Aus für Zillekens und Langrehr "Schwer zu akzeptieren" - Wieder Reit-Drama bei Fünfkämpferinnen
Bitterer Tag für Annika Zillekens und Rebecca Langrehr beim Modernen Fünfkampf: Zillekens' zugelostes Pferd verweigerte ein Hindernis, Langrehr wurde nach einem Sturz ausgeschlossen. Der Traum vom Finale platzte - und weckte Erinnerungen an unschöne Szenen.
Drei Jahre nach dem Eklat von Tokio haben die deutschen Fünfkämpferinnen auch bei den Olympischen Spielen von Paris eine große Reit-Enttäuschung erlebt. Annika Zillekens kam mit dem ihr zugelosten Arezzo de Riverland im Halbfinale am Samstag (10.08.2024) beinahe zu Sturz, danach verweigerte das Pferd bei einem Hindernis. Auch wegen der damit verbundenen Punktabzüge verpasste es die Berlinerin am Ende als Zehnte knapp, das Finale im Modernen Fünfkampf am Sonntag zu erreichen.
"Es war natürlich total ärgerlich", erklärte Zillekens nach dem letzten Wettkampf ihrer Karriere. "Ich hatte das Finale schon abgeschrieben, bin dann aber noch einmal herangekommen. Ich hätte gerne in meinem allerletzten Wettkampf noch ein Finale erreicht. Ich hätte das Zeug dazu gehabt, muss aber damit leben. Es ist nicht das Happy End, das ich mir gewünscht habe. Es ist leider kein Hollywood-Film. Aber es ist meine Geschichte und ich kann damit leben."
Zillekens' letzter Auftritt weckt böse Erinnerungen
Zillekens hatte bereits vor den Spielen angekündigt, dass es ihr letzter Auftritt im Modernen Fünfkampf sein wird - sie hört mit dem Leistungssport auf und wird Lehrerin. Sie wollte einen "versöhnlichen Abschluss mit den Olympischen Spielen", nachdem ihr Pferd 2021 in Tokio komplett verweigert hatte - die Szenen, wie sie völlig verzweifelt mit der Gerte zuschlug, gingen um die Welt und sorgten für große Empörung.
Umso bitterer gestaltete sich nun ihr letzter Auftritt. Im Vergleich zu Tokio hat sich beim Reiten zwar das Regelwerk geändert - der Parcours wurde verkürzt, die Anzahl der Hindernisse reduziert - die Szenen bei Zillekens' Ritt weckten dennoch böse Erinnerungen. Zwar schaffte sie es unter dem aufmunternden Applaus der Zuschauer wieder die Kontrolle über ihr Pferd zu erlangen und den Parcours ohne weitere Abwürfe zu Ende zu reiten, die Chancen auf das Finale waren aber deutlich geschrumpft.
Ich kann dem Pferd keinen Vorwurf machen und bin froh, dass wir es zusammen so zu Ende gebracht haben.
Man habe im Vorfeld viel über die Situation in Tokio gesprochen und "extra eine Psychologin mit hergenommen", sagte Zillekens. Auf dem Pferd habe sie sich sehr wohl gefühlt, "dann ist leider die Stange unglücklich gefallen. Ich kann dem Pferd keinen Vorwurf machen und bin froh, dass wir es zusammen so zu Ende gebracht haben."
Aufholjagd bleibt unbelohnt
Doch auch die Aufholjagd im Anschluss sollte nicht reichen. Nach dem Schwimmen (2:18,88 Minuten) lag sie zwar in Schlagdistanz zum benötigten neunten Platz, erreichte diesen trotz einer starken Laufleistung im Laser Run - Zillekens wurde Gruppenzweite in der Teildisziplin (11:11,93 Minuten) - nicht mehr. Letztlich fehlten zwei Punkte zum Finale.
"Es tut mir einfach nur Leid", sagte Bundestrainerin Kim Raisner im Anschluss mit tränenerstickter Stimme. "Ich finde es sehr schade. Ich hätte es ihr so gegönnt, dass sie nochmal eine Chance kriegt und ins Finale kommt. Dann hätte sie nochmal reiten und zeigen können, wie gut sie ist."
Langrehr stürzt - Protest abgewiesen
Noch schlimmer erwischte es Teamkollegin Rebecca Langrehr. Sie kam beim Abreiten vor ihrem Wettkampf auf einem Nebenplatz zu Sturz. Dabei verletzte sie sich aber nicht schlimm und bekam von den Ärzten die Freigabe fürs Reiten. Die Tierärztin gab das ihr zugeloste Pferd Epervier des Brulins allerdings nicht zum Wettkampf frei. Ein Protest von Raisner wurde abgelehnt. Langrehr trat danach zwar zu den weiteren Events an, hatte durch die null Punkte aus dem Reiten aber am Ende keine Chance mehr auf den Finaleinzug.
"Die ersten zwei Aufwärmsprünge waren voll in Ordnung. Beim dritten Sprung hat das Pferd die Stange zwischen die Beine bekommen und wir sind gestürzt", beschrieb Langrehr die Situation im Nachgang. "Ich wurde durchgecheckt, alles war in Ordnung. Was mit dem Pferd passiert ist, wissen wir nicht genau. Es hieß im Anschluss nur, dass ich nicht noch einmal aufsteigen darf." Die Entscheidung der Jury sei "schwer zu akzeptieren", inbesondere, da man Protest eingelegt habe.
"Das Pferd kam mir in Ordnung vor. Ich habe den Besitzer gefragt und er sagte, es sei alles gut", schilderte die 26-Jährige weiter. Das Verhalten der zuständigen Veterinärin sorgte im Team für Unverständnis. "Wir haben nie gesehen, dass sie das Pferd überhaupt gecheckt hatte", sagte Langrehr. Die Freude am Fünfkampf aber will sie sich selbst von der Episode nicht nehmen lassen - und visiert schon 2028 in Los Angeles an. "Ich will mindestens noch ein gutes Olympia schaffen."
Moderner Fünfkampf wird reformiert
Zillekens, die damals noch Schleu mit Nachnamen hieß, hatte bei den Sommerspielen vor drei Jahren für weltweites Aufsehen gesorgt, als sie auf Goldkurs liegend das ihr zugeloste Pferd beim Springreiten mit der Gerte verzweifelt und unter Tränen zum Loslaufen bewegen wollte. Dadurch brach eine Debatte über die Zukunft der Disziplin aus, die darin mündete, dass das Springreiten tatsächlich aus dem Fünfkampf-Programm genommen wird.
In Paris wird es zum letzten Mal ausgetragen - nach 112 Jahren. Eine Hindernis-Disziplin ("Obstacle") wird den Pferdesport ersetzen. Die Reform hat dem Modernen Fünfkampf seinen Platz im olympischen Programm gerettet. Die Entscheidung ist unter den Athleten dennoch umstritten. Nicht umsonst wird spekuliert, dass einige von ihnen deshalb ihre Karriere nach den Olympischen Spielen beenden könnten.