Paralympics in Paris Deutsche Sitzvolleyballer verlieren Krimi um Bronze
Die deutsche Sitzvolleyball-Nationalmannschaft fährt ohne Medaille von den Paralympics aus Paris zurück nach Hause. Im Spiel um Bronze unterlag der Vize-Europameister am Freitag (06.09.2024) gegen Ägypten knapp mit 2:3-Sätzen. Im Finale setzte sich der Rekordchampion aus dem Iran durch.
Die Afrikaner sind zuletzt nicht gerade zum Lieblingsgegner der Deutschen geworden. Bei der WM 2022 gab es das Viertelfinal-Aus, bei den Paralympics in Tokio 2021 die Niederlage im Spiel um Platz fünf.
"Das ist schade für die Jungs. Es war eine knappe Entscheidung, aber der fünfte Satz war zu deutlich. Darüber können wir uns ärgern - aber mehr nicht. Wir sind Vierter der Welt. Punkt", sagte Bundestrainer Christoph Herzog im Sportschau-Interview.
Spieler Francis Tonleu war nach dem verlorenen "kleinen Finale" dagegen völlig niedergeschlagen: "Ich bin einfach leer und so traurig, es tut mir so leid. Das sind sechs Monate Arbeit, die sich jetzt gerade einfach in Luft auflösen. Ich hatte versprochen, eine Medaille nach Hause zu bringen. Das tut so weh."
Ausgleich nach 8:1-Serie
In der gut gefüllten Arena Paris Nord erlebten die Zuschauerinnen und Zuschauer eine ausgeglichene Anfangsphase. Mitte des ersten Abschnitts geriet das Team von Coach Herzog mit 15:17 in Rückstand. In einem hektischen Duell konnte Deutschland nur einen Satzball abwehren, nach dem 22:25 hieß es 0:1.
Im zweiten Abschnitt lief es ordentlich, dann machten die Ägypter wieder Alarm. Der bis dahin spektakulärste Ballwechsel endete auch für den zweifachen Paralympics-Dritten. Den 12:17-Rückstand drehte Deutschland mit einem 8:1-Lauf in eine Führung. Starke Blocks und ein intensiveres Angriffsspiel machten sich bemerkbar.
Jetzt wurde es wie schon in zwei der drei Sätze beim Halbfinal-Aus gegen Bosnien wieder spannend. Nach einem tollen Ballwechsel hieß es 24:22 für Deutschland, beim Stand von 24:23 drückte Heiko Wiesenthal den Ball erfolgreich zum Satzgewinn übers Netz. Bundestrainer Herzog war die Erleichterung anzusehen.
Deutsches Team verspielt Vorsprung
Ägypten, das nach dem Tod des Cheftrainers vor Beginn der Paralympics oft vom erfahrenen Kapitän Hesham Elswikh auf dem Feld gecoacht wird, verlor danach kurz den Faden. Eine deutsche 5:0-Serie ergab ein 6:3. Die engen Aktionen entschied der EM-Zweite in dieser Phase des Matches für sich. Das 14:11 pulverisierte sich aber durch eine folgende 1:7-Serie. Immerhin kam Deutschland noch einmal heran, doch beim Zwischenstand von 23:24 führte ein technischer Fehler zum Satzverlust.
Deutschland konnte sich im Spiel um Platz drei nicht über genug Punktgewinne freuen.
Den vierten Durchgang bestimmte Deutschland. Der Punktgewinn zum 9:6 resultierte aus dem Lamentieren eines Ägypters. Das 17:13 entsprang einem spektakulären Ballwechsel, Trainer Herzog jubelte. Der Paralympics-Fünfte kam wieder heran, jetzt wurde es ein Fehlerspiel. Der zweite Satzball brachte das 25:23.
Ägypten im Tiebreak stärker
Auch im entscheidenden Tiebreak, der nur bis 15 geht, konnte sich kein Team absetzen. Der erfahrene Thomas Renger schmetterte das 4:4. Dann ging Ägypten erstmals mit drei Punkten in Führung. Nach einem Block gegen Tonleu hieß es 5:9. Beim 5:10 nahm Coach Herzog eine Auszeit. Aber auch die brachte keine Wende. Beim 10:14 war die Bronzemedaille endgültig weg. Bester Punktesammler für Deutschland war vor 3910 Zuschauern in den über zwei Stunden Spielzeit Dominik Albrecht mit 17 Zählern.
Der bislang letzte Medaillen-Gewinn von London 2012 mit Platz drei konnte nicht wiederholt werden. 1992 hatte es in Barcelona ebenfalls Bronze und 1984 in Mandeville Silber für das deutsche Team gegeben. Doch auch ohne Medaille zog Kapitän Jürgen Schrapp ein unter dem Strich positives Fazit: "Das waren unglaublich schöne Paralympics in Paris. Für jeden Sportler ist es ein Traum, dabei zu sein. Mit ein bisschen Distanz können wir dankbar sein, dass wir diese Zeit hier erleben durften. Und als Team sind wir wieder einen Schritt gewachsen."
Deutsche Bilanz: zwei Siege, drei Niederlagen
In der Gruppenphase hatte die deutsche Mannschaft gegen Brasilien (3:0) und die Ukraine (3:1) gewonnen, gegen den Weltmeister Iran gab es zum Abschluss ein 0:3. Im Halbfinale ließ die Auswahl des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) beim 0:3 gegen Bosnien-Herzegowina ähnlich wie im Spiel um Platz drei zu viele gute Chancen liegen. Die deutschen Frauen hatten sich für die Spiele nicht qualifiziert.
Top-Favorit Iran gewinnt Finale nach 0:1-Rückstand
Das Sitzvolleyball-Finale gewann Topfavorit Iran gegen Bosnien-Herzegowina mit 3:1-Sätzen (22:25, 30:28, 25:16, 25:14). Mit ihrem Sieg in der Neuauflage des Paralympics-Finals von 2016 feierten die Iraner bereits ihre achte Goldmedaille.
Dabei musste sich das Team um Morteza Mehrzad, den mit 2,46 Meter Körpergröße zweitgrößten Menschen der Welt, ganz schön strecken. Die Bosnier, Paralympics-Sieger von 2004 und 2012, begannen stark. Vor allem mit dem Block der Südosteuropäer hatte Iran Probleme. Den ersten Satz gewann Bosnien-Herzegowina 25:22, im zweiten Satz hatte das Team von Trainer Ifet Mahmutovic drei Satzbälle. Die aber wehrte der Iran ab und gewann den packenden Durchgang noch 30:28.
Nun lief es besser für den Iran. Mit 27 Punkten, davon 25 beim Angriff und zwei aus dem Block, war erneut Sitzvolleyball-Superstar Mehrzad bester Scorer des Finals - und damit Matchwinner für den Iran. Zum Vergleich: Der beste Bosnier Ermin Jusufovic kamen auf 16 Punkte (10/6). Der dritte und vierte Satz gingen klar an den Rekordchampion, nach 1:34 Stunden wurde gleich der erste Matchball verwandelt.