Der Speerwerfer Julian Weber bei der Leichtathletik-EM in Rom.

Leichtathletik-EM 2024 in Rom - Speerwurf Julian Weber - zweiter EM-Titel "wäre der Hammer"

Stand: 12.06.2024 16:26 Uhr

Speerwerfer Julian Weber weiß, wie es geht: 2022 gewann er in München EM-Gold. Diesen Titel will der 29-jährige Mainzer heute (12.06.2024) am letzten Tag der Leichtathletik-EM in Rom verteidigen. Danach soll es "mit Vollgas" Richtung Paris gehen.

Rückblick auf den 21. August 2022: Im Speerwurf-Finale liegt Julian Weber am letzten Tag der Leichtathletik-EM im vollbesetzten Münchner Olympiastadion nach drei Versuchen hinter dem Tschechen Jakub Vadlejch auf Platz zwei. Dann nimmt der damals 27-Jährige etwa 20 Schritte Anlauf, wirft den Speer mit kräftigem Armzug und schaut ihm beim weiten Flug hoch über den Rasen hinweg nach.

Als das gelbe Sportgerät landet, reißt der DLV-Athlet beide Arme in die Höhe, greift sich an seinen kahlgeschorenen Kopf und geht auf der Laufbahn in die Hocke: Das 1,90 m große und 96 Kilogramm schwere Kraftpaket weiß: Das könnte die Führung und die Goldmedaille sein. Und so kommt es: 87,66 m! Das reicht zum Sieg - EM-Gold! Etwa elf Jahre nach seinem ersten Wurf mit einem Speer gewinnt Weber seinen ersten großen internationalen Titel.

"Natürlich will ich mein goldenes Trikot verteidigen"

Es liegt in der Natur der Sache, dass Titelverteidiger Weber in diesen Tagen in Rom immer wieder auf den Triumph in München angesprochen wird. "Natürlich will ich mein goldenes Trikot verteidigen. Das wäre der Hammer. Dafür werde ich alles geben", sagte der Werfer vom USC Mainz am Dienstag (11.06.2024) im ARD-Interview nach der geglückten Final-Qualifikation.

In den ersten beiden Versuchen in der Quali hatte Weber noch Mühe gehabt ("Ich bin es zu entspannt angegangen"), im dritten dann aber mit 85,01 m überzeugt und am Ende die beste Weite aller Teilnehmer in der Ergebnisliste stehen. "Heute wollte ich ein paar Körner sparen. Das ist mir ein bisschen zum Verhängnis geworden", zeigte sich der 29-Jährige in Rom selbstkritisch.

Weber kennt auch die andere Seite der Medaille

Für das Finale heute Abend (20.28 Uhr, im Live-Ticker bei sportschau.de) hört sich sein Plan nun ganz einfach an: "Jetzt kann ich alles reinlegen. Ich kann mit Vollgas ins Finale gehen und zeigen, was ich drauf habe."

Doch der zweimalige Olympia-Teilnehmer und dreifache deutsche Meister weiß auch, wie schwierig es ist, auf den Punkt seine Topleistung abzurufen - und gegen starke Konkurrenz zu bestehen: Zur WM im vergangenen Jahr in Budapest reiste er als Zweiter der Weltjahresbestenliste an, belegte im Finale aber "nur" Platz vier. Auch bei den wegen der Corona-Pandemie um ein Jahr verschobenen Olympischen Spiele in Tokio 2021 hatte sich Weber mit diesem undankbaren Rang zufriedengeben müssen. Damals fehlten ihm 14 Zentimeter zur Bronzemedaille.

Speerwerfer Julian Weber bei der Leichtathletik-EM in Rom.

In der Qualifikation überzeugte Julian Weber erst im dritten Versuch.

Selbstbewusster Umgang mit dem Erwartungsdruck

Nach den ersten fünf EM-Tagen, an denen das DLV-Team zwei Silber- und vier Bronzemedaillen, aber noch kein Gold gewonnen hat, lastet auf Weber sowie Weitspringerin Malaika Mihambo nun ein hoher Erwartungsdruck: Ohne eine Goldmedaille aus der italienischen Hauptstadt abzureisen, wäre für die deutsche Mannschaft nach den sieben Titeln vor zwei Jahren bei der Heim-EM in München eine ziemliche Enttäuschung.

Daran ändert auch nichts, dass in diesem Jahr die Olympischen Spiele in Paris der eindeutige Saisonhöhepunkt sind und viele Athletinnen und Athleten ihren Trainings- und Wettkampfplan danach ausrichten.

"Ich will meinen Titel verteidigen"

Weber stellt sich dieser Herausforderung selbstbewusst: "Die EM hat trotz der Olympischen Spiele in diesem Jahr einen Riesenstellenwert für mich. Ich habe den Titel in München gewonnen, und den will ich hier gerne verteidigen. Deswegen liegt der Fokus schon hier. Ich gehe mit einem guten Gefühl ins Finale."

Urlaub in Rom geplant

Gewinnt der Athlet des USC Mainz wieder Gold, wäre es übrigens der dritte Speerwurf-EM-Titel für den DLV in Folge: 2018 in Berlin hatte Thomas Röhler triumphiert. Eine Belohnung für die anstrengenden EM-Tage wird sich Weber aber ganz unabhängig vom Ausgang im Olympiastadion gönnen: Ein paar Tage Urlaub in Rom hängt er mit seiner Freundin an das sportliche Großereignis noch dran.

Olympia-Medaille wäre auch schön

Und danach? "Dann geht es mit Vollgas in die Vorbereitung. Olympia ist das nächste große Ziel." Nach 2016 in Rio de Janeiro (Platz 9) und 2021 in Tokio mit dem bereits erwähnten vierten Platz dürfte jetzt, wenn es nach Weber geht, im dritten Anlauf auch eine Medaille herausspringen.

Dehning liegt in Weltjahresbestenliste vorne

Dass Weber, dessen persönliche Bestleistung seit 2022 bei 89,54 m liegt, dazu in der Lage ist, hat er auch in dieser Saison schon bewiesen: Mit 88,37 m - im Mai in Dessau geworfen - belegt er in der Weltjahresbestenliste Platz drei hinter dem 19 Jahre alten Max Dehning (TSV Bayer 04 Leverkusen/90,20 m) und dem Tschechen Vadlejch (88,38 m).

Die beiden werden auch im EM-Finale im Rom gegen ihn antreten, wobei Dehning die Qualifikation als Zwölfter nur knapp überstand. Gelingt Weber als erstem deutschen Speerwerfer überhaupt die EM-Titelverteidigung, wird er als Mitfavorit zu den Olympischen Spielen reisen. "Die Chancen dafür stehen gut", prognostizierte ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann in seinem EM-Orakel.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 11.06.2024 | 09:55 Uhr