Eintracht-Jahresrückblick Eintracht-Jahresrückblick: Erst Langeweile, dann Spektakel
Zähe erste Jahreshälfte, spektakuläre zweite – bei Eintracht Frankfurt wurde es auch 2024 nicht langweilig. Der Blick zurück aufs Jahr.
Milde zwölf Grad hatte es am 22. Februar in Frankfurt, um kurz vor Elf am Abend aber sank die Temperatur im Stadtwald kurzzeitig in den Minusbereich. Gerade hatte die Eintracht mit 1:2 gegen Union St. Gilloise verloren und war nach blutleerer Vorstellung aus der Conference League geflogen, "damit sind alle Träume kaputt", resümierte Timothy Chandler in der Mixed Zone, wo das Pfeifkonzert noch nachhallte. Aus im Europacup gegen einen Fußballzwerg aus Belgien, die Eintracht schien am Tiefpunkt, die Stimmung war frostig.
Zumal die Hessen ambitioniert ins Jahr gestartet waren. Die Eintracht ging als Tabellensechster ins neue Jahr, startete mit 27 Punkten in die Rückrunde, zudem wurde mit Donny van de Beek, Sasa Kalajdzic und Hugo Ekitiké ordentlich nachgerüstet. Die eklatante Lücke im Sturmzentrum, die seit dem Abgang Randal Kolo Muanis klaffte, schien geschlossen, mit van de Beek kam zudem ein Mann fürs Mittelfeld, der einige Jahre zuvor noch auf dem Weg in die Weltklasse war.
"Wir müssen wieder Eintracht-Frankfurt-Volle-Power-Fußball spielen"
Allein, es kam anders. Bei Kalajdzic riss das Kreuzband, zum dritten Mal in seiner Karriere. Ekitikés körperlicher Zustand ließ mehr als zu wünschen übrig, und Van de Beek war nur noch ein Schatten vergangener Tage. In der Liga reihte die Eintracht Unentschieden an Unentschieden, 14 Stück sollten am Ende in der Statistik stehen, die Vorstellungen waren oft zäh, das Spiel hatte etwas Statisches. "Wir müssen wieder Eintracht-Frankfurt-Volle-Power-Fußball spielen", sagte Chandler nach dem Aus gegen St. Gilloise. Und er sprach allen im Umfeld aus der Seele.
Weil sich von den Verfolgern aus Hoffen- und Heidenheim aber auch niemand ernsthaft für Tabellenplatz sechs bewarb, trudelte die Eintracht auf einem Europa-League-Platz ein. Und schaffte so ein Happy End einer sehr zähen Saison, die mangels Mittelstürmer für Neu-Coach Dino Toppmöller ungünstig begonnen hatte. Zumindest gefühlt stand Toppmöller im Sommer dann auch auf der Kippe, nachdem Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche ein klares Bekenntnis zunächst vermied. Nach einer eingehenden Saisonanalyse ging es dann doch gemeinsam weiter. "Er hat einen sehr guten Eindruck gemacht und überzeugend aufgezeigt, dass er die Power hat, in der neuen Saison eine positive Entwicklung voranzutreiben", so Krösche über Toppmöller.
"Er hat einen sehr guten Eindruck gemacht"
Gesagt, getan. Der Kader wurde, das erste Mal seit Jahren, größtenteils zusammengehalten, mit Ausnahme von Willian Pacho ging kein Stammspieler. Zudem ging Toppmöller aus der schwierigen ersten Saison gestärkt hervor, präsentierte sich in der Saisonauftakts-Pressekonferenz klar und aufgeräumt und passte seine Spielphilosophie ein wenig an. Und weil auch der Kader clever verstärkt wurde, allen voran mit den Defensiv-Haudegen Arthur Theate und Rasmus Kristensen, und sich Omar Marmoush zum Weltklasse-Stürmer weiterentwickelte, schaffte die Eintracht den Turnaround.
In der Liga stand am ersten Spieltag zwar eine Niederlage in Dortmund, doch der Auftritt der Eintracht machte Mut für die Saison. Nach vier Siegen in Folge setzten sich die Hessen in der Spitzengruppe fest, als Marmoush in der Nachspielzeit gegen den FC Bayern München zum 3:3 traf, sangen die Fans "Deutscher Meister wird nur die SGE".
7:2 gegen Bochum, 3:1 gegen Besiktas
Dazu wird es wohl nicht kommen, die erste Saisonhälfte hatte aber auch so schon diverse Highlightspiele parat. Im Pokal schlug die Eintracht Borussia Mönchengladbach trotz 80-minütiger Unterzahl. In der Liga wurde Bochum mit 7:2 aus dem Stadion gefegt. Und in der Europa League setzten die Hessen früh mit einem souveränen 3:1 bei Besiktas Istanbul ein Ausrufezeichen.
Dass der Eintracht im Jahresendspurt ein wenig die Puste ausging und zweimal in Leipzig sowie in Lyon verloren wurde, war möglicherweise der hohen Belastung in drei Wettbewerben geschuldet. Dennoch lässt sich bei Eintracht Frankfurt zuversichtlich aufs neue Jahr blicken, der dritte Platz ist kein Zufall. Was dann im Sommer dabei herauskommt, bleibt abzuwarten. Ein Versprechen von Krösche gab es indes schon: "Ich kann versprechen, dass wir den Weg weitergehen und versuchen werden, diesen offensiven Spektakelfußball weiterhin zu zeigen", sagte er im Interview mit dem hr-Sport.