Choreo vom Hessenderby Eintracht Lilien

Vor Derby Eintracht gegen Lilien Rechnungshof - Klubs sollen für Polizeieinsatz bezahlen

Stand: 31.01.2023 13:39 Uhr

Im DFB-Pokal steht das Hessenderby an: Eintracht Frankfurt gegen Darmstadt 98. Wegen der Fan-Rivalität gilt es als Risikospiel. Der hessische Rechnungshof fordert, dass bei solchen Spielen nicht allein die Öffentlichkeit die hohen Kosten für den Polizeieinsatz im Umfeld trägt.

Von Tobias Lübben

Beim Hessenderby geht es oft hoch her - im Spiel, manchmal auch im Umfeld. Vor sechs Jahren trafen die Klubs zuletzt in einem Pflichtspiel aufeinander, im Februar 2017. Schon vor der Partie im Frankfurter Waldstadion kam es zu einer Schlägerei im Stadtteil Bockenheim. Bilanz: mehrere Verletzte, 50 Festnahmen. Im Jahr davor hatte die Polizei in Darmstadt noch mehr Arbeit: Nach einer Massenkeilerei auf dem Luisenplatz nahm sie über 500 Randalierer vorübergehend fest. Zuvor hatte die Darmstädter Stadtverwaltung sogar ein Betretungsverbot für Frankfurter Fans ausgesprochen, das jedoch einer Klage vor dem Verwaltungsgericht nicht standhielt.

Die Polizeieinsätze bei den Derbys kosteten das Land Hessen nach Regierungsangaben rund eine Million Euro pro Spiel. Auch aktuell bereitet sich die Polizei auf einen Großeinsatz vor. Am 7. Februar steht im DFB-Pokal das nächste Risikospiel Eintracht gegen Lilien an. Teile der beiden Fanlager befehden sich ohne Pardon. Der Hessische Rechnungshof fordert nun, bei solchen Spielen die Klubs an den Einsatzkosten zu beteiligen.

"Allein schon aus Gerechtigkeitsgründen"

Das Hessenderby sei "eines der Spiele, die erheblich Ärger machen", sagt Rechnungshofpräsident Walter Wallmann dem hr. Für den Mehraufwand bei der öffentlichen Sicherheit komme bisher die Allgemeinheit auf. "Allein schon aus Gerechtigkeitsgründen" sei er dafür, auch die Veranstalter an den Kosten zu beteiligen, so Wallmann.

In die gleiche Kerbe schlägt der Bund der Steuerzahler (BdSt) in Hessen. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) mache Jahr für Jahr Milliardenumsätze, sagt BdSt-Sprecher Moritz Venner. Es gehe nicht darum, kleine Sportvereine zu belasten, sondern nur Profiklubs, die Risikospiele veranstalten. Bei brenzligen Partien seien die Einsatzkosten bis zu zehnmal so hoch wie bei unproblematischen Spielen.

Innenministerium knüpft Kostenfreiheit an Bedingung

Allen Appellen zum Trotz will die Landesregierung bisher keine Gebühren von den Profiklubs verlangen. Die Polizei gewähre die öffentliche Sicherheit "auch bei Fußballspielen ohne Gebührenbescheid", teilt das Innenministerium auf hr-Anfrage mit. Allerdings knüpft die Regierung die Gratis-Zusage an eine Bedingung: Vereine und Verbände müssten "alles tun, um Gewalt und den Einsatz von Pyrotechnik zu verhindern".

Tatsächlich betreiben beide Vereine Fanprojekte und gehen auch, etwa mit Stadionverboten oder Appellen, gegen gewalttätige Fans vor. Ausschreitungen konnte das allerdings nicht immer verhindern.

Etwas forscher ist das Nachbarland Rheinland-Pfalz. Die rot-grüne Regierung in Mainz will die Klubs an den Kosten beteiligen, wartet aber noch eine mögliche bundeseinheitliche Lösung ab. Auch im CDU-geführten Sachsen hat der zuständige Landtagsausschuss dafür votiert, den Klubs Rechnungen zu schicken.

Beschwerden der DFL endeten mit Niederlagen

Losgetreten hat die Debatte das Land Bremen. Es erhebt seit 2015 Gebühren für "gewinnorientierte Veranstaltungen" mit mehr als 5.000 Teilnehmern und "erfahrungsgemäß zu erwartenden Gewalthandlungen". Die Regelung ist zwar nicht fußballspezifisch, betrifft aber in der Praxis bisher nur die DFL als Veranstalterin der Bundesliga. Die erste Rechnung verschickte Bremen 2015 nach dem Nordderby zwischen Werder und dem HSV.

Zäh kämpft die DFL seither juristisch gegen die Gebührenbescheide - wenn auch ohne Erfolg. Was die Verwaltungsgerichtsbarkeit angeht, hat sie im vergangenen Jahr schon die finale Niederlage erlitten. Das Bundesverwaltungsgericht wies eine DFL-Beschwerde endgültig ab. Das Land Bremen könne die Kosten für Risikospiele in Rechnung stellen. Nun greift der Verband der deutschen Profifußballvereine zum letzten Strohhalm. Er hat vor dem Bundesverfassungsgericht Beschwerde eingereicht.

Außerhalb des Stadions, argumentiert die DFL, sei der Staat für die Sicherheit zuständig. Wenn sich in der Innenstadt Menschen prügelten, sei nicht der Veranstalter schuld. Das Bundesverwaltungsgericht sieht es anders: Der Veranstalter profitiere sehr wohl davon, wenn die Polizei bei so einem Fußballspiel für ein friedliches Umfeld sorge. Außerdem verlange der Staat auch in anderen Fällen Gebühren - etwa, wenn die Polizei bei einem Schwertransport den Verkehr regele.

Für Klarheit sorgt wohl erst oberstes Gericht

Beim Hessenderby in der kommenden Woche ist die DFL zwar nicht direkt angesprochen. Es ist ein Pokalspiel, und den Pokal veranstaltet der Deutsche Fußballbund (DFB). Doch in dieser Frage sich die beiden Fußballverbände einig. "Der DFB und die DFL vertreten in dieser Angelegenheit nach wie vor die gleiche Position", teilt der Fußballbund dem hr mit. Und die heißt: Wir wollen nicht zahlen. Allerdings versucht der DFB offenbar hinter den Kulissen gerade, den Gebührenstreit zu entspannen, wie das WDR-Magazin Sport Inside berichtet.

Die beiden am Hessenderby beteiligten Klubs, Eintracht Frankfurt und Darmstadt 98, äußern sich auf hr-Anfrage bislang nicht zu der Sache. Für endgültige Klarheit wird wohl erst das Bundesverfassungsgericht sorgen. Wann es entscheidet, lässt ein Gerichtssprecher auf Anfrage des hr offen. Eine andere Lösung wäre: Die Fangruppen verhalten sich ab jetzt friedlich.