vertreten" bezeichnete, schüttelten Torhüter Kevin Trapp und Mario Götze bei der Frage nach der Berechtigung der Roten Karte nur den Kopf. "Beide wollen zum Ball, das finde ich schon sehr hart", monierte Trapp. "Das geht total schnell, für mich ist das keine Rote Karte", ergänzte Götze. Und auch Trainer Oliver Glasner plädierte eher für eine Verwarnung. "Er trifft zuerst den Ball, dann ist es Gelb." Eine Situation, viele Meinungen. Aber was ist richtig?
Kolo Muani (am Boden) sieht Rot.
Schiedsrichter entscheidet auf grobes Foul
Klar ist: Schiedsrichter Artur Dias, der direkt neben dem Zweikampf stand und beste Sicht hatte, bewertete das Vergehen von Kolo Muani als gesundheitsgefährdend und dementsprechend als grobes Foul. "Tacklings oder Zweikämpfe, die die Gesundheit des Gegners gefährden oder übermäßig hart oder brutal ausgeführt werden, sind als grobes Foul zu ahnden", heißt es dazu in den offiziellen Regeln. Und da ein solches grobes Foul zwingend eine Rote Karte nach sich zieht, blieb Dias keine andere Wahl.
Eine Interpretation, der auch Schiedsrichter-Experte Lutz Wagner im Gespräch mit dem hr-sport folgt. Die entscheidende Frage sei, ob Kolo Muani seinen Gegenspieler nur fahrlässig und rücksichtlos oder schon übermäßig hart gefoult habe, so der DFB-Schiedsrichter-Lehrwart. "Wenn das Foul mit einer gewissen Brutalität ausgeführt wurde und eine Verletzung des Gegenspielers in Kauf genommen wird, ist es Rot. Kolo Muani trifft seinen Gegenspieler mit offener Sohle etwas oberhalb des Knöchels, das Trefferbild spricht also für einen Platzverweis."
Kolo Muani trifft seinen Gegenspieler am Knöchel.
Heißt: Kolo Muani ist zwar keine böse Absicht zu unterstellen. Da er sich den Ball zu weit vorlegt und dann mit vollem Risiko durchzieht, hat er sich die Rote Karte aber selbst zuzuschreiben. Alex Feuerhardt von Collinas Erben erklärt dazu bei Twitter: "Das ist eine Situation, in der bei jedem Referee die Alarmglocken klingeln. Nicht selten kommt es in solchen Fällen zu einem potenziell gesundheitsgefährdeten Treffer." Auch sein Urteil deshalb: "Die Entscheidung passt."
Es gibt auch Argumente für Gelb
Es gibt allerdings noch einen Haken: Da Kolo Muani vor dem Foul auch noch den Ball berührt, hätte das Urteil des Unparteiischen auch anders ausfallen können. Dass der Eintracht-Stürmer den Ball touchiert, würde das Foul zwar nicht pauschal entschärfen, so Wagner. Letztlich sei das dann aber Auslegungssache des Schiedsrichters. "Die Rote Karte entspricht den Regeln und geht in Ordnung. Da Kolo Muani vorher den Ball touchiert und das sicher nicht absichtlich gemacht hat, gibt es aber auch Argumente für Gelb." Wichtig zudem: Da es in diesem Fall mehrere Meinungen, aber keine falsche gibt, konnte und durfte der VAR nicht eingreifen.
Die Eintracht und Kolo Muani dürfen sich also nicht beschweren. Eine andere Farbe der Karte wäre aber zumindest möglich und ebenfalls vertretbar gewesen. "Der Schiedsrichter stand sehr nah dran und hat sehr schnell entschieden", fasste Wagner die Situation abschließend zusammen. "Das ist das, was wir uns alle wünschen." Ob die Eintracht das auch so sieht, darf zumindest angezweifelt werden.