Halbfinalsieg gegen Indien Deutsche Hockey-Herren - mit Kampf und Dramatik ins Finale
Die deutschen Hockey-Herren stehen im Finale der Olympischen Spiele in Paris. Gegen ein enorm spielstarkes Indien schafften die "Honamas" mit viel Willen und Energie einen hauchdünnen 3:2 (2:1)-Sieg. Im Finale trifft Deutschland am Donnerstag (08.08.2024, 19.00 Uhr) auf die Niederlande.
Der Sieg gegen Indien am Dienstag (06.08.2024) war auch eine Wiedergutmachung für die Niederlage vor drei Jahren in Tokio, als man im Spiel um den dritten Platz unterlegen gewesen war. Nach der geglückten Revanche hat das DHB-Team nun Silber sicher, am Donnerstag geht es wie bereits vor zwölf Jahren gegen die Niederlande um Gold. 2012 in London hatte sich Deutschland zum bislang letzten Mal den Titel geholt. Auch in Paris war das DHB-Team gegen den Europameister in der Vorrunde schon erfolgreich gewesen (1:0).
"Es ist herausragend, dass wir nach der spielerisch schwachen Leistung von heute so viel mentale Wettkampfhärte aufbringen konnten, dass wir dieses Spiel trotzdem gewonnen haben", jubelte Bundestrainer André Henning nach dem Spiel. Und er kündigte an: "Jetzt wollen wir natürlich mehr!"
Indien - überlegen im ersten Viertel
Das indische Team legte los wie die Feuerwehr, überraschte das etwas zögerlich startende Deutschland mit Vollgas-Hockey. Der Lohn: Eine Strafecke nach nicht einmal zwei Minuten Spielzeit. Immerhin: Keeper Jean-Paul Danneberg konnte exzellent mit dem rechten Fuß parieren. Doch es folgte nur 21 Sekunden später gleich die nächste Strafecke. Deutschland stand enorm unter Druck. Diesmal war es Teo Hinrichs, der abwehren konnte.
Wo bleibt der Weckruf?
Es war überstanden - aber es war klar: Die "Honamas" brauchten einen Weckruf. Aber der kam noch nicht an beim deutschen Team. Indien war und blieb gefährlicher. Ein weiterer Fußfehler von Hinrichs brachte die nächste Strafecke (7.). Besser gesagt: Eine Serie von Strafecken, weil die Deutschen die Standards viermal in Folge mit dem Körper abwehrten. Und dann war es passiert: Bei der sechsten Ecke klingelte es im deutschen Tor. Spezialist Harmanpreeth Singh verwandelte die Ecke abgefälscht zum 1:0 für Indien (7.).
Das deutsche Team schien in dieser Phase regelrecht von der Rolle. Der verletzt ausgefallene Tom Grambusch fehlte in der Abwehr enorm. Ein weiterer Fußfehler von Johannes Große brachte die nächste Strafecke, die diesmal aber ungefährlich blieb. Resümee nach dem ersten Viertel: Deutschland war noch überhaupt nicht im Spiel, Indien hochüberlegen. Eigentlich konnten sich die deutschen Hockey-Herren glücklich schätzen, nur mit 0:1 zurückzuliegen.
Peillat donnert die Kugel ins Tor
"Mehr Ballbesitz" forderte Bundestrainer Henning für das zweite Viertel von seinen Leuten. Das Team bemühte sich und hatte gleich einmal Erfolg: Christopher Rühr zog die erste Strafecke für Deutschland. Und da hat das Team mit Gonzalo Peillat einen erstklassigen Spezialisten in seinen Reihen. Der Argentinier mit deutschem Pass knallte die Kugel am Torwart vorbei ins Tor - 1:1 (18.).
Und plötzlich sahen die Zuschauer im Yves-du-Manoir-Stadium ein anderes Match. Die Deutschen zeigten eine ganz andere Körpersprache und boten den Indern nun einen Kampf auf Augenhöhe. Aber das Team brauchte weiterhin eine Menge Glück, das die Konzentrationsfehler in der Abwehr reparieren musste. In der 24. Minute zum Beispiel, als Indiens Gurjant Singh im deutschen Schusskreis ganz frei zum Abschluss kam, den Ball aber über den Kasten setzte.
Unterlegen, aber in Führung
Und es kam noch besser: Peillat holte eine Strafecke heraus, welche die Inder nur mit einem Fußfehler abwehren konnten - es gab Siebenmeter für Deutschland. Rühr zeigte keine Nerven - verwandelte zum 2:1 (26.). Das deutsche Team ging mit einer Führung in die Pause - in einem Spiel, in dem der Gegner eigentlich überlegen war.
Die zweite Hälfte hatte gerade begonnen, da musste Keeper Danneberg den Ausgleich im Anschluss an eine Strafecke verhindern. Wenig später holten sich die enorm spielstarken Inder die nächste Ecke - es war schon die elfte. Und wieder hatten sie keinen Erfolg, weil diesmal Moritz Ludwig im Weg stand. Aber es ging so weiter: Indien spielte und holte eine Strafecke nach der anderen heraus. Lange konnte das nicht mehr gut gehen. Und es ging auch nicht mehr gut. Per Stecher von Sukhjeet Singh markierten sie das 2:2 (36.). Es war verdient.
Miltkau vollendet zum 3:2
Es ging ins letzte Viertel, in dem sich Deutschland in den vergangenen Spielen stets hatte steigern können. So auch diesmal. Indien, das etwas erschöpft wirkte, musste sich einer nun sehr energischen deutschen Mannschaft erwehren. In der 54. Minute waren die Inder ausgespielt: Peillat war links frei, passte scharf in die Mitte, wo Marco Miltkau goldrichtig stand und zum 3:2 abfälschte.
Indien ging nun volles Risiko, nahm den Torhüter vom Feld. Und kassierte eine Strafecke gegen sich. Hieß: Peillat konnte ohne gegnerischen Torwart ausführen. Der Argentinier wurde aber abgeblockt. Egal - es reichte für das deutsche Team: Jubelnd rissen Grambusch und Co. bei der Schlusssirene die Arme hoch - der Traum vom olympischen Finale war Wirklichkeit geworden.