Karriereende beim Davis Cup Rafael Nadal - ein großer Kreis schließt sich
Rafael Nadal feiert bei den Davis-Cup-Finals in Malaga seinen Abschied. Einen treffenderen Ort für das letzte Turnier der Karriere hätte sich der Mallorquiner nicht malen können.
Als vorletzter Teilnehmer der Pressekonferenz vor dem Start der Davis-Cup-Finals kam Rafael Nadal in den enormen Ballsaal des Teamhotels Higueron Malaga. Wegen des riesigen Medieninteresses hatten die Veranstalter die letzte große Presserunde der Karriere Nadals weg aus dem Medienraum in der Tennisarena hin vor die Tore Malagas verlegt.
Dieser Tage ist schließlich alles ein bisschen größer in der spanischen Küstenstadt. Überall haben die Veranstalter des Davis Cups Anpassungen vorgenommen, seitdem klar ist, Rafael Nadal wird hier seine Karriere beenden. Ein letztes Mal hebt Nadal die Tenniswelt aus den Angeln, ein letztes Mal überstrahlt er einen Sport, dem er mit der Zeit immer mehr entwachsen ist.
Der Sport wird zur Nebensache
Schon in dem Moment, wo "Rafa" bekannt gegeben hatte, dass er beim Davis Cup seinen Abschied feiern würde, stand fest, dass die diesjährige Ausgabe seinen Sieger nur in einer Nebenrolle suchen würde. Zu groß ist er im Tennis, eine Ikone in seiner Heimat. Nadal ist der womöglich beste Einzelsportler, den dieses an Sportlerpersönlichkeiten sicher nicht arme Land vorzuweisen hat. Er gehört zu den drei erfolgreichsten Tennisspielern der Geschichte. Unzählige Profis der heutigen Generation geben an, ihn als großes Vorbild zu haben.
Obwohl von vielen erwartet, sendete die Nachricht von Nadals Rücktritt doch Schockwellen durch das Tennis. Der zweite von dreien der in den letzten Jahrzehnten so dominanten Akteure würde damit in den Sonnenuntergang seiner sportlichen Karriere reiten. Von den großen drei wird nur noch Novak Djokovic 2025 die Center Courts dieser Welt betreten, nachdem der Schweizer Roger Federer bereits 2022 zurückgetreten war.
Der Kreis schließt sich
Es ist passend, dass Nadal gerade beim Davis Cup seine Karriere beenden wird. Die Woche in Malaga setzt in fast schon kitschiger Manier eine Klammer um die Karriere des 38-jährigen. Eins der ersten Bilder, welches wohl nicht der privaten Fotosammlung von der Familie Nadal entstammt, zeigt nämlich den 14-jährigen Nadal, wie er als Fahnenträger mit der spanischen Flagge in der Hand beim Davis-Cup-Finale 2000 neben Alex Corretja steht. Zu dem Zeitpunkt gehörte Nadal noch nicht zum Team, ganz schüchtern blickte der spätere Weltstar.
Doch dreieinhalb Jahre später, im Februar 2004, war Nadal, im zarten Alter von 17 Jahren, selbst dabei, als das spanische Team Tschechien besiegte. Keine zehn Monate später war der Raketenstart in diese außergewöhnliche Karriere perfekt. Denn Teamkapitän Jordi Arrese wollte sich im Finale 2004 gegen die USA nicht auf den erfahrenen Juan Carlos Ferrero verlassen.
Stattdessen übertrug er dem 17-jährigen Nadal die Aufgabe, gegen Andy Roddick, zu dem Zeitpunkt die Nummer 2 in der Weltrangliste, zu spielen. Noch wenige Wochen zuvor hatte Roddick dem aufstrebenden Mallorquiner eine Lehrstunde bei den US Open erteilt. Doch dieses Mal war alles anders. Nadal gewann in vier Sätzen und war auf einen Schlag der großen Weltöffentlichkeit bekannt.
