Umstrittener Beachvolleyballer Der Fall Steven van de Velde
Vor dem Start des olympischen Turniers zieht der Fall des niederländischen Beachvolleyballers Steven van de Velde weiter seine Kreise. Van de Velde ist verurteilter Sexualstraftäter, saß ab 2016 für 13 Monate wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen im Gefängnis. Während das niederländische NOK beteuert, der Athlet sei durch Haftstrafe und Therapie vollständig rehabilitiert, kritisieren Betroffenenvertreter einen nachsichtigen Umgang des Profisports mit Tätern.
Noch bevor die Olympischen Spiele richtig begonnen haben, macht der Name von Steven van de Velde international Schlagzeilen. Und das, obwohl man in Paris bislang weder ein Spiel von ihm auf dem Feld am Fuße des Eiffelturms beobachten konnte, noch ein Wort aus seinem Munde gehört hat. Letzteres wird sich auch nicht ändern, sagt das niederländische Olympische Komitee: van de Velde werde während Olympia keinen Kontakt mit der Presse haben.
Verurteilung wegen Vergewaltigung
Dass van de Velde so abgeschottet wird, liegt an seiner Vergangenheit. Genauer, an einem Fall von 2014. Der damals 19-jährige lernt über eine Onlineplattform ein britisches Mädchen kennen. Selbst als er erfährt, dass sie erst 12 ist, bricht er den Kontakt nicht ab. Erst tauschen die beiden über Wochen Nachrichten aus, dann fliegt er nach England, wo er sie vergewaltigt.
2016 wird er per europäischem Haftbefehl nach Großbritannien überstellt und dort zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt. Die ersten zwölf Monate sitzt er dort ab, dann kehrt er über eine Vereinbarung mit der niederländischen Justiz zurück in seine Heimat. Nach einem weiteren Monat in Haft wird er vorzeitig entlassen.
Schon seit 2018 ist van de Velde zurück im Profisport und tritt bei internationalen Turnieren an. Im Frühjahr qualifiziert er sich mit seinem Partner Matthew Immers für die Olympischen Spiele - Immers sagt, er "kenne den Steven von heute" und sei froh darüber. Laut einem Statement des niederländischen Olympischen Komitees, das am 17. Juli veröffentlicht wurde, habe van de Velde sich seit seiner Tat "offen dazu geäußert" und die Tat als "den größten Fehler seines Lebens" bezeichnet. Man bedaure eine mögliche Retraumatisierung von Betroffenen sexueller Gewalt durch das erneute Aufkommen der Thematik.
Forderung nach mehr Schutz für Betroffene
Doch genau diese Betroffenen kommen Joanna Maranhão in der Diskussion um van de Velde viel zu kurz. Maranhão ist viermalige Olympia-Teilnehmerin und erlebte in ihrer Karriere sexuellen Missbrauch. Heute arbeitet sie für die "Sport and Rights Alliance", eine Organisation, die sich für besseren Schutz vor Übergriffen im Sport einsetzt. "Es tut weh. Wir kämpfen schon so lange dafür, Täter aus dem Sport auszuschließen und scheitern so oft. Er bekommt eine zweite Chance. Wir werden nur als Nestbeschmutzer gesehen, die dem Ansehen des Sports schaden."
Auf Nachfrage verweist das Internationale Olympische Komitee auf diverse Vorkehrungen, um ein sicheres sportliches Umfeld für Athleten zu ermöglichen, zum Beispiel durch die Installation zweier “Safeguarding Officers” im Olympischen Dorf. Im Fall van de Velde sieht es sich jedoch nicht in der Verantwortung. Bei einer Pressekonferenz erklärt IOC-Präsident Thomas Bach, er könne sich keine persönliche Meinung erlauben: “Das ist ein Thema für das niederländische Olympische Komitee. Das Prozedere ist so: Jedes NOK muss diese Entscheidung für sich treffen und rechtfertigen.”
Niederländisches NOK verteidigt Teilnahme
Auf eine Anfrage der Sportschau reagiert das niederländische NOK nicht, erinnert an seine Pressemitteilung. Darin begründet es seine Entscheidung, van de Velde mit zu den Spielen zu nehmen, auch damit, dass laut Experten "keine Gefahr eines Rückfalls bestehe". Van de Velde werde auf eigenen Wunsch zudem außerhalb des Olympischen Dorfs einquartiert.
Solch eine Rückendeckung wünscht sich Joanna Maranhão auch für Betroffene. "Das NOK tut alles dafür, dass er sich wohlfühlt. Es ist hart für uns zu sehen. Wir wollen ihm nichts wegnehmen, aber es sollte eine Balance geben. Es muss mehr für Opfer und Überlebende von Missbrauch getan werden."