Tadej Pogacar jubelt nach der 15. Etappe der Tour de France

Tour de France, 15. Etappe Vingegaards Attacke verpufft - nächste Machtdemonstration von Pogacar

Stand: 14.07.2024 17:50 Uhr

Jonas Vingegaard hat wirklich alles versucht - aber momentan einfach keine Chance: Bei der Tour de France musste der Titelverteidiger am Sonntag (14.07.2024) auf der 15. Etappe wie schon am Vortag Tadej Pogacar zum Sieg gratulieren.

Der Tour-Sieger von 2020 und 2021 riss nach 197,7 Kilometern erneut als Erster mit einem großen Vorsprung im Ziel die Arme hoch, Vingegaard folgte ihm 1:08 Minuten später und wurde Tageszweiter. Der Champion der vergangenen beiden Jahre hatte zuvor attackiert, war im letzten Drittel des Schlussanstiegs aber ohne Chance. Immerhin: Vingegaard hat seinen Vorsprung im Gesamtklassement auf die Verfolger erhöht, der Rückstand auf Pogacar liegt aber nun bei über drei Minuten.

Pogacar: "Gespürt, dass Vingegaard das nicht durchziehen kann"

"Schade. Wir haben einen Plan gehabt und wollten Pogacar attackieren und müde machen, aber er war immer noch zu stark", sagte Visma-Sportdirektor Grischa Niermann im Sportschau-Interview und schätzte die Chancen auf einen erneuten Gesamtsieg als sehr gering ein. "Ich bin stolz auf unsere Mannschaft und auch Jonas ist super gefahren, aber da ist einer noch besser. Es kommen noch ein paar schwere Etappen und es ist noch alles möglich, aber es sieht im Moment nicht danach aus."

Pogacar sagte im offiziellen Veranstalter-Interview, dass er sich "nie vorgestellt hätte, dass es am Ende der zweiten Woche so gut laufen könnte". Er sei mit seiner Form "sehr glücklich" und "durchaus am Limit gewesen, als Jonas angegriffen hat, aber ich habe auch gespürt, dass er am Anschlag ist und nicht die Beine hat, um das bis zum Ende durchzuziehen". Und zu seinem möglichen dritten Gesamtsieg meinte Pogacar: "Es sieht jetzt sehr gut aus, die Führung ist komfortabel, aber wir müssen in den letzten sechs Tagen konzentriert bleiben."

Hindley darf attackieren - ist sich mit Konkurrenten aber nicht einig

Vier Anstiege der ersten Kategorie mussten die Fahrer bewältigen, doch trotz des Mammutprogramms am französischen Nationalfeiertag wurde ein Showdown auf den 15,8 Kilometern mit einer durchschnittlichen Steigung von 7,9 Prozent auf das Plateau de Beille erwartet - und so kam es auch. Als die Verfolger um das Gelbe Trikot in den letzten Anstieg gingen, betrug der Vorsprung des Spitzenquintetts nur noch 2:20 Minuten.

Laurens de Plus, Enric Mas, Tobias Johannessen, Richard Carapaz und Jai Hindley, der durch den Ausstieg von Bora-Kapitän Primoz Roglic die Lizenz zur Attacke hatte, hatten die Führung inne, sie waren sich aber nicht einig genug, um den Vorsprung ins Ziel zu retten. Schon auf der Anfahrt auf den finalen Berg hatten sie viel Zeit verloren, in der Steigung ging es dann zeitlich ebenfalls rapide bergab.

Jorgensen hängt Vingegaard-Konkurrenten ab

Gerade Carapaz versuchte, seine Qualitäten am Berg auszunutzen und griff als Erster an, seine Kontrahenten konnten ihm allerdings folgen. Währenddessen drückte im Feld der Favoriten Matteo Jorgensen für seinen Kapitän Vingegaard aufs Tempo und sorgte dafür, dass ein Teil der Topfahrer schon frühzeitig den Anschluss verlor. 10,5 Kilometer vor dem Ziel hatte sein Edelhelfer alle Kräfte aufgebraucht, Vingegaard trat an und nur Pogacar konnte ihm folgen.

Der Titelverteidiger wollte den Plateau-de-Beille-Anstieg, der ihm mit seiner bis kurz vor Schluss enormen Steigung liegen sollte, nutzen, um Pogacar im Kampf um das Gelbe Trikot näherzukommen - mindestens aber, um seinen zweiten Rang zu festigen. Dass einer der beiden Topfahrer wieder siegen würde, war in diesem Moment klar, nur noch eine halbe Minute betrug der Rückstand zehn Kilometer vor dem Ziel.

Evenepoel sichert Rang drei ab, dahinter gibt es Bewegung

Bei 9,3 Kilometer war die Flucht von Carapaz, der als kämpferischster Fahrer ausgezeichnet wurde, und Co. vorbei. 400 Meter später waren Vingegaard und Pogacar wieder mal allein an der Front - und die Frage war: Kann Vingegaard seinen Widersacher mit konstant hohem Tempo abhängen, oder kommt wieder der explosive Antritt Pogacars, der ihm unter anderem am Vortag den Sieg beschert hatte?

Hinter den beiden schien die Situation auch recht schnell klar. Remco Evenepoel (im Ziel 2:51 Minuten hinter Pogacar) distanzierte seine Top-3-Verfolger um Joao Almeida und Carlos Rodriguez, zeigte erneut eine starke Leistung hinter den beiden Ausnahmefahrern, sicherte seinen Podestplatz (+5:19 Minuten) weiter ab. Vierter im Gesamtklassement ist nun Pogacars Teamkollege Almeida (+10:54 Minuten) vor Mikel Landa (11:21 Minuten). Rodriguez (+11:27 Minuten) ist auf Rang sechs zurückgefallen.

5,4 Kilometer vor dem Ziel lässt Pogacar Vingegaard stehen

5,4 Kilometer vor dem Ziel fiel die Entscheidung auf der Königsetappe: Pogacar schien zuvor nahezu mühelos im Sitzen hinter Vingegaard herzufahren, dann ging er aus dem Sattel, trat an und distanzierte seinen Kontrahenten in Windeseile. Vingegaard kämpfte zwar, hielt den Rückstand möglichst kurz, aber hatte keine Chance, an Pogacar ranzukommen, der seine dominante Form erneut unter Beweis stellte. Der Slowene feierte seinen zweiten Etappensieg in Folge mit erneut deutlichem Vorsprung.

Girmay wird nach Zwischensprint bestraft

Bevor es aber in die fünf anspruchsvollen Bergwertungen ging, kämpften die Sprinter um wichtige Punkte in Marignac. Dabei wurde Biniam Girmay im Grünen Trikot beim Zwischensprint in Marignac von der Jury nachträglich zurückgesetzt. Der Eritreer hatte sich gegen Michael Matthews durchgesetzt, knapp 20 Minuten später wurde er jedoch bestraft, weil er seine Linie verlassen und Matthews geschnitten hatte. Girmay wurde als Dritter gewertet.

16. Etappe am Dienstag

Zunächst haben die Fahrer am Montag einen Ruhetag, bevor es mit der 16. Etappe am Dienstag (16.07.2024, Live-Ticker bei sportschau.de) weitergeht. Die Flachetappe von Gruissan nach Nimes zählt 189 km und ist die letzte Chance für die Sprinter, einen Etappensieg einzufahren. Allerdings weht in dieser Region der Mistral, der schon hin und wieder für einen enorm anstrengenden und schwer zu berechnenden Tag mit Windkanten gesorgt hat.