Dominanz auf Sand
Es war diese Unbekümmertheit, kombiniert mit einer damals noch außergewöhnlich wirkenden Physis und der Fähigkeit, sich auf jeden einzelnen Ballwechsel zu konzentrieren, die aus Nadal schnell nicht nur einen der jüngsten Davis-Cup-Sieger machten, sondern den Sand-Dominator schlechthin. In den letzten zwei Jahrzehnten hat Nadal insgesamt 14-mal bei den French Open in Paris gewonnen.
Dort, auf dem Center Court mit den riesigen Ausmaßen, wo Nadal immer enorm weit hinter der Grundlinie auf die Aufschläge seiner Gegner warten konnte, sich auf diese Weise mehr Zeit gab, wo der Ball in den Frühsommer-Temperaturen besonders hoch absprang und so seinen Schlägen noch mehr Wucht verlieh, war Nadal über Jahre fast unschlagbar. Dass es der Schwede Robin Söderling schaffte, den Regenten im Jahr 2009, nach vier French Open Siegen in Folge, erstmals zu stürzen, ist eine der größten Sensationen der Tennisgeschichte. Ohne diesen Sieg hätte vielleicht auch Federer nie seinen einzigen Titel in Paris gewonnen.
2009: Robin Söderling (r.) bezwingt Rafael Nadal
Nadal gegen Federer
Am Anfang war die Rivalität zwischen den beiden groß. Hier der heißgeliebte und für sein Spiel verehrte Federer, dort der bullige und aufstrebende Nadal. Das Publikum brauchte Jahre, um mit Nadal seinen Frieden zu schließen. Im Achtelfinale der French Open 2005 spielte er gegen den Franzosen Sebastian Grosjean. Das französische Publikum, generell nicht zimperlich, wenn es darum geht, die Gegner ihrer Landsleute einzuschüchtern, buhte Nadal aus.
Auch in den Folgejahren wurde er eher geduldet als geliebt. Doch schließlich gewöhnte sich das Pariser Publikum an den auf dem Platz so ernsten Nadal. Sie merkten, dass hier ein besonderer Spieler "ihrem" Turnier seinen Stempel aufdrückte.
Rafael Nadal gewinnt 2006 die French Open
Rituale, Muskelshirt, unprätentiös
Es gibt viele Geschichten über Rafael Nadal. Seine Rituale vor jedem Aufschlag, das Muskelshirt, das er zu Beginn seiner Karriere trug, die "Piratenhose". Sein Benehmen auf dem Platz. Nie während seiner Karriere zerstörte er schließlich einen Schläger. Eine Tatsache, die nicht mal der Gentleman Roger Federer von sich behaupten kann.
Nur selten ließ sich der Spanier aus der Ruhe bringen. Spieler wie Nick Kyrgios, lange nicht mit den Erfolgen Nadals gesegnet, schafften es kurzzeitig, ihn zu ärgern. Doch Nadal blieb weitestgehend der Alte. Zwar ist er über die Jahre erwachsen geworden, und doch ist er weiterhin unprätentiös im Auftreten.
Der Körper sendet Signale
Denn auch nun, bei der letzten großen Pressekonferenz, gibt Nadal mit gewohnt leiser Stimme und präzis gewählten Worten Auskunft über das, was ihn bewegt. Nadal sagt, er genieße die Woche, fände es toll, mit seinen Kollegen und Konkurrenten ein letztes Mal, um einen großen Titel zu spielen. Doch der Körper habe ihm gesagt, dass jetzt der richtige Zeitpunkt sei, um aufzuhören.
"Ich hätte ein Jahr länger spielen können, aber warum? Um mich von jedem einzelnen Turnier zu verabschieden? Dazu fehlt mir das Ego", sagt Nadal. So wird der Davis Cup 2024 der letzte Auftritt Rafael Nadals auf einem Tennisplatz werden. Dabei wird er nicht mehr am Rand stehen, wie noch im Jahr 2000 als Fahnenträger. Nein, die ganze Tenniswelt wird sich nur um einen drehen, ihn, Rafael Nadal.