Pferdesport Ehning: Jagd auf EM-Medaillen statt auf Millionen-Bonus
Millionen oder Medaillen? Diese Entscheidung ist für Profis schwierig. Der Springreiter Marcus Ehning hat sich schon lange vor der EM entschieden.
Der Millionen-Verlockung hat Marcus Ehning widerstanden. Nach dem Sieg im Großen Preis von Aachen hätte der Springreiter den Grand Slam in Angriff nehmen können. Doch der 49 Jahre alte Routinier aus Borken behielt seinen ursprünglichen Plan bei. Ehning geht in dieser Woche bei den Europameisterschaften in Mailand mit der deutschen Mannschaft auf Medaillen-Jagd und verzichtet auf das darauffolgende Grand-Slam-Turnier in Calgary.
"Er hat von Anfang an erklärt, dass die EM für ihn Priorität hat", sagte Bundestrainer Otto Becker vor dem Start am Mittwoch. "Das hat er vor Aachen gesagt, und das hat er auch nach Aachen gesagt", betonte der Coach: "Das ehrt ihn und zeichnet ihn aus." Durch den CHIO-Sieg Anfang Juli wäre für Ehning mit weiteren Grand-Slam-Siegen ein Bonus von bis zu zwei Millionen Euro möglich gewesen.
Dafür hätte der Reiter zunächst beim Großen Preis von Spruce Meadows in Calgary in der Woche nach der EM reiten müssen. "Das hätte von der Vorbereitung her nicht zusammengepasst", erklärte Ehning. Erfolgversprechend wäre zudem nur ein Start mit seinem Toppferd Stargold gewesen - aber die Einreise nach Kanada sei wegen einer Infektion (Piroplasmose) problematisch.
Der Bundestrainer ist happy
Die Entscheidung für die EM freut besonders den Bundestrainer. "Marcus zieht genau in die Richtung mit, wie wir es brauchen", sagte Becker. Mit nur einem Spitzenpferd ist eine solche Entscheidung aus finanzieller Sicht allerdings schwierig. Allein der Große Preis von Spruce Meadow am 10. September ist mit drei Millionen kanadischer Dollar (2,042 Millionen Euro) dotiert, zudem locken verschiedene Bonus-Möglichkeiten der Grand-Slam-Serie. So hatte Vorjahressieger Daniel Deußer bereits frühzeitig einen erneuten Start mit Killer Queen in Calgary eingeplant - was einen EM-Start mit der Stute praktisch ausschloss.
Ehning reitet in Mailand, obwohl er das deutsche Team nicht zu den Medaillen-Favoriten zählt. "Ich sehe einige Mannschaften, die vom Papier her besser sind", sagte der dreimalige Team-Europameister. "Wir sind nicht so stark wie früher." Das liegt natürlich auch daran, dass ein Weltklasse-Paar wie Deußer mit Killer Queen in Mailand fehlt.
"Natürlich träumt man trotzdem von einer Medaille", sagte Ehning. Zu den heißen Medaillenkandidaten gehören aus seiner Sicht unter anderem die Mannschaften aus der Schweiz, den Niederlanden und Großbritannien. "Viele Nationen sind stark", betonte der 49 Jahre alte Routinier aus Borken. Zuletzt gab es für das deutsche Team zweimal EM-Silber vor vier Jahren in Rotterdam und vor zwei Jahren in Riesenbeck.
Mister Zuverlässig
Ehning ist dabei so etwas wie Mister Zuverlässig, hat bei acht Europameisterschafts-Teilnahmen siebenmal Edelmetall mit dem Team sowie einmal im Einzel gewonnen. Im Ippodromo San Siro reitet Ehning nun im Team mit Gerrit Nieberg aus Sendenhorst mit Ben, Jana Wargers (Emsdetten) mit Limbridge und Philipp Weishaupt (Riesenbeck) mit Zineday. Auch sie verzichten auf das Turnier in Calgary.
Für Ehning gibt es immerhin noch eine Bonus-Chance beim darauffolgenden Grand-Slam-Turnier im Dezember in Genf. Gewinnt der Aachen-Sieger dort den Großen Preis, erhält er eine Zusatzprämie von 250.000 Euro. 2018 ist ihm das mit Prêt à Tout schon einmal geglückt.