Sportwetten erfreuen sich auch im Amateurfußball großer Beliebtheit (Bild: IMAGO/Hanno Bode)

Neue Doku "Spielverderber" 7,7 Milliarden Euro Umsatz - das Problem mit der Spielmanipulation

Stand: 18.10.2024 11:59 Uhr

Eine neue Dokumentation von "Sport inside" gibt exklusive Einblicke in die Welt der asiatischen Wettbetrüger. Staatssekretär Mahmut Özdemir macht im Interview die Ausmaße deutlich.

Überall wird um neue Kunden gebuhlt, auf den Trikots und Banden von Vereinen, angepriesen von prominenten Sportlern in der Werbung oder prominent platziert als exklusiver Partner der DFL und seiner Medienpartner in den Spielübertragungen. Sportwetten boomen weltweit, auch dank zunehmender Legalisierung und einfacher Zugänglichkeit.  

Um den illegalen Markt zu schwächen, wurde in Deutschland im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrags 2021 der Sportwettenmarkt reguliert. Doch Wettbetrug bleibt auch in Deutschland weiter ein Thema.

Seit fünf Jahren arbeitet die Nationale Plattform unter der Ägide des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) innerhalb eines internationalen Netzwerks an der Bekämpfung von Spielmanipulation und Wettbetrug. 2022 hat das BMI eine unabhängige Meldestelle Sportmanipulation eingerichtet.

31 gemeldete Vorfälle seit 2022

Seitdem kam es zu 31 gemeldeten Vorfällen bezüglich Spielmanipulation im deutschen Fußball, wie der zuständige Staatssekretär Mahmut Özdemir (SPD) im Sportschau-Interview bestätigt. Angaben darüber, welche Ligen in Deutschland konkret betroffen sind, machte er nicht. Insgesamt gab es 76 Meldungen sportartübergreifend. Özdemir sieht die größte Herausforderung im Kampf gegen Spielmanipulation jedoch bei illegalen Anbietern im Ausland:

Während Wetten auf Jugend- und Amateurspiele in Deutschland verboten sind, tauchen solche Angebote bei asiatischen Wettanbietern auf. Wie die Nationale Plattform Wettbetrug und Spielmanipulation in Deutschland, aber auch in der internationalen Gemeinschaft bekämpfen will, berichtet Özdemir im Interview.

Özdemir: "Umsatz liegt bei 7,7 Milliarden Euro"

Sportschau: Wie hoch schätzen Sie das Problem Wettbetrug und Spielmanipulation aktuell ein?

Mahmut Özdemir: Objektiv kann man das nur messen anhand des Umsatzes, der dort vorliegt. Der bewegt sich nach derzeitigen Erkenntnissen bei 7,7 Milliarden Euro und dementsprechend muss man das Phänomen auch einschätzen und dementsprechend muss man auch seine Ermittlungsmaßnahmen ausrichten.

Staatssekräter Mahmut Özdemir fordert konsequentes Vorgehen

Sportschau

Sportschau: Wo werden in Deutschland die Grenzen gezogen zwischen dem, was auf dem Wettmarkt erlaubt ist und was nicht?

Özdemir: Insbesondere im Amateurbereich. Allerdings gibt es auch da, wo der Schutz von Jugendlichen oder Minderjährigen [gefährdet ist], also insbesondere im U19-Bereich, aus guten Gründen keine Erlaubnisse. Dass man auf dem asiatischen Markt Wetten platzieren kann, die nach unserer Rechtsordnung inkriminiert sind oder nicht gebilligt werden, sind Ermittlungsansätze, denen man lückenlos und auch sehr schnell nachgehen muss. Das ist ebenfalls Aufgabe der Polizeibehörden und der Staatsanwaltschaften und am Ende des Tages der Glücksspielaufsichtsbehörden. Kriminelle wird es immer geben, die sich die Lücke suchen, wie sie ihr Geschäftsmodell, wie sie ihr kriminelles Verhalten durchsetzen können. Und da muss man aus meiner Sicht sehr konsequent gegen vorgehen.

Sportschau: Inwiefern gibt es da eine Zusammenarbeit mit internationalen Behörden?

Özdemir: Es gibt ein ständiges Monitoring und Austausch. Insbesondere die nationalen Erkenntnisse vermittelt das BKA beispielsweise Interpol und Europol. Dass dieses Netzwerk und der Informationsaustausch gut funktioniert, ist bei der Bekämpfung von organisierter Kriminalität natürlich ein besonderer Erfolgsgarant. Unsere nationale Plattform, ausgehend von der Macolin Convention, ist natürlich auch eingebettet und eingebunden in der Group of Copenhagen, dem Austausch der Nationalen Plattformen auf europäischer Ebene.

Macolin-Convention/Nationale Plattform

2019 schlossen sich im Rahmen der "Macolin Convention" über 40 europäische Staaten zusammen, um die internationale Zusammenarbeit gegen Spielmanipulation und Wettbetrug zu stärken, auch Deutschland unterschrieb das Papier. Eine der zentralen Vereinbarungen ist die Einrichtung einer Nationalen Plattform, die die Zusammenarbeit von Polizei, Justiz und den Glücksspielbehörden koordinieren soll und mit den Plattformen anderer Länder kooperiert, um besser gegen Betrug vorgehen zu können.

Sportschau: Wie viele Hinweise gab es denn seit 2022 über die Meldestelle Sportmanipulation und wie viele davon im Fußball?

Özdemir: Das Besondere an der Meldestelle ist, dass sie sportartunabhängig ist. Seit dem operativen Dienst haben wir insgesamt 76 Hinweise bekommen, im Fußballbereich sind es 31 gemeldete Vorfälle. Hier ist auch eine weit überwiegende Zahl strafrechtlich relevant gewesen und an die ermittlungsführenden Stellen gelangt. Wenn ich Ihnen jetzt konkret dazu etwas sagen könnte, dann würde ich nicht die Unabhängigkeit der Meldestelle gewährleisten, die ist uns als BMI besonders wichtig.  

Sportschau: Wie bewerten Sie denn die Tatsache, dass einerseits versucht wird, gegen Wettbetrug im Sport zu kämpfen und auf der anderen Seite aber Fußballverbände und Klubs Partnerschaften mit Wettanbietern pflegen?

Özdemir: Die Anbieter, die dort werben, die Anbieter, die lizenziert und zertifiziert sind, sollten und müssen das gleiche Interesse daran haben, dass eben die schwarzen Schafe, dass die Kriminellen dort aus dem Verkehr gezogen werden. Zuletzt entscheiden aber die Sportvereine und die Verantwortlichen im Rahmen ihrer Sportautonomie selber darüber, mit wem sie Werbepartnerschaften eingehen oder auch nicht.

Die ARD Doku "Spielverderber - wie Wettbetrüger den Fußball manipulieren" sehen Sie ab 22.10. in der ARD Mediathek.