Freudentränen nach Gold im Zeitfahren Hausberger krönt Karriere voller Umwege - "Wollte aufgeben"
Ihre Leichtathletik-Karriere musste sie auf Anraten der Ärzte beenden, auf dem Rad erfüllte sich Maike Hausberger nun mit Paralympics-Gold ihren Kindheitstraum. Im Zielbereich brachen alle Dämme.
Zum ganz großen Glück fehlten Maike Hausberger am Mittwoch (04.09.2024) eigentlich nur noch ihre Eltern. Nach dem sensationellen Sieg im Einzelzeitfahren bei den Paralympics 2024 in Paris wollte die 29-Jährige ihre Freude über die Goldmedaille auch mit Mama und Papa teilen. Allein: Sie waren nicht zu finden. "Ich habe sie überall gesucht, vielleicht haben sie sich zurückgezogen", sagte die sichtlich bewegte Hausberger im Zielbereich am ARD-Mikrofon. Nach dem großen Erfolg der Tochter mussten sie wohl erst einmal durchatmen.
Was die Eltern also vermutlich im Verborgenen taten, machten Hausberger und ihr Betreuer-Team in aller Öffentlichkeit: Sie ließen ihren Gefühlen freien Lauf und verdrückten dicke Freudentränen. "Um mich herum haben alle geweint," schluchzte Hausberger. "Es ist einfach unbegreiflich. Ich habe keine Worte."
Paralympics-Traum im Alter von 13 Jahren
Nun ist so eine paralympische Goldmedaille per se ein sehr guter Grund für feuchte Augen, im Fall von Hausberger wurden am Mittwoch aber wohl auch einige Außenstehende emotional. Denn: Dass die mit einer halbseitigen Lähmung geborene Paracyclerin überhaupt bei den Spielen in Paris dabei ist, war lange Zeit alles andere als klar. Die Karriere der gebürtigen Triererin nahm gleich mehrere Wendungen und stand einige Male sogar vor dem Aus. "Die letzten Jahre waren mega hart. Ich habe mehrfach ans Aufgeben gedacht", so Hausberger.
Doch was ist in den vergangenen Jahren passiert? Wir beginnen in Hausbergers Jugend: Im Jahr 2008, das erzählte sie in einem Interview, fasste die damals 13-Jährige auf der heimischen Couch den Entschluss, auch einmal bei den Paralympics teilzunehmen. Genau wie die Athleten und Athletinnen, denen sie im Fernsehen zuschaute, wolle auch sie vor einem großen Publikum Sport treiben und Titel gewinnen, sagte sie damals ihrer Mutter. Ihr Plan: Leichtathletin werden, durchstarten.
Ärzte raten von Leichtathletik ab
Genau das klappte dann für einige Zeit gut, sogar sehr gut. In einem kleinen Verein in Trier machte Hausberger die ersten Schritte, schon vier Jahre später qualifizierte sie sich für die Paralympischen Spiele in London und ging dort im 400-Meter-Lauf (5. Platz) und im Weitsprung (9. Platz) an den Start. Auch bei den Spielen 2016 in Rio de Janeiro war sie als Leichtathletin dabei, eine Medaille blieb ihr allerdings verwehrt. Was dann folgte, veränderte alles.
Im Rahmen einer Untersuchung einer langwierigen Sprunggelenksverletzung stellte ein Arzt fest, dass Hausbergers Gelenk aufgrund ihrer Behinderung nicht vollständig ausgebildet war und das Wadenbein bei hoher Belastung direkt auf das Gelenk schlug. An Sprints und Sprünge war fortan nicht mehr zu denken. Hausberger musste die Sportart wechseln und entschied sich zunächst für Triathlon.
Später Wechsel aufs Rad zahlt sich aus
Da ihre Startklasse jedoch nicht für die Paralympics 2021 in Tokio vorgesehen war, strich sie nach einem dritten Platz bei der WM 2017 und einem zweiten Platz bei der Europameisterschaft im gleichen Jahr auch noch das Schwimmen sowie das Joggen und konzentrierte sich aufs Radfahren. Eine Entscheidung, die sich in diesem Sommer auszahlte.
Nach ihrer Bronzemedaille im Zeitfahren über die 500 Meter auf der Bahn krönte sie sich vier Tage später auf der Straße zur Paralympics-Siegerin. Damit erfüllte sie sich ihren auf dem Fernsehsessel formulierten Kindheitstraum. Was für eine Geschichte.
"Meine Schwester hat mir vor dem Rennen eine Nachricht geschickt, dass ich stolz darauf sein kann, dass ich durchgezogen habe", so Hausberger. "Als ich nach dem Rennen dann die Ergebnisliste gesehen habe, ist es aus mir herausgebrochen." Eine sehr verständliche Reaktion. Und auch die Eltern sind sicher irgendwann wieder aufgetaucht.