Knappe Niederlage gegen Dänemark Deutschen Handballerinnen droht das Vorrundenaus
Trotz einer starken Leistung müssen die deutschen Handballerinnen weiter um den Einzug ins Viertelfinale bei den Olympischen Spielen bangen. Nach der denkbar knappen 27:28-(12:15)-Niederlage am Donnerstag (01.08.2024) gegen Medaillenanwärter Dänemark muss sich das Team von Bundestrainer Markus Gaugisch am letzten Spieltag auf eine Zitterpartie einstellen.
"Wir müssen, wenn wir gut sein wollen, einen Großen schlagen. Das haben wir noch nicht gemacht", analysierte Bundestrainer Markus Gaugisch nüchtern.
Auch Jenny Behrend, die mit sechs Treffern beste deutsche Werferin war, und kurz vor Schluss den Ausgleich in der Hand hatte, haderte. "Ich bin kaputt, enttäuscht, müde und sehr verärgert darüber, dass ich die letzte Chance nicht genutzt habe. Wir wollten heute gegen einen großen Gegner etwas holen und die Chance war da, aber mir haben am Ende die Nerven gefehlt", sagte die 28-Jährige von der HB Ludwigsburg.
DHB-Frauen müssen zittern
Deutschland hat nach der dritten Niederlage im vierten Gruppenspiel weiter zwei Punkte auf dem Konto. Im abschließenden Duell wartet am Samstag (03.08.2024) Norwegen. Der Europameister schlug Slowenien mit 29:22 und folgte Dänemark und Schweden ins Viertelfinale.
Gegen die Norwegerinnen könnte der DHB-Auswahl unter Umständen sogar eine vierte Niederlage für das Weiterkommen reichen, wenn es nach dem fünften Spieltag zu einem Dreiervergleich mit Südkorea und Slowenien kommen sollte. Die besten vier Mannschaften ziehen ins Viertelfinale ein.
Deutschland zu Beginn auf Augenhöhe
Nach dem Rekordsieg gegen Slowenien starteten die DHB-Frauen mit entsprechendem Selbstvertrauen. Torhüterin Katharina Filter konnte sich direkt mit ihrer ersten Aktion auszeichnen, Spielmacherin Annika Lott erzielte auf der Gegenseite das erste Tor für Deutschland. Kurz darauf zeigten die Däninnen allerdings, warum sie zum Kreis der Mitfavoritinnen gehören und erzielten binnen drei Minuten drei Treffer aus dem Rückraum.
Dass das Zusammenspiel der DHB-Auswahl bei diesem Turnier von Spiel zu Spiel immer besser funktioniert, machte sich aber bemerkbar. Immer wieder antizipierte das deutsche Team die dänischen Angriffe und konnte in wechselnder Abwehrformation den Rhythmus des Gegners brechen. Zudem präsentierte man sich im Abschluss sehr variabel. Xenia Smits krönte die starke Anfangsphase mit einem Wurf übers komplette Feld ins verwaiste Tor zum 6:5 (14. Minute).
Zu viele Fehler im Aufbauspiel
Dänemark stabilisierte sich im Anschluss aber zunehmend im Defensivverbund, sodass es für Smits und Co. immer schwerer wurde, eine Lücke zu finden. Zudem fehlte die letzte Entschlossenheit im Angriff, aus dem Rückraum fiel kaum ein Wurf. Bundestrainer Gaugisch reagierte auf die Schwächephase und wechselte personell durch, um für neue Impulse im Angriffsspiel zu sorgen.
Allerdings schlichen sich weiter Fehler im Passspiel ein. Auf den Außenpositionen am eigenen Kreis offenbarte die DHB-Auswahl zudem teils eklatante Lücken, die Dänemark entschlossen ausnutzte. Angetrieben von Kreisläuferin Rikke Iversen, die jeden ihrer fünf Würfe in den ersten 30 Minuten im Tor unterbrachte, wandelten die Skandinavierinnen den zwischenzeitlichen 7:9-Rückstand in eine 15:12-Führung zur Pause um.
Deutschland kämpft sich zurück
Gaugisch hatte in der Kabine offenbar die richtigen Worte gefunden. Denn Deutschland zeigte sich nach Wiederanpfiff deutlich konzentrierter im Abwehrverbund. Weil im eigenen Angriff aber weiter die nötige Präzision im letzten Pass fehlte, konnte der Rückstand zunächst nicht entscheidend verkürzt werden. Wenn, dann waren es Einzelaktionen, die zum Erfolg führten. So wie durch Smits nach 36 Minuten, die sich am Kreis mit einer Körpertäuschung in Abschlussposition brachte und auf 15:17 verkürzte.
Weil auch Julia Maidhof kurz darauf von der Siebenmeterlinie keine Schwäche zeigte und Filter im Tor mit der nächsten Parade auftrumpfen konnte, war die DHB-Auswahl plötzlich wieder voll im Spiel. Als Behrend die nächste starke Abwehraktion Filters per Tempogegenstoß veredeln konnte und wenige Minuten später nach überlegtem Zuspiel von Bölk von weit außen zum 19:18 traf, war das Comeback perfekt.
Packende Partie bis zur Schlussirene
Die Partie fand nun voll auf Augenhöhe statt. Kleinigkeiten entschieden in einer physisch intensiv geführten Begegnung. Viel hatte sich Deutschland zu diesem Zeitpunkt nicht anzukreiden, allerdings schwächte man sich durch zwei aufeinanderfolgende Zwei-Minuten-Strafen selbst. Dänemark nutzte die Überzahl auf der Platte und legte wieder drei Treffer vor (24:21). Plötzlich gelangen auch wieder die Anspiele am Kreis, weil die deutsche Abwehr sich nicht rechtzeitig organisieren konnte. Acht Minuten vor Schluss war der Rückstand auf fünf Tore angewachsen.
Gaugisch nahm erneut eine Auszeit. Und tatsächlich kämpfte sich sein Team wieder heran. Nach einem 3:0-Lauf betrug der Rückstand nur noch zwei Tore. Die deutsche Mannschaft riskierte jetzt alles, Gaugisch brachte immer wieder eine siebte Feldspielerin auf Kosten der eigenen Torhüterin, um zu schnellen Toren zu kommen. Doch es sollte nicht reichen. Wenige Sekunden vor Schluss scheiterte Behrend an der glänzend parierenden dänischen Torhüterin.
Bölk: "Performance kann sich sehen lassen"
"Wir haben trotzdem das Gefühl, dass wir im Turnier angekommen sind. Die Performance kann sich sehen lassen. Wir haben uns heute mit einer Topmannschaft gemessen und hätten einen Punkt verdient gehabt. Wenn wir so weiterspielen, haben wir es verdient, im Viertelfinale aufzulaufen", sagte Co-Kapitänin Emily Bölk.
Sollte Deutschland den Einzug ins Viertelfinale schaffen, würde man dort sehr wahrscheinlich auf Topfavorit Frankreich treffen. Der Tokio-Olympiasieger gewann auch sein viertes Spiel in Gruppe B und fertigte Angola mit 38:24 ab. Daneben haben sich bereits die Niederlande und Ungarn für die Runde der letzten acht qualifizert. Den vierten Platz spielen Angola und Brasilien am Samstag im direkten Duell aus.