Olympia-Historie Olympische Spiele 1976 in Montreal: Schuldenfalle Olympia
1,4 Milliarden statt 310 Millionen Dollar kosten die Spiele 1976. Die spektakuläre Dachkonstruktion des Olympiastadions wird nicht rechtzeitig fertig. Perfekt ist hingegen Turnerin Nadia Comaneci: siebenmal gibt es die Traumnote 10.
16.000 Polizisten sollen vom 17. Juli bis 1. August die innere Sicherheit rund um Montreal und die olympischen Wettkampfstätten gewährleisten - eine Folge des Attentats von München 1972.
Das kostet: Am Ende erweist sich Olympia für die kanadische Metropole als Planungsdesaster. Unglaubliche 1,4 Milliarden Dollar verschlingen die Spiele. Noch bis 1996 zahlen die kanadischen Bürger per Sondersteuer eine Milliarde Dollar an Schulden ab.
Finanzprobleme, der drastische Anstieg der Inflation, Planungschaos und Streiks auf den Baustellen lassen die Kosten in die Höhe schießen. Für das Olympiastadion ist ein verschließbares Dach geplant. Die spektakuläre Konstruktion wird jedoch nicht rechtzeitig fertig. Statt auf einen großen Turm an der Stirnseite blicken die Zuschauer auf einen Baukran.
Comaneci mit der Traumnote 10,0
Perfektion liefert dagegen Nadia Comaneci: Für ihre faszinierenden Darbietungen an Stufenbarren und Schwebebalken vergeben die Kampfrichter insgesamt gleich siebenmal die Traumnote 10,0! Mit dreimal Gold und je einmal Silber und Bronze avanciert die 14-Jährige aus Rumänien zum Star der Spiele.
Edwin Moses startet seine Erfolgsserie
22 afrikanische Staaten boykottieren Montreal, weil Neuseeland teilnimmt. Das Rugby-Team - die All Blacks - hatte zuvor im international geächteten Südafrika gespielt. Die Folge: Das Niveau der Langstrecken-Wettbewerbe ist nur durchschnittlich.
Aber Sprints und Mittelstrecken haben es in sich: Über 400 m Hürden geht der Stern von Edwin Moses auf. Der 20 Jahre alte US-Amerikaner gewinnt in Weltrekordzeit von 47,64 Sekunden. Zehn Jahre lang bleibt Moses danach (von 1977 bis 1987) in 122 Rennen unbesiegt.
Unvergleichlich kraftvoll und mit fast vier Meter langen Schritten deklassiert der Kubaner Alberto Juantorena seine Gegner über 400 und 800 Meter - das hat es bei Olympia noch nie gegeben.
Richter siegt im Nervenkrieg
Deutsch-deutsche Dramatik im 100-Meter-Finale: Inge Helten hat im Juni 1976 mit 11,04 Sekunden den Weltrekord von München-Olympiasiegerin Renate Stecher (Jena/11,07) verbessert. Ihre Dortmunder Clubkameradin Annegret Richter schraubt diese Marke im Halbfinale auf 11,01. Nach drei (!) Fehlstarts im Endlauf siegt schließlich Richter in 11,08 Sekunden vor Stecher und Helten.
Karppinen kämpft Kolbe nieder
Gold und Silber im Degenfechten durch Alexander Pusch und Jürgen Hehn - so beginnt in Montreal die Erfolgsgeschichte von Fechttrainer Emil Beck. Die Tauberbischofsheimer holen außerdem Silber mit dem Degen-Team, die deutschen Florettfechter darüber hinaus Gold.
Das verliert Ruderer Peter-Michael Kolbe. Der hochfavorisierte Einer-Weltmeister von Nottingham 1975 hat bei 1.500 Metern noch zwei Längen Vorsprung. Doch der Finne Pertti Karppinen fängt Kolbe mit einem unwiderstehlichen Endspurt 50 Meter vor dem Ziel noch ab.
Der Unterlegene sucht damals die Schuld für seinen Einbruch bei einer von Mannschaftsarzt Prof. Dr. Nöcker verabreichten Vitaminspritze. Eine schwere Krise zwischen Athlet und Verband ist die Folge.
Ansonsten dominiert die DDR den Rudersport - mit acht Medaillen in acht Wettbewerben. Beides wird von Skeptikern des "fairen Sports" kritisch bewertet: Obwohl in Montreal erstmals auf anabole Steroide getestet wird, steht die Veranstaltung unter flächendeckendem Dopingverdacht.