Die deutsche Fanzone zu Olympia
Reportage

Party-Arena und Aushängeschild Das größte Deutsche Haus aller Zeiten

Stand: 24.07.2024 21:57 Uhr

Das größte Deutsche Haus aller Zeiten ist in Paris erstmals in einem Stadion untergebracht. Das Stade Jean-Bouin soll sich während der Spiele in eine Party-Arena verwandeln - und die deutschen Olympia-Pläne befeuern.

Von Bettina Lenner, Paris

Beim Gang zum Training gibt's was auf die Ohren. "Welcome to the Jungle", brüllt Axl Rose aus den Lautsprechern und der Sound von Guns N'Roses bei spektakulären Lichteffekten geht durch Mark und Bein. Normalerweise schreiten hier die Rugby-Jungs von Stade Français Paris durch den Spielertunnel, wenn auch wohl mit weniger Tamtam. Doch die französische Liga ist in der Sommerpause und so hat sich das deutsche Team den spektakulären Rahmen für seine Olympia-Mission geschnappt.

"Die Vorfreude ist riesig"

"Wir haben uns sehr viele Locations angeschaut. Aber hier schlug das Herz schneller", berichtet Claudia Wagner, Geschäftsführerin der Deutschen Sportmarketing, zwei Tage vor Eröffnung des imposanten Komplexes und Teilzeit-"Home of Team D". "Die Vorfreude ist riesig. Vor allem, weil wir nun unter Beweis stellen können, was wir drei Jahre lang kreativ geplant haben. Jetzt wird es Wirklichkeit."

Dass wir in ein Stadion gehen, war immer unser großer Traum. Weil man hier den Sport fühlt.
Claudia Wagner

Bis zu 20.000 Zuschauer finden in der Rugby-Arena unweit des Prinzenparks und der Tennisanlage von Roland Garros normalerweise Platz. Nun verwandelt sich der Stadioninnenraum in eine große Fan-Zone. Noch wird mit Hochdruck gearbeitet und aufgebaut, gerade einmal 100 Stunden hatte das Team dafür Zeit - eine logistische Meisterleistung.

Perfekte Trainingsbedingungen in den Katakomben

Längst fertig ist der "Performance Hub" in den Katakomben der labyrinthartigen Arena. Die Hockeyspielerinnen sind gerade beim Training, nagelneue Geräte, Besprechungsräume, eine eigens eingebaute Sauna, Entmüdungsbecken, Ruheraum, Physiotherapeuten - alles da.

"Wir wollen die bestmögliche Vorbereitung bieten. So haben die deutschen Athleten ihre Ruhe und können sich im vertrauten Umfeld perfekt vorbereiten. Wir sind nicht angewiesen auf Slots, haben den Raum nur für uns und können ihn nutzen, je nachdem wann er benötigt wird", sagt Wagner.

Trainingsraum der deutschen Athleten

Die "Danas" beim Training im Bauch des Stadions.

"Das hat auch mit Team-Building zu tun. Mit gemeinschaftlichem Erleben und sich gemeinschaftlich auf den Wettkampf einzuschwören."

Top Ten der Nationenwertung das Ziel

Nichts ist dem Zufall überlassen, schließlich soll es am Ende der Spiele wieder mindestens unter die besten zehn Nationen der Welt gehen. Das wird schwer genug. "Dafür werden wir uns sehr anstrengen müssen, denn das wollen eine ganze Reihe anderer Länder auch", so Chef de Mission Olaf Tabor am Mittwoch (24.07.2024). "Es wird uns ganz sicher nichts geschenkt werden auf diesem Weg."

2021 in Tokio hatte es mit 37 Medaillen, davon zehn goldene, zu Platz neun in der Nationenwertung gereicht. Es war das bislang schlechteste deutsche Ergebnis seit der Wiedervereinigung. Im Idealfall läuft es diesmal besser.

Olympia-Feeling mit Fans und Freunden

Auch mithilfe zahlreicher Fans. Nach zwei Olympischen Spielen mit Pandemie-bedingten Einschränkungen freuen sich Aktive und Organisatoren auf Unterstützung aus der nahen Heimat. "Wir haben keine Corona-Spiele mehr und die Nähe zu Deutschland ist natürlich sehr besonders, da werden viele Menschen kommen", frohlockt DOSB-Präsident Thomas Weikert.

Auch deshalb sollen im Innenraum der Arena Tausende deutsche Fans beim Public Viewing mit Alexander Zverev, Dennis Schröder und Co. mitzittern und im besten Fall auch mitfeiern können. Einen Biergarten gibt es, Autogrammstunden, viel Sport zum Mitmachen und zudem drei Konzerte von Clueso, Tim Bendzko und Revolverheld.

Das Stade Jean Bouin in Paris aus der Vogelperspektive

Ungewöhnliches Nationenhaus: Das Stade Jean Bouin in Paris.

20 Euro kostet der Eintritt für die Fan-Zone (14 bis 22 Uhr), 20 mehr an den drei Konzerttagen. Wer im von 16 bis 2 Uhr geöffneten exklusiven Hospitality- und Terrassen-Bereich dabei und den Sportlern nah sein will, muss 390 Euro berappen.

Rückenwind für deutsche Olympia-Bewerbung?

Spektakel ist wohl in allen Bereichen garantiert. In seiner mittlerweile über 30-jährigen Geschichte war das Deutsche Haus bereits in einer Schule, einer Universität, einem Restaurant, einem Hotel sowie einem Beach-/Golfclub beheimatet - aber noch nie in einem Stadion.

Nun ist es das größte Deutsche Haus aller Zeiten und auch das größte Domizil aller Nationen in Paris, gesichert von 150 Bundespolizisten und -Polizistinnen, darunter als Teamleiterin Ex-Hammerwurf-Weltmeisterin Betty Heidler.

Das einzigartige Hauptquartier, laut Wagner durch Sponsoren und Ticketing kostendeckend finanziert, setzt fraglos Maßstäbe. Eine perfekte Visitenkarte und bewusst als Aushängeschild gewählt, erhofft sich der DOSB doch Rückenwind für seine geplante deutsche Olympia-Bewerbung.

"Wir wollen uns als guter Gastgeber präsentieren und zeigen, dass wir eine Nation sind, die viel schaffen kann und Menschen herzlich begrüßt", sagt Wagner: "Wir möchten unseren Teil dazu beitragen, Olympische und Paralympische Spiele nach Deutschland zu holen."

Und natürlich will das Team mit 428 Sportlerinnen und Sportlern im Deutschen Haus möglichst viele Medaillen feiern und damit die Lust auf Heimspiele anheizen. "Wenn wir hier erfolgreich sind, dann gibt es einen Schwung für das ganze Land", so Weikert, der sich die Motivationsmusik von Guns N' Roses aber lieber nicht zu Herzen nehmen sollte: "If you want it, you're gonna bleed, but it's the price you pay."

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau Olympia 2024 | 26.07.2024 | 18:00 Uhr