Olympia | Fußball DFB-Frauen - Per Elferschießen ins olympische Halbfinale
Ann-Katrin Berger sei dank: Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft steht im Halbfinale des olympischen Fußballturniers. Nach nervenaufreibenden 120 Minuten avancierte die deutsche Torfrau im Elfmeterschießen gegen Kanada beim 4:2-Sieg zur Heldin. Nach 120 Minuten Spielzeit hatte es 0:0 gestanden. Im Halbfinale am Dienstag (06.08.2024, 18.00 Uhr) gibt es nach dem 1:4 in der Vorrunde die Chance auf eine Revanche gegen den Rekord-Olympiasieger USA.
Zur Heldin im Viertelfinal-Marathonmatch wurde die deutsche Torfrau: Ann-Katrin Berger. Trotz eines Patzers im Spiel gegen Sambia hatte Trainer Horst Hrubesch weiter auf die 33-Jährige vom US-Klub NJ/NY Gotham FC gesetzt. Hrubesch hatte Berger vor dem Turnier zur Stammkraft im deutschen Tor gemacht. Jene Sportlerin, die schon zweimal eine Erkrankung an Schilddrüsenkrebs überstanden hat. Die langjährige Nummer eins, Merle Frohms vom VfL Wolfsburg, hatte dafür auf der Ersatzbank Platz nehmen müssen.
Jetzt wurde der Coach für seinen Mut belohnt: Berger hielt im Elfmeterschießen in Marseille gleich zwei Versuche der Kanadierinnen. Als Krönung verwandelte sie schließlich selbst den entscheidenden Elfmeter, der Deutschland ins Halbfinale beförderte. "Mit Ann-Katrin haben wir eine Maschine im Tor", freute sich die völlig erschöpfte Kapitänin Popp nach dem Spiel. "Elfmeterschießen ist einfach ihre Disziplin. So cool zwei zu halten und dann den entscheidenden selbst zu verwandeln - Chapeau", so Popp.
Halbfinale oder Heimreise
Bei Deutschland konnte Abwehrchefin Marina Hegering wieder mitspielen - wichtig für die deutsche Defensive. Ebenso elementar für Team Deutschland: Die erfahrene Alex Popp übernahm wieder die Rolle der Spielgestalterin hinter den Stürmerinnen Lea Schüller und Sjoeke Nüsken. Ihre Ruhe am Ball und ihre Spielübersicht haben dem deutschen Team in den ersten Spielen dieses Turniers außerordentlich gutgetan.
Halbfinale oder Heimreise - die sogenannte "H"-Frage beschäftigte das deutsche Team vor dieser komplizierten Partie gegen Kanada, das in der Vorrunde ja alle drei Partien für sich entschieden hatte. Nur aufgrund des "Drohnen-Skandals" wurden dem Team sechs Punkte abgezogen - für den Einzug in die K.o.-Runde hatte es für die Kanadierinnen dennoch gereicht.
Bühl scheitert mit erster Chance
Die 1:4-Niederlage gegen die USA in der Gruppenphase hatte dem deutschen Team sicherlich zu denken gegeben - Unkonzentriertheiten und Ungenauigkeiten hatten sie da auf die Verliererstraße gebracht. Ihr Viertelfinalspiel gingen die deutschen Frauen aber mit voller Kraft an - sie bedrängten Kanada mutig von der ersten Minute an.
Es dauerte allerdings bis zur 18. Minute, bis sich die erste richtig große Torchance ergab. Jule Brand hatte den Ball durch das Mittelfeld getrieben und halblinks Klara Bühl freigespielt. Doch die Stürmerin vom FC Bayern traf den Ball mit links nicht richtig - sie scheiterte freistehend an Kanadas Keeperin Kailen Sheridan. Vier Minuten später sprang Schüller der Ball im Strafraum zu weit vom Fuß, als sie aussichtsreich freigespielt worden war.
Kanada vorn harmlos
Die Kanadierinnen, die im Turnierverlauf bei ihren drei Vorrunden-Siegen auch nur insgesamt fünf Treffer erzielt hatten, blieben ihrerseits in der Offensive erst einmal völlig harmlos. Ann-Katrin Berger, die deutsche Torfrau, blieb während der ersten Hälfte beinahe beschäftigungslos. Ein einziges Mal hatte sie zur Tat schreiten müssen, als es in der 29. Minute galt, eine gefährliche Flanke der Olympiasiegerinnen von Tokio abzufangen.
Deutschland blieb auch im zweiten Abschnitt das gefährlichere Team. Schüller setzte einen Kopfball nach einem Eckstoß über die Querlatte (55.). Aber: Es war im letzten Drittel in dieser Phase einfach zu wenig Durchschlagskraft und es fehlte irgendwie der letzte Punch, um die Kugel wirklich hinter die Linie zu drücken.
Berger rettet vor Leon
Diese fehlende Konsequenz hätte sich in der 71. Minute um ein Haar gerächt: Kathrin Hendrich verschätzte sich bei einem langen Ball und die eingewechselte Adriana Leon tauchte plötzlich ganz allein vor Berger auf. Die deutsche Torfrau machte sich aber ganz breit und parierte glänzend im Eins-gegen-eins.
Es verdichtete sich der Eindruck: Kanada habe womöglich physisch mehr zuzulegen. Die Nordamerikanerinnen gewannen nun mehr Zweikämpfe, verlagerten das Spielgeschehen insgesamt mehr vor das deutsche Tor. Und hätten in der Nachspielzeit beinahe getroffen: Wieder war es Leon, die 13 Meter vor dem Tor aus der Drehung abzog und den rechten Torwinkel nur hauchzart verfehlte.
Kanada drängt in der Verlängerung, Lohmann mit der Riesenchance
Es ging in die Verlängerung. Und Kanada blieb dran. In der 94. Minute scheiterte Ashley Lawrence nach einem schönen Solo mit ihrem 16-Meter-Schuss an Berger. Wenig später traf Eveline Viens im Strafraum aus der Drehung den Ball nicht richtig. Das deutsche Team wankte - aber das womöglich schon ersehnte Elfmeterschießen war noch eine ganze Strecke entfernt.
Und dann - in der 105. Minute war da plötzlich doch die Riesenchance für Deutschland: Nach einem Eckstoß stocherte Schüller die Kugel fast ins Tor, die Kanadierinnen konnten erst in allerletzter Sekunde irgendwie klären. Und in der 112. Minute ein "Fast-Tor" von Sydney Lohmann. Nach einem Freistoß von der Grundlinie kam sie fünf Meter vor dem kanadischen Tor zum Kopfball - setzte das Ding aber drüber. Und weil auf der Gegenseite auch Leon ihr dritte Großchance nicht im Tor unterbrachte, ging es ins Elfmeterschießen.
Und hier zeigten die DFB-Frauen die besseren Nerven: Giulia Gwinn, Janina Minge, Felicitas Rauch und Ann-Katrin Berger verwandelten. Auf der Gegenseite hielt die deutsche Torfrau die Versuche von gleich zwei Kanadierinnen - es war geschafft: Das deutsche Team stand im Halbfinale.