Zukunft der Leichtathletik-WM WM jedes Jahr oder in Saudi-Arabien? Coe schließt nichts aus
Weltverbandspräsident Sebastian Coe schließt für die Zukunft der Leichtathletik-WM eine jährliche Austragung nicht aus. Mögliche Weltmeisterschaften in Saudi-Arabien knüpft er an Bedingungen. 2025 geht es zunächst nach Tokio.
Geht auch die Leichtathletik mittelfristig den Weg nach Saudi-Arabien, wo es derzeit für mehrere Sportarten durch die dortigen Sportswashing-Maßnahmen des Königreichs hohe Einnahmen zu erzielen gibt? Angesprochen auch auf die Kritik von Menschenrechtsorganisationen am Weg Saudi-Arabiens, sagte Coe in einem Gespräch mit mehreren britischen Medien, ihm sei eigentlich egal, wo Leichtathletik-Wettbewerbe stattfinden. Aber man solle nicht einfach wegen des Geldes diesen Schritt gehen. "Wir können es uns nicht leisten, leere Stadien zu haben", so Coe.
Wenn nur eine Handvoll Menschen bei den Wettbewerben wären, "sähe das lausig aus". Die vielen leeren Plätze bei der WM in Doha 2019 seien "herzzerbrechend" für viele Teilnehmende gewesen. Eine Bedingung wären also volle Stadien. Die Perspektive für die Wettbewerbe nach der kommenden WM 2025 ist noch offen. Für 2027 würden fünf Bewerbungen "großer Städte" erwartet, sagte Coe. Darunter würden sich Istanbul und Peking befinden.
WM in Zukunft nicht mehr im Zwei-Jahres-Rhythmus?
Coe versucht derzeit mit verschiedenen Maßnahmen, die Leichtathletik zukunftsfähig zu gestalten. Manche Disziplinen könnten seltener zur Geltung kommen und bestimmte neue publikumswirksame Wettbewerbe eingeführt werden. Auch eine Netflix-Serie als Anschub wie in anderen Sportarten ist in Arbeit.
Eine weitere Maßnahme könnte es sein, die WM statt wie bisher im Zwei-Jahres-Rhythmus künftig jährlich auszurichten. "Das schließen wir nicht aus", sagte Coe und betonte: "Für uns gibt es im Moment nur ein Risiko. Und das ist einfach der uns angeborene Konservatismus."
Nächste WM-Station: Tokio 2025
Die WM 2025 in Tokio bietet eine Gelegenheit, zumindest etwas davon nachzuholen, was bei den Olympischen Spielen verpasst wurde. Die für 2020 geplanten Sommerspiele waren zunächst um ein Jahr verschoben worden und fanden aus Infektionsschutzgründen schließlich fast ohne Fans in den Wettkampfstätten statt.
Der Weltverband hatte Tokio bei der WM-Vergabe im Juli 2022 der Konkurrenz aus Singapur, Nairobi (Kenia) und Chorzów (Polen) vorgezogen. "Wir versprechen, dass das Olympiastadion in Tokio voll mit Fans und damit ein unvergessliches Erlebnis sein wird", sagte damals Mitsugi Ogata, Präsident des japanischen Verbands.
Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio durften keine Fans im Stadion dabei sein.
Olympia 2021: Teure Sommerspiele im sterilen Rahmen
Einige Wochen vor der Eröffnungsfeier 2021 hatte die japanische Regierung wegen steigender Infektionszahlen den Notstand verhängt. Die Spiele mussten in einem sterilen Rahmen ausgetragen werden, damit zumindest die Show im Fernsehen weitergehen konnte. Gerade bei der Leichtathletik im großen Olympiastadion wurde das Fehlen der Fans oft deutlich.
Vor allem die steigenden Kosten auf mehr als 15 Milliarden US-Dollar sorgten zudem dafür, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung immer weiter sank. Nun soll die Leichtathletik-WM neue Sportbegeisterung in Tokio und Japan auslösen - soweit das nach den Erfahrungen bei Olympia möglich ist.
Coe ist gegen Verlegung der Ausdauerdisziplinen
Ein Thema könnte die große Hitze mit hoher Luftfeuchtigkeit im Sommer in Tokio werden. Die WM sollte zunächst im August 2025 stattfinden, doch der Weltverband und die Organisation in Japan einigten sich auf den Zeitraum Mitte September. Die Hoffnung: Zu dieser Zeit im Jahr könnte die allergrößte Hitze vorbei sein.
2021 wurde der olympische Marathon in Sapporo gelaufen.
Es sind die Ausdauerdisziplinen, die langen Strecken, die bei der Hitze die größte Herausforderung sind. Bei den Olympischen Spielen wurden die Marathon-Läufe und mehrere Wettbewerbe im Gehen deshalb in das höher gelegene und kühlere Sapporo verlegt. Ist das ein mögliches Vorgehen auch für die WM 2025? Bislang sprach sich Weltverbandspräsident Coe dagegen aus. "Wir werden in Tokio sein", sagte Coe im November 2022 der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo News. "Tokio ist die Stadt, die sich beworben hat. Wir werden dafür sorgen, dass das in Tokio funktioniert."
Coe fordert Änderungen im Sportkalender wegen des Klimawandels
Doch die Hitzewellen sind in Japan intensiver und häufiger geworden. Auch bei der WM in Budapest herrschten teils sehr hohe Temperaturen. Coe räumt ein, dass sich angesichts des Klimawandels etwas ändern muss.
"Ich glaube, dass das den globalen Sport dazu zwingen wird, den Kalender zu überdenken", sagte Coe am Donnerstag (25.08.2023) in der Sportschau. "Wenn wir ein Gewissen gegenüber den Athleten haben, müssen wir uns Fragen stellen, wie zukünftige Austragungsstädte aussehen können." Er gehe davon aus, dass die Regierungen das Problem nicht lösen werden, sagte Coe. "Es bleibt also dem Sport überlassen, damit umzugehen